Download als PDF - Raphael Draschtak
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kroatischen Einheiten in Bosnien ebenfalls weitgehend von Zagreb aus geführt<br />
wurden.<br />
In diesem Punkt zeigt sich eine augenscheinliche Parallele mit der serbischen Seite.<br />
Hatte doch der Abzug der jugoslawischen Einheiten aus Bosnien im Mai 1992 primär<br />
kosmetischen Charakter und war schnell klar, daß die serbische Führung in Belgrad<br />
vor allem in Person von Ratko Mladic <strong>als</strong> Bindeglied die bosnisch-serbischen<br />
Verbände befehligte. Belgrad versorgte die VRS mit Offizieren, wenn benötigt mit<br />
Truppeneinheiten (etwa im April 1994 vor Gorazde), Logistik (so war von einem<br />
integrierten Luftverteidigungssystem Jugoslawiens und der VRS auszugehen),<br />
Waffen und Nachschub. Gleichzeitig konnten die verbliebenen serbischen JNA-<br />
Einheiten, die anfangs mit rund 80.000 Mann auch zahlenmäßig noch im Vorteil<br />
waren, auf die umfangreiche militärische Infrastruktur der Tito-Armee zurückgreifen,<br />
die man für den Fall einer Invasion der Roten Armee angelegt hatte.<br />
So ging es den serbischen Verbänden in den ersten Wochen des Krieges<br />
naturgemäß in erster Linie um die Einnahme der wichtigsten Verkehrs- und<br />
Nachschublinien zur Mutterrepublik und die Besetzung der wichtigsten militärischindustriellen<br />
Einrichtungen (die meisten der militärisch-industriellen Einrichtungen im<br />
ehemaligen Jugoslawien waren bereits unter Tito gegen Zugriff von außen nach<br />
Bosnien verlagert worden - ein weiterer wichtiger Faktor im Kalkül der serbischen<br />
Führung. In der Folge sollten einige kriegswirtschaftlich wichtige Bereiche in<br />
serbisch-Bosnien weiter der Industrie Jugoslawiens unterstehen).<br />
Erleichtert wurde das serbische Vorrücken im Frühjahr 1992 durch die militärische<br />
Schwäche der moslemischen Seite, die sich nicht aktiv und dementsprechend<br />
geschlossen auf eine militärische Auseinandersetzung vorbereitet hatte. Sowohl<br />
zahlen- <strong>als</strong> auch ausrüstungsmäßig waren die moslemischen Einheiten zu Beginn<br />
des Krieges schwer unterlegen. Gleichzeitig zeichnete sich trotz örtlicher - auch<br />
schwererer Zusammenstöße - ein weitgehendes Stillhalten der serbischen und<br />
kroatischen Verbände gegeneinander ab. Dies zum einen, da die gegenseitigen<br />
territorialen Ansprüche in Bosnien marginal waren, die Serben die Moslems <strong>als</strong> ihre<br />
primären „natürlichen“ Feinde betrachteten und angeblich im Frühjahr 1991 zwischen<br />
den beiden Republikspräsidneten Tudjman und Milosevic ein geheimes Abkommen<br />
zur Aufteilung Bosniens geschlossen worden war. Gleichsam bestätigt wurde die<br />
serbisch-kroatische Koopertaion gegen die moslemisch dominierte<br />
Regierungsarmee, die sich relativ schnell militärisch konsolidieren und zur<br />
Überraschung vieler Beobachter vor allem den ersten Kriegswinter überleben konnte,<br />
durch einen serbisch-kroatischen Waffenstillstand vom Mai 1993.<br />
In der Folge entwickelte sich der serbisch-moslemische Konflikt aufgrund der<br />
bestehenden Konstellation und Balance (die Serben beschränkten sich nunmehr<br />
weitgehend auf das Halten der besetzten rund 60 Prozent des Landes und das<br />
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