Wohnst du noch oder lebst du schon? - Arbeitswelt der Geographie
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4. Türkische Bevölkerung und Wohnungsgenossenschaften in Berlin 41<br />
4. Türkische Bevölkerung und Wohnungsgenossenschaften<br />
in Berlin<br />
In diesem Kapitel wird die Situation <strong>der</strong> türkischstämmigen Bevölkerung und <strong>der</strong> Wohnungsgenossenschaften<br />
in Berlin dargestellt. Es werden die Zuwan<strong>der</strong>ungsgeschichte und die räumliche<br />
Verteilung <strong>der</strong> türkischstämmigen Bevölkerung in Berlin sowie <strong>der</strong>en Wohn- und Lebenswelten<br />
skizziert. Zu den Berliner Wohnungsgenossenschaften werden die Verteilungen nach Größe<br />
und Alter <strong>der</strong> Unternehmen dargestellt. Daran anschließend richtet sich <strong>der</strong> Blick auf die Gruppe<br />
<strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> mit Migrationshintergrund in Wohnungsgenossenschaften in Berlin im Vergleich<br />
ausgewählter Bundeslän<strong>der</strong>.<br />
4.1 Türkische Bevölkerung in Berlin<br />
4.1.1 Zuwan<strong>der</strong>ungsgeschichte <strong>der</strong> türkischen Bevölkerung<br />
Der Einwan<strong>der</strong>ungsprozess von Türken nach Berlin kann in mehrere Phasen unterteilt werden.<br />
Die erste Phase vermehrter Zuwan<strong>der</strong>ung begann Ende <strong>der</strong> 1960er Jahre. 18 Die Türken wurden<br />
damals von In<strong>du</strong>strien – nicht nur in Berlin, son<strong>der</strong>n in ganz Deutschland – angeworben, um den<br />
hier herrschenden Arbeitskräftemangel zu kompensieren. (vgl. BULUT 2006: 22) Für West-Berlin<br />
kam hinzu, dass <strong>der</strong> Mauerbau 1961 zu einem verstärkten Bedarf an Arbeitskräften führte. Zuvor<br />
wurden hier Arbeitnehmer aus <strong>der</strong> DDR beschäftigt. Diese konnten ab 1961 nicht mehr ohne<br />
weiteres in die Bundesrepublik einreisen. Deshalb beschloss <strong>der</strong> Berliner Senat 1968 die Anwerbung<br />
ausländischer Arbeitnehmer. (vgl. GLEBE 1997: 124; GREVE/CINAR 1998: 15) Da zum damaligen<br />
Zeitpunkt kaum <strong>noch</strong> eine Nachfrage seitens griechischer, spanischer und italienischer Arbeitskräfte<br />
nach Arbeitsangeboten aus Deutschland bestand, wurden in Berlin überwiegend türkische<br />
und jugoslawische Arbeitskräfte angeworben. (vgl. HÄUßERMANN/FARWICK 2002: 73; (vgl.<br />
KEMPEN/ÖZÜEKREN 1998: 460) Hier<strong>du</strong>rch erklärt sich auch die hohe Konzentration türkischstämmiger<br />
Bewohner in Berlin. Für Türken war das Arbeitsangebot vor allem finanziell attraktiv. Zwar<br />
waren viele seit den 1950er Jahren von den ländlichen Regionen <strong>der</strong> Türkei in die Mittel- und<br />
Großstädte gezogen, doch auch dort war das Arbeitsangebot beschränkt und die Arbeitsbedingungen<br />
oftmals schlecht. (vgl. BULUT 2006: 2)<br />
Seitens des deutschen Staates wurden zu diesem Zeitpunkt Arbeitserlaubnisse für den Zeitraum<br />
eines Jahres vergeben. (vgl. KEMPEN/ÖZÜEKREN 1998: 460) Entsprechend eines Rotationsprinzips<br />
sah die deutsche Regierung den jährlichen Austausch <strong>der</strong> Arbeitskräfte vor. Die In<strong>du</strong>strie<br />
hingegen lehnte das Rotationssystem aufgrund <strong>der</strong> ökonomischer Nachteile ab. Vielmehr hatten<br />
18 Auch den 1950er Jahren immigrierten Türken in die Bundesrepublik. Die Wan<strong>der</strong>ung basierte auf Eigeninitiativen<br />
und privaten Vermittlern. Es kamen überwiegend Türken nach Deutschland, die ihre beruflichen<br />
Kenntnisse erweitern wollten. Es kooperierten z.B. <strong>der</strong> Zentralverband des Deutschen Handwerks mit dem<br />
türkischen Handwerks- und Gewerbeverband im Projekt „Mittelstand hilft Mittelstand“, um den<br />
In<strong>du</strong>striealisierungsprozesses in <strong>der</strong> Türkei zu unterstützen. (vgl. ABADAN-UNAT 2005: 65 f.)