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Wohnst du noch oder lebst du schon? - Arbeitswelt der Geographie

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4. Türkische Bevölkerung und Wohnungsgenossenschaften in Berlin 42<br />

die Unternehmen ein Interesse daran, angelernte Arbeiter zu halten und Investitionen in neue<br />

Anwerbungen und Qualifizierungen zu sparen. Auf diese Weise blieben die angeworbenen, so<br />

genannten Gastarbeiter, länger als zunächst beabsichtigt. (vgl. ABADAN-UNAT 2005: 70 f.)<br />

Unter an<strong>der</strong>em bedingt <strong>du</strong>rch die Ölkrise ebbte das Wirtschaftswun<strong>der</strong> <strong>der</strong> Nachkriegszeit ab, so<br />

dass zusätzliche Arbeitnehmer nicht mehr benötigt wurden. Ende 1973 wurde dann <strong>der</strong> Anwerbestopp<br />

beschlossen, (vgl. GLEBE 1997: 125, BULUT 2006: 23) <strong>der</strong> bis heute besteht. (vgl. ŞEN<br />

1992: 75,76 nach BULUT 2006: 23) Ende 1973 lebten fast 80.000 Türken in Berlin.<br />

Zwar hatten viele türkische Arbeitnehmer geplant, nach Ansparen ausreichen<strong>der</strong> Rücklagen in<br />

die Türkei zurückzukehren, um sich dort eine neue Existenz aufzubauen. Die negativen Erfahrungen<br />

<strong>der</strong> ersten Rückwan<strong>der</strong>er während <strong>der</strong> Rezession 1966/67, die mangelnde Entwicklung<br />

<strong>der</strong> türkischen Wirtschaft seit <strong>der</strong> Ausreise sowie das Verbot <strong>der</strong> Rückwan<strong>der</strong>ung nach Deutschland<br />

führten aber dazu, dass sich viele <strong>der</strong> einstigen Gastarbeiter dazu entschlossen, in Deutschland<br />

zu bleiben. (vgl. GLEBE 1997: 123 f.)<br />

Die hier lebenden Türken holten dann auch ihre Familien nach Berlin. Der Familienzuzug charakterisiert<br />

die zweite Phase <strong>der</strong> Immigration. Da <strong>der</strong> Zuzug <strong>der</strong> Familien mit bestimmten Auflagen 19<br />

verbunden war, setzte die Familienzuwan<strong>der</strong>ung erst zu Beginn <strong>der</strong> 1970er Jahre ein. (vgl.<br />

GLEBE 1997: 124) Nach rund zwei Jahren negativer Wan<strong>der</strong>ungsbilanzen stieg die Zahl <strong>der</strong> Türken<br />

in Berlin ab 1977 wie<strong>der</strong> bis zu ihrem vorläufigen Höhepunkt von insgesamt 119.000 Türken<br />

im Jahr 1982. Da die starke Zuwan<strong>der</strong>ung politisch nicht gewünscht war, versuchte die Bundesregierung,<br />

die Familienzuwan<strong>der</strong>ung zu beschränken. So wurde zu Beginn <strong>der</strong> 1980er Jahre das<br />

Höchstalter für einreisende Kin<strong>der</strong> gesenkt und auch die Zuwan<strong>der</strong>ung von Ehepartnern beschränkt.<br />

Darüber hinaus erhielten Abwan<strong>der</strong>er eine Rückreiseprämie 20 . (vgl. GREVE/CINAR 1998:<br />

18)<br />

Während <strong>der</strong> darauf folgenden Einwan<strong>der</strong>ungsphase ab Mitte <strong>der</strong> 1980er Jahre spielte die Familienzusammenführung<br />

nur <strong>noch</strong> eine untergeordnete Rolle. Die Zuwan<strong>der</strong>er aus <strong>der</strong> Türkei hatten<br />

ab dann, mit Ausnahme <strong>der</strong> kurdischen Asylsuchenden, keine charakteristischen Merkmale<br />

mehr. (vgl. GLEBE 1997:128)<br />

Insgesamt lebten laut Mikrozensus von 2008 mehr als 160.000 Menschen mit ein- <strong>o<strong>der</strong></strong> beidseitigem<br />

türkischen Migrationshintergrund in Berlin. Etwa 38% von ihnen besitzen keine eigene Migrationserfahrung<br />

und ca. 26% haben die deutsche Staatsbürgerschaft. Der Anteil <strong>der</strong> türkisch-<br />

19 Erst ab einer Aufenthaltsdauer von fünf Jahren konnte <strong>der</strong> Zuzug <strong>der</strong> Familien beantragt werden. Die<br />

Aufenthaltsdauer <strong>der</strong> Familien war zunächst auf drei Jahre beschränkt, konnte dann um weitere zwei Jahre<br />

verlängert werden. Ab einer Aufenthaltsdauer von fünf Jahren als Familie konnte eine unbefristete Aufenthaltsdauer<br />

beantragt werden. (vgl. GLEBE 1997: 124)<br />

20 Das Rückkehrför<strong>der</strong>ungsgesetz beinhaltete finanzielle Unterstützung <strong>der</strong> Rückkehr in Höhe von 10.500<br />

DM für Erwachsene und 1.500 DM pro Kind. Diese Summe entsprach den Beträgen, die die türkischen<br />

Gastarbeiter seit <strong>der</strong> Einwan<strong>der</strong>ung in die Rentenkassen eingezahlt hatten. Die Rückkehrer verzichteten mit<br />

Inanspruchnahme <strong>der</strong> Rückkehrhilfen auf weitere Ansprüche. (vgl. ŞEN 2004: 378)

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