Wohnst du noch oder lebst du schon? - Arbeitswelt der Geographie
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2. Theoretischer Hintergrund 15<br />
Die regionale Verteilung trägt da<strong>du</strong>rch zur schlechteren Wohnsituation bei, dass Zuwan<strong>der</strong>er mit<br />
einem Anteil von 60% in Großstädten leben, während es nur 40% <strong>der</strong> deutschen Haushalte sind.<br />
In Großstädten ist das Wohnraumangebot begrenzter als in ländlichen Gebieten und zudem sind<br />
die Mieten hier höher. Auch die freiwillige Segregation trägt zur schlechteren Wohnsituation bei.<br />
Da Migranten häufig in innerstädtischen Altbaugebieten leben, leben sie auch häufiger in Wohnungen<br />
mit geringeren Standards. Daneben erschweren auch Verän<strong>der</strong>ungen auf <strong>der</strong> Angebotsseite<br />
die Wohnraumversorgung für Migranten, weil z.B. Belegungsbin<strong>du</strong>ngen <strong>der</strong> Kommunen<br />
auslaufen <strong>o<strong>der</strong></strong> auch innerstädtische Altbaugebiete zunehmend gentrifiziert 5 werden und da<strong>du</strong>rch<br />
das Angebot an günstigem Wohnraum sinkt. (vgl. GESTRING et al. 2006: 63 f.)<br />
Daneben werden die Wohnraumunterversorgung und die Mietbelastungsquote sowie die Standortwahl<br />
auch auf die Diskriminierung von Migranten zurückgeführt. (HÄUßERMANN/SIEBEL 2001:<br />
18 ff.) HÄUßERMANN/SIEBEL (2001) verweisen auf verschiedene Publikationen, die „Diskriminierungsaufschläge“<br />
belegen. (vgl. ebd. 22) Auch Informationsmangel über Wohnformen und wenig<br />
diversifizierte Informationswege bei <strong>der</strong> Wohnungssuche beschränken die Wohnungs- und<br />
<strong>Wohnst</strong>andortwahl von Migranten. (vgl. BOSSWICK et al. 2008: 22)<br />
2.3.3 Nachbarschaft im Integrationskontext<br />
Der Nachbarschaft kommt in <strong>der</strong> Integration eine große Bedeutung zu, weil die interkulturelle<br />
Interaktion auch auf emotionaler Ebene wirkt und <strong>du</strong>rch sie zudem Effekte für die strukturelle<br />
Integration entstehen können. (vgl. ESSER 2001: 10 ff.; Kapitel 2.2) BÖLTKEN et al. (2002) heben<br />
hervor, ein Aspekt <strong>der</strong> Integration sei „die gewährte und praktizierte Teilhabe an den gesellschaftlichen<br />
(Teil-) Strukturen“ – unter an<strong>der</strong>em im „soziale(n) System <strong>der</strong> Nachbarschaft.“ (ebd: 401)<br />
FILSINGER (2001) stellt dazu fest, dass zur Erfassung von Integration die Betrachtung sozialer und<br />
demographischer Indikatoren nicht ausreicht, son<strong>der</strong>n auch Nachbarschaftsbeziehungen in die<br />
Bewertung einzubeziehen sind. (vgl. ebd.: 7)<br />
Eine Nachbarschaft hat räumliche und auf Interaktion bezogene Bestimmungsfaktoren. So ist die<br />
Nachbarschaft eine „soziale Gruppe, die primär wegen <strong>der</strong> Gemeinsamkeit des Wohnortes interagiert“<br />
(vgl. HAMM 2000: 174) Es handelt sich dabei nach HAMM (vgl. 1973 nach SCHNUR 2003:<br />
77) in <strong>der</strong> Regel um eine Gruppe von sechs bis acht Haushalten; <strong>der</strong> Nachbarschaftsbegriff kann<br />
aus HAMMS Sicht aber auch auf ein ganzes Wohnquartier ausgedehnt werden. SCHNUR (2003)<br />
verwendet dagegen we<strong>der</strong> die Nachbarschaft eines ganzen Wohnquartiers <strong>noch</strong> ausschließlich<br />
die nächsten sechs bis acht Nachbarhaushalte als Arbeitsdefinition, son<strong>der</strong>n vor allem die Nachbarschaft<br />
in einem Gebäudekomplex. (vgl. ebd.: 77) Auch BÖHME/SCHULERI-HARTJE (2002) messen<br />
<strong>der</strong> Nachbarschaft im Wohnhaus eine erhöhte Bedeutung bei, weil dies „<strong>der</strong> Ort <strong>der</strong> größten<br />
nachbarschaftlichen Nähe“ ist. (ebd.: 5)<br />
5 „Gentrification ist <strong>der</strong> Zuzug statushöherer Bevölkerungsgruppen in Bestandsquartiere.“ (Glatter 2006:<br />
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