Download als PDF - Raphael Draschtak
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Gegensätze ihre bedenkliche Brisanz”) 8<br />
gab es Anfang der 90er Jahre bereits<br />
politische Fronten zwischen den Volksgruppen: Die ersten nach der „Wende“ - im<br />
Spätherbst 1990 - abgehaltenen Wahlen zeigten die Dominanz der „Nationalen“<br />
Parteien; sie errangen mehr <strong>als</strong> 200 der insgesamt 240 Parlamentssitze. 9<br />
Dieser Entwicklung entgegen stand die Haltung der zentralistisch, jugoslawisch<br />
orientierten Kräfte – vor allem der jugoslawischen Armee. Diese „große<br />
kommunistische Einigerin der jugoslawischen Völker“ 10 war - zumindest aus Sicht<br />
ihrer serbisch dominierten Führung - der Garant für Zusammenhalt, Sicherheit und<br />
Stabilität im Staat sowie für die Aufrechterhaltung einer gewissen (d.h. an der<br />
ethnographischen Realität im Staat orientierten) ethnischen Parität innerhalb der<br />
Armee (so konnte etwa ein Slowene oder Albaner, <strong>als</strong>o Angehörige einer<br />
zahlenmäßig kleinen Bevölkerungsgruppe im Staat, in den fünfziger und sechziger<br />
Jahren beim Militär relativ leicht Karriere machen. Als der Krieg ausbrach war die<br />
Führung der JNA an den Schlüsselstellen weitgehend von Serben und<br />
Montenegrinern dominiert). Im Umkehrschluß mußte dies die Bekämpfung jedweder<br />
zentrifugalen Tendenz bedeuten. 11<br />
Gerade dabei mußte es zum Konflikt der sezessionswilligen Kräfte - vor allem in<br />
Slowenien und Kroatien - mit der Armee kommen, <strong>als</strong> die anderen (zivilen)<br />
Staatsautoritäten nach und nach zusammenbrachen: “The real origin of the Yugoslav<br />
conflict is the disintegration of governmental authority and the breakdown of a<br />
political and civil order.” 12<br />
Als sich ein Prozeß der Verselbständigung der jugoslawischen Teilrepubliken<br />
abzeichnete, opponierte die Führung der Serben in Bosnien mit Vehemenz dagegen,<br />
weil sie meinte, auf die Rückendeckung durch ihr serbisches „Mutterland“ innerhalb<br />
einer bundesstaatlichen Ordnung angewiesen zu sein. Mit der Aussicht auf die<br />
Souveränität der Republik Bosnien-Herzegowina verbanden sie die Vorstellung einer<br />
Art Wiederkehr der traumatischen „türkischen“ Fremdherrschaft – ähnlich<br />
8 Paul Lendvai, Zwischen Hoffnung und Ernüchterung. Reflexionen über den Wandel in Osteuropa<br />
(Wien 1994) 174<br />
9 Schneider, Friede für Bosnien-Herzegowina? S.12<br />
10<br />
Walter Erdelitsch, Friedrich Orter, Krieg auf dem Balkan. Wie Fernsehreporter den<br />
Zusamenbruch Jugoslawiens erlebten (1. Auflage. Wien 1992) 75<br />
11 PROFIL 19/1992. S. 56<br />
12 Susan L. Woodward, Balkan tragedy. Chaos and dissolution after the Cold war. (Washington DC<br />
1995) 15<br />
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