Download als PDF - Raphael Draschtak
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die eindringenden Truppen zu bekämpfen, ohne Zeit gehabt zu haben, sich nach<br />
Artikel 1 zu organisieren, wird <strong>als</strong> kriegführend betrachtet, wenn sie die Waffen offen<br />
führt und die Gesetze und Gebräuche des Krieges beobachtet.” 246<br />
Nach diesem Exkurs gilt es festzuhalten, daß die serbische Armee im Mai, am Ende<br />
ihres sechswöchigen Feldzuges, etwa 60 Prozent des Territoriums von Bosnien-<br />
Herzegowina erobert hatte. 247<br />
Nach diesen rund sechs Wochen hatten die Serben durch ihre Eröffnungsoffensive<br />
vor allem gegen die überrumpelten und weitgehend unorganisierten moslemischen<br />
Einheiten bereits einen Gutteil der von ihnen beanspruchten Gebiete Bosniens unter<br />
ihre Kontrolle gebracht. Nunmehr ging es in der nächsten Phase um die territoriale<br />
Konsolidierung - die zumeist mit oben beschriebenen umfangreichen „ethnischen<br />
Säuberungen“ einherging - sowie die Belagerung der nicht eigenommenen Städte.<br />
Sarajevo hätte in einem schnellen Angriff in den ersten Kriegstagen genommen<br />
werden sollen, was aufgrund des unerwarteten Widerstandes der moslemischen<br />
„Alarm“-Einheiten nicht gelungen war. 248 Gleichzeitig hatten die Moslems versucht,<br />
die JNA-Einheiten nicht mit deren Waffen abziehen zu lassen. Im Zuge des Abzuges<br />
der Sarajevo-Garnison unter Kommando von Kukanjac - der die Armee nach wie vor<br />
<strong>als</strong> Puffer zwischen den Volksgruppen einzusetzen gedachte - und der dafür kurz<br />
darauf gemeinsam mit fast 40 anderen „jugoslawisch“ orientierten Generälen aus der<br />
Armee entlassen wurde - war es entgegen Anordnung und Zusage des<br />
stellvertretenden Oberbefehlshabers der bosnischen Streitkräfte, dem serbischen<br />
General Jovan Divjak, zum einem selbständigen Angriff bosnischer Einheiten auf<br />
einen 400 Mann starken JNA-Konvoi gekommen. Im Gegenzug war Präsident<br />
Izetbegovic Anfang Mai von der JNA vorübergehend <strong>als</strong> Geisel genommen<br />
worden. 249<br />
Der schnelle serbische Vormarsch der ersten Kriegswochen war nicht nur auf die<br />
eigene Überlegenheit im konventionellen Waffenbereich zurückzuführen. „Die<br />
Truppen der bosnischen Regierung, alles in allem vielleicht 3500 Mann stark, waren<br />
vollkommen unvorbereitet, versuchten aber im Laufe des April, die Verteidigung zu<br />
organisieren. Doch zu diesem frühen Zeitpunkt ging der eigentliche Widerstand<br />
gegen die serbische Invasion und Revolte von den Kroaten aus. (...) Dabei wurden<br />
sie unterstützt von rund 15.000 Mann der regulären kroatischen Armee, die eine<br />
246 Ebenda. S. 623<br />
247 Honig, Both, Srebrenica. S. 116<br />
248 Gespräch mit ehem. Stellvertretenden Oberbefehlshaber ABiH General a.D. Jovan Divjak,<br />
Sarajevo, August 1997<br />
249 Laura Silber, Alan Little, Bruderkrieg - Der Kampf um Titos Erbe. Deutsche Bearbeitung von<br />
Walter Erdelitsch. 2. Auflage (Graz-Wien-Köln 1995) 278-289<br />
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