Wohnst du noch oder lebst du schon? - Arbeitswelt der Geographie
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3. Wohnungsgenossenschaften 24<br />
Im Jahr 1867 wurde in Deutschland das erste Genossenschaftsgesetz verabschiedet. Unter an<strong>der</strong>em<br />
gab es den Genossenschaften erstmals eine eigene Rechtsform. Die Neugrün<strong>du</strong>ngen<br />
entwickelten sich allerdings aufgrund von Kapitalbeschaffungsproblemen und <strong>der</strong> unbeschränkten<br />
Haftung <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> verhalten. (BMVBW 2004: 117 ff.) Nach <strong>der</strong> Novellierung des Genossenschaftsgesetzes<br />
1889 mit einer Haftungsbeschränkung <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> setzte in den 1890er<br />
Jahren ein Grün<strong>du</strong>ngsboom ein. Die Mehrzahl <strong>der</strong> in dieser Periode gegründeten Wohnungsgenossenschaften<br />
war jedoch ausschließlich Beamten und an<strong>der</strong>en Staatsangestellten zugänglich,<br />
weil diese Berufsgruppen den nach wie vor notwendigen, erheblichen Eigenkapitalanteil aufbringen<br />
konnten. (BMVBW 2004: 115-123)<br />
Zu Beginn des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts begannen dann Gewerkschaften das genossenschaftliche Wohnen<br />
für Arbeiter zu unterstützen. Die bottom-up Organisation als beson<strong>der</strong>es Merkmal <strong>der</strong> Wohnungsgenossenschaften<br />
blieb allerdings wegen <strong>der</strong> Abhängigkeit von Fremdkapital weiterhin<br />
<strong>du</strong>rch Kompromisse gekennzeichnet. Die Demokratie <strong>der</strong> Weimarer Republik bildete dann den<br />
Boden für die neue Autonomie <strong>der</strong> Bürger und damit auch genossenschaftliche Wohnprojekte.<br />
Diese waren in stärkerem Maße als zuvor <strong>du</strong>rch Selbsthilfe zur Senkung <strong>der</strong> Baukosten bestimmt,<br />
wo<strong>du</strong>rch auch zunehmend Arbeiter an <strong>der</strong> Wohnform partizipieren konnten. Insgesamt<br />
stieg die Zahl <strong>der</strong> Wohnungsgenossenschaften allein zwischen 1890 und 1910 von 50 auf 964 in<br />
Deutschland an. Zudem erleichterte das im Genossenschaftsgesetz von 1889 verankerte Prüfwesen<br />
insbeson<strong>der</strong>e den ehrenamtlich geführten Genossenschaften die Verwaltung. Bis 1928<br />
stieg die Zahl <strong>der</strong> Wohnungsgenossenschaften in Deutschland weiter auf 4.000. (vgl. CROME<br />
2007: 213 ff.; BMVBW 2004: 115-117; KÖNIG 2004: 29 ff.)<br />
Phase II: Verlust <strong>der</strong> Unabhängigkeit (1930er Jahre bis 1945)<br />
Im Zuge <strong>der</strong> Gleichschaltung <strong>du</strong>rch die Nationalsozialisten verloren die Genossenschaften ihre<br />
Unabhängigkeit. Gewählte Vorstands- und Aufsichtsratsmitglie<strong>der</strong> wurden <strong>du</strong>rch regimetreue<br />
Mitglie<strong>der</strong> ersetzt. Durch Fusionen verlor die Genossenschaftslandschaft den klein- und mittelständischen<br />
Charakter. (vgl. CROME 2007: 213; BMVBW 2004: 120)<br />
Phase III: Weniger Genossenschaften – Mehr Mitglie<strong>der</strong> (1945 bis 1990)<br />
Wohnungsgenossenschaften in <strong>der</strong> BRD<br />
Die westdeutschen Wohnungsgenossenschaften beteiligten sich in <strong>der</strong> Nachkriegszeit intensiv<br />
am Wie<strong>der</strong>aufbau und wuchsen weiter. Damit verän<strong>der</strong>ten sich viele Genossenschaften auch in<br />
ihrer Struktur. Mit zunehmen<strong>der</strong> Größe wurden sie seltener ehrenamtlich geführt und auch die<br />
soziale Verflechtung <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> sank. Weiterhin ist die westdeutsche wohnungsgenossenschaftliche<br />
Entwicklung <strong>du</strong>rch staatliche Wohnungspolitik geprägt. Im Zuge des sozialen Wohnungsbaus<br />
<strong>der</strong> Nachkriegszeit entstanden auch im genossenschaftlichen Wohnungsbau zahlreiche<br />
belegungsgebundene Wohnungen. Vor diesem Hintergrund sank aufgrund <strong>der</strong> staatlichen<br />
För<strong>der</strong>anfor<strong>der</strong>ungen z.B. an maximale Wohnungsgrößen <strong>o<strong>der</strong></strong> die Geschossflächenzahl die