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Wohnst du noch oder lebst du schon? - Arbeitswelt der Geographie

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4. Türkische Bevölkerung und Wohnungsgenossenschaften in Berlin 45<br />

zentrierten sich die türkischen Familien oftmals in Häusern mit beson<strong>der</strong>s niedrigen Sanierungsund<br />

M<strong>o<strong>der</strong></strong>nisierungsstandards. (vlg. KEMPER 1998: 1772)<br />

Die dritte Phase während <strong>der</strong> 1980er Jahre ist <strong>du</strong>rch den Bezug von Wohnungen gekennzeichnet,<br />

die zum längerfristigen Verbleib geeignet sind. Migranten bezogen neben Altbauten zunehmend<br />

auch soziale Wohnungsbauten. Schon Ende <strong>der</strong> 1970er Jahre ordnete <strong>der</strong> Berliner Senat<br />

an, die kommunalen Wohnungsunternehmen sollten 10% <strong>der</strong> Wohnungen an Migranten vergeben.<br />

1982 wurde diese Quote auf 15% erhöht. (vgl. SENATSVERWALTUNG 1995 nach KEMPER<br />

1998: 1773) Obwohl Migranten aus rechtlicher Sicht die gleichen Ansprüche wie Deutsche hatten,<br />

bezogen sie häufiger weniger attraktive Wohnungen und -lagen. Dies war auch auf Diskriminierungen<br />

seitens <strong>der</strong> Vermieter zurückzuführen. (vgl. KEMPER 1998: 1772, 1779)<br />

Während <strong>der</strong> 1990er Jahre, <strong>der</strong> vierten Phase, stieg die Zahl <strong>der</strong> Wohnungseigentümer unter den<br />

Migranten. (vgl. KEMPER 1998: 1772) Die Qualität des Wohneigentums türkischer Bevölkerung<br />

unterscheidet sich jedoch von dem deutscher Eigentümer. So besitzen rund 71% <strong>der</strong> türkischen<br />

Wohnungseigentümer eine Wohnung im Mehrfamilienhaus, während es bei den deutschen Eigentümern<br />

nur 40% sind. (vgl. BERNHARDT 2008: 67) Eine detaillierte Untersuchung zur Wohneigentumsbil<strong>du</strong>ng<br />

Berliner Türken findet sich bei BERNHARDT (2008).<br />

Lebenswelten<br />

Die Lebenswelten <strong>der</strong> ersten Generation türkischer Einwan<strong>der</strong>er wurden u.a. <strong>du</strong>rch die formalisierte<br />

Belegung geprägt. (vgl. Kapitel 4.1.1) Die Gastarbeiter lebten in den Werkswohnungen<br />

bzw. räumlich konzentriert in Sanierungs(-erwartungs)-gebieten unter sich und hatten kaum Gelegenheiten<br />

zur Interaktion mit Deutschen. Zudem arbeiteten sie den Großteil des Tages, so dass<br />

zum Deutschlernen kaum <strong>noch</strong> Zeit blieb. Außerdem planten viele zu diesem Zeitpunkt <strong>noch</strong> die<br />

Rückreise in die Türkei und sahen keine Notwendigkeit darin, Deutsch zu lernen. (vgl.<br />

GREVE/CINAR 1998: 16) Für die erste Generation, die heute bereits in Rente ist <strong>o<strong>der</strong></strong> auf das Rentenalter<br />

zugeht, gilt die Integration als nicht gelungen. Neben kultureller Verschiedenheit gelten<br />

auch sprachliche Defizite als Ursachen für das Scheitern ihrer Integration. (vgl. ŞEN 2004: 380)<br />

Die zweite und dritte Generation türkischer Bevölkerung sieht dagegen Deutschland als Lebensmittelpunkt<br />

an und hat i.d.R. keine Rückkehrwünsche mehr. 22 Ihre Integration wird überwiegend<br />

als unzureichend bewertet. Aktuelle Studien berichten deutschlandweit von schlechten „Integrationswerten“.<br />

Bei <strong>der</strong> Betrachtung von acht Einwan<strong>der</strong>ungsgruppen nach Daten des Mikrozensus<br />

2005 stellte sich heraus, dass Türken das Schlusslicht im Bereich <strong>der</strong> Bil<strong>du</strong>ngsabschlüsse sind:<br />

Fast ein Drittel hat keinen Bil<strong>du</strong>ngsabschluss (Deutsche: 1%), lediglich 14% haben die Hochschulreife<br />

(Deutsche: 38%). Die Jugendarbeitslosenquote liegt bei 28% (Deutsche: 14%). 23 Auch<br />

22 In verschiedenen Artikeln wurde auf Spiegel-Online allerdings von <strong>der</strong> Auswan<strong>der</strong>ung Hochqualifizierter<br />

Deutsch-Türken in die Türkei berichtet. Gründe für die Auswan<strong>der</strong>ung sind schlechtere Berufsaussichten in<br />

Deutschland aufgrund von Diskriminierung. (vgl. z.B. JACOBSEN 2009: o.S.)<br />

23 Bei <strong>der</strong> Betrachtung dieser Werte ist allerdings zu beachten, dass hierbei auch soziostrukturelle Merkmale<br />

wie in Kapitel 2.3.2 beschreiben, eine Rolle spielen.

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