Wohnst du noch oder lebst du schon? - Arbeitswelt der Geographie
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6. Fallbeispiele 62<br />
anlage aus den 1930er Jahren mit insgesamt 214 Wohneinheiten. 2004 kamen 19 Wohnungen<br />
<strong>der</strong> ehemals besetzten „Villa Felix“ in Friedrichshain hinzu. 2007 erweiterte die Wohnungsgenossenschaft<br />
ihr Engagement dann auf Kreuzberg und erwarb hier 15 Wohngebäude mit 190 Wohneinheiten.<br />
(vgl. Wohnungsgenossenschaft „am Ostseeplatz“ 2009: o. S.) Die Wohnungsgenossenschaft<br />
„am Ostseeplatz“ gehört damit zu den jungen und kleinen Genossenschaften. (vgl.<br />
Kapitel 3.3)<br />
Da es sich bei dem Engagement in Kreuzberg um eine Bestandsübernahme – ein Selbstschutzprojekt<br />
– handelt, soll <strong>der</strong> Prozess kurz umrissen werden: Bereits 2001 plante die Wohnungsbaugesellschaft<br />
Berlin-Mitte (WBM) den Verkauf von 18 Wohngebäuden im Kreuzberger Südosten.<br />
Dabei wurden zunächst die Mieter nach ihrem Kaufinteresse befragt. 31 Da die aktuellen Mieter<br />
entwe<strong>der</strong> den Kauf finanziell nicht realisieren konnten und/<strong>o<strong>der</strong></strong> kein Interesse daran hatten,<br />
wurde 2003 ein erstes Wohngebäude an einen Investor verkauft. In diesem Wohngebäude begann<br />
dann rasch eine „Entmietung“, in <strong>der</strong>en Rahmen Gruppen mit Kampfhunden <strong>du</strong>rch das<br />
Haus zogen und ein neuer Hauswart eingestellt wurde, <strong>der</strong> speziell die nicht-deutschen Bewohner<br />
beschimpfte. Daraufhin „ist <strong>der</strong> Kiez aufgewacht“ (E1) und 2004 wurde die Bürgerinitiative<br />
„Waldekiez“ gegründet, die sich für eine bewohnerverträgliche Verkaufslösung einsetzte, woraufhin<br />
das Verkaufsverfahren von Neuem gestartet wurde. Zur Option stand die Überführung <strong>der</strong><br />
Bestände in ein Stiftungsmodell sowie eine genossenschaftliche Lösung, die dann letztlich auch<br />
auf politischer Ebene befürwortet wurde. (vgl. E1) Der „Genossenschaftsprozess“ wurde dann in<br />
vier Wohngebäuden im Rahmen des ExWoSt-Forschungsfeldes „Potentiale genossenschaftlichen<br />
Wohnens“ begleitet. (vgl. BBR 2006: 22-29)<br />
Die Kreuzberger Bestände <strong>der</strong> Wohnungsgenossenschaft „am Ostseeplatz“ befinden sich im<br />
Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg rund um die Adalbertstraße, zwischen dem Kottbusser Tor und<br />
dem Engeldamm, im westlichen Innenstadtbereich, im Südosten Kreuzbergs. Im Norden grenzt<br />
das Gebiet an den Bezirk Mitte. (siehe Abbil<strong>du</strong>ng 13) Bei den Beständen <strong>der</strong> Wohnungsgenossenschaft<br />
„am Ostseeplatz“ handelt es sich ausschließlich um grün<strong>der</strong>zeitliche Altbauten. Zwar<br />
befinden sich die Gebäude überwiegend in <strong>der</strong> Adalbertstraße bzw. Adalbertstraße/Ecke Waldemarstraße<br />
(nur ein Gebäude befindet sich in <strong>der</strong> Naunynstraße, ein weiteres in <strong>der</strong> Sebastianstraße).<br />
Es handelt sich dabei jedoch nicht um eine Siedlungseinheit, son<strong>der</strong>n wie in <strong>der</strong> Mietskasernenbebauung<br />
üblich, um Gebäudekomplexe mit eigenen Innenhöfen. Die Innenhöfe sind<br />
recht unterschiedlich gestaltet. Alle verfügen jedoch über eine ausreichende Größe, um potentiell<br />
als Haustreffpunkt genutzt zu werden. (vgl. Abbil<strong>du</strong>ng 15) Allerdings befinden sich bisher nur in<br />
einzelnen Innenhöfen kommunikativ gestaltete Treffpunkte. Zur Genossenschaft gehört auch <strong>der</strong><br />
Bewohnertreff in <strong>der</strong> Adalbertstraße/Ecke Waldemarstraße, für den zum Zeitpunkt dieser Unter-<br />
30 Eigentumsorientierte Wohnungsgenossenschaften bieten den Mitglie<strong>der</strong>n die Möglichkeit, Wohnungen<br />
<strong>der</strong> Genossenschaft zu erwerben. Hierfür müssen 50% <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> dem Verkauf <strong>der</strong> Wohnung zustimmen.<br />
(vgl. KÖNIG 2004: 84)<br />
31 Beim Verkauf kommunaler Wohnungen in Berlin ist für die verkaufende Gesellschaft verpflichtend, den<br />
aktuellen Mietern ein Vorkaufsrecht einzuräumen. (E1)