Wohnst du noch oder lebst du schon? - Arbeitswelt der Geographie
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3. Wohnungsgenossenschaften 21<br />
nossenschaftsgesetz verdeutlicht. Gemäß § 1 zum Wesen <strong>der</strong> Genossenschaft sind Genossenschaften<br />
„Gesellschaften von nicht geschlossener Mitglie<strong>der</strong>zahl, <strong>der</strong>en Zweck darauf gerichtet<br />
ist, den Erwerb <strong>o<strong>der</strong></strong> die Wirtschaft ihrer Mitglie<strong>der</strong> <strong>o<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong>en soziale <strong>o<strong>der</strong></strong> kulturelle Belange<br />
<strong>du</strong>rch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu för<strong>der</strong>n.“ (BMJ 2009: o. S.) Genossenschaften<br />
agieren nach bestimmten Prinzipien und Verwaltungsstrukturen, die nachstehend erläutert werden.<br />
3.1.1 Genossenschaftliche Prinzipien<br />
Die genossenschaftlichen Prinzipien werden auch als „Wertvorstellungen“, „Leitgedanken“,<br />
„Grundsätze“ und/<strong>o<strong>der</strong></strong> „Normen“ (RINGLE 2007:4) bezeichnet. Sie werden in Verfahrens- und<br />
Wesensprinzipien unterschieden. (vgl. Tabelle 4) Verfahrensprinzipien beschreiben die Geschäftspolitik,<br />
z.B. Rücklagenbil<strong>du</strong>ng vs. Dividendenzahlung <strong>o<strong>der</strong></strong> auch Einheits- vs. differenzierte<br />
Preise. Die Wesensprinzipien beschreiben den genossenschaftlichen Leitgedanken und konstituieren<br />
bereits seit Ende des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts die Beson<strong>der</strong>heiten von Genossenschaften. (vgl.<br />
ebd.: 4 f.)<br />
Tabelle 4:<br />
Übersicht <strong>der</strong> genossenschaftlichen Prinzipien<br />
Absolutes Wesensprinzip<br />
Optimale För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong><br />
För<strong>der</strong>prinzip<br />
= zugleich oberste Leitmaxime <strong>der</strong><br />
Genossenschaft<br />
Wesensprinzipien<br />
Begrenzt variables Wesensprinzip<br />
= Strukturprinzipien<br />
Selbsthilfe<br />
Selbstverwaltung<br />
(nach dem Demokratieprinzip)<br />
Selbstverantwortung<br />
Identitätsprinzip<br />
Quelle: RINGLE 2007: 8, nach RINGLE 1994: 6<br />
Verfahrensprinzipien<br />
Variabel Prozessprinzipien<br />
= Verhaltensnormen<br />
Aktive/passive Preispolitik<br />
Einheits-/differenzierte Preise<br />
Gerechte Gewinnverwen<strong>du</strong>ng (Rücklagenbil<strong>du</strong>ng/Dividendengewährung)<br />
Bar-/Kreditverkäufe<br />
u.a.<br />
Als unverän<strong>der</strong>liches Wesensprinzip wird das För<strong>der</strong>prinzip bezeichnet. Es stellt den grundlegenden<br />
Baustein <strong>der</strong> genossenschaftlichen Idee dar und verlangt die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>interessen<br />
<strong>du</strong>rch den genossenschaftlichen Zusammenschluss. Dies meint bei den Wohnungsgenossenschaften<br />
v.a. die dauerhafte Versorgung <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> mit Wohnraum. Das genossenschaftliche<br />
Kapital muss danach zur wirtschaftlichen und/<strong>o<strong>der</strong></strong> sozialen und/<strong>o<strong>der</strong></strong> kulturellen För<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> eingesetzt werden und dient nicht <strong>der</strong> Profitmaximierung. (vgl. RINGLE<br />
2007: 8 f.; BMVBW 2004: 49 f.; KÖNIG 2004: 13 f.)<br />
Begrenzt verän<strong>der</strong>liche Wesensprinzipien sind das Selbsthilfe-, Selbstverwaltungsund<br />
Selbstverantwortungs- sowie das Identitätsprinzip.<br />
Das Selbsthilfeprinzip bezeichnet den kollektiven Zusammenschluss <strong>der</strong> Indivi<strong>du</strong>en zur Verbesserung<br />
ihrer wirtschaftlichen und sozialen Lage. Durch den Zusammenschluss soll die Abhängigkeit<br />
von Fremdhilfe vermieden werden. (vgl. KÖNIG 2004: 13 f.) Das Prinzip <strong>der</strong> traditionellen<br />
Selbsthilfe ist allerdings <strong>du</strong>rch die Inanspruchnahme staatlicher Hilfen und das Nichtmitglie<strong>der</strong>geschäft<br />
relativiert. (vgl. RINGLE 2007: 8 f.)