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Kräfte der Evolution - Ernst & Young

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F INANZIERUNG UND K APITALMARKT<br />

Dr. Hubert Birner, General Partner,<br />

Techno Venture Management, München<br />

Popmusik und Biotech<br />

Im Moment weisen Tendenzen <strong>der</strong> deutschsprachigen Popmusik und Marktentwicklungen<br />

in <strong>der</strong> deutschen Biotechnologieindustrie vergleichbare Strömungen auf.<br />

Auf das Revival deutscher Popsongs nach längerer Durststrecke, z. T. von NDW- (Neue<br />

Deutsche Welle) Veteranen wie Nena, aber auch Newcomern wie <strong>der</strong> Band Juli und den<br />

Söhnen Mannheims erfolgreich weiterentwickelt und interpretiert, wird nach ähnlichem<br />

Muster das Aufblühen <strong>der</strong> deutschen Biotech-Szene folgen. Aus Sicht <strong>der</strong> Risikofinanzierer<br />

wird Deutschland im Jahr 2005 ein guter Platz sowohl für<br />

Investitionen als auch für Exits sein. Durch die nun stattfindende<br />

Marktbereinigung wird <strong>der</strong> Weg frei gemacht für eine „neue deutsche<br />

Welle“ von Biotech-Unternehmen mit starkem Wachstumspotenzial. VC-<br />

Unternehmen haben den Standort Deutschland immer als einen guten<br />

Platz zur Kultivierung neuer und überlebensfähiger Biotech-Unternehmen<br />

gesehen. Doch <strong>der</strong> Weg, <strong>der</strong> zu diesem Ziel führt, wurde in <strong>der</strong><br />

Vergangenheit mit Schlaglöchern durchsetzt, die sich aus <strong>der</strong> Überschwänglichkeit<br />

mancher Investoren mit nicht erfüllbaren Erwartungen<br />

und dem Zusammenbruch des Aktienmarktes für Biotech-Unternehmen<br />

gebildet hatten.<br />

Unternehmen, die in den späten 90er-Jahren entstanden sind, hatten oft<br />

drei Dinge gemeinsam: Sie waren von einem einzelnen, dominierenden<br />

Investor finanziert, basierten eher auf Technologien als auf Wirkstoffen und es mangelte<br />

ihnen an erprobten Veteranen aus <strong>der</strong> pharmazeutischen Industrie.<br />

Erfolgreiche deutsche Biotech-Unternehmen haben sich jetzt über ihren originären<br />

Technologieansatz hinaus zu künftigen Anbietern von therapeutischen Produkten<br />

entwickelt. Das gilt gleichermaßen für Unternehmen, die schon längere Zeit börsennotiert<br />

sind, wie Medigene und Morphosys, wie für Unternehmen, die sich erst kürzlich<br />

in diese strategische Richtung neupositioniert haben, wie Evotec. Auch börsenreife<br />

Unternehmen, Beispiel Jerini, o<strong>der</strong> Börsenneuzugänge wie Paion, weisen dieses Merkmal<br />

auf. An<strong>der</strong>s als in den 90er-Jahren werden diese Unternehmen ausnahmslos von starken<br />

Investorenkonsortien getragen. In manchen Fällen bauen diese Konsortien die neue<br />

Generation von deutschen Biotech-Start-ups und diesmal sind die Teams in den<br />

Unternehmen und bei den Investoren mit den Mechanismen <strong>der</strong> pharmazeutischen<br />

Industrie bestens vertraut.<br />

Ich glaube fest daran, dass die neue Generation von Biotech-Unternehmen in<br />

Deutschland nicht nur wegen eines nachhaltigeren Geschäftsmodells überlebensfähig<br />

sein wird. Geschäftsmodelle allein produzieren noch keinen nachhaltigen Geschäftserfolg.<br />

Nein, die neue deutsche Biotech-Welle verfügt über dieselben Zutaten, die auch<br />

<strong>der</strong> deutschen Popmusik zu neuem Erfolg verholfen haben und die sich vielleicht – wie<br />

einst die amerikanische Erfindung Hip-Hop – zu einem Exportschlager entwickelt: ein<br />

Sampling aus neuen Ideen, Know-how, Erfahrung und realen Marktpotenzialen, das in<br />

dieser Zusammensetzung neu ist.<br />

Diese Faktoren begründen den Erfolg <strong>der</strong> neuen Biotech-Generation:<br />

• Firmengrün<strong>der</strong> haben eine ausgeprägtere wirtschaftliche Orientierung.<br />

• Europäische Investorenkonsortien, die in neue Unternehmen investieren, sind<br />

finanzkräftiger und größer – sie haben daher einen längeren Atem.<br />

• Durch die Konsolidierung <strong>der</strong> Pharmaindustrie stehen mehr therapeutische Produkte<br />

für Spezialanbieter zur Verfügung, Stichworte: Aus-Lizenzierung und Ausgründung.<br />

• Erfahrene Pharma-Manager stehen dem Markt zur Verfügung.<br />

• „Selektiveres” Kapital von <strong>der</strong> KfW-Mittelstandsbank<br />

• Aus <strong>der</strong> Konsolidierung <strong>der</strong> Biotech-Branche gehen kraftvolle und innovative<br />

Unternehmen hervor.<br />

2005 ist ein Schlüsseljahr für die Branche, weil viele<br />

Firmen den Punkt erreichen, <strong>der</strong> über Fortbestand<br />

o<strong>der</strong> Ende entscheidet. Nach allem was wir wissen,<br />

werden für ca. die Hälfte aller VC-finanzierten Life-<br />

Science-Unternehmen in Deutschland dieses Jahr<br />

die finanziellen Ressourcen auslaufen. Zusätzlich ist<br />

die natürliche Kapital-Quelle dieser Unternehmen –<br />

die VC-Fonds, die bereits zum Investorenkreis zählen<br />

– nahezu versiegt. Ich gehe davon aus, dass fast alle<br />

deutschen VC-Investoren in 2005 im Fundraising<br />

sind o<strong>der</strong> sein werden und daher limitierte Mittel zur<br />

Verfügung haben.<br />

Es ist ein Zeichen für das Funktionieren des Systems, wenn Konsolidierung zu Gunsten<br />

<strong>der</strong> wirklich überlebensfähigen Firmen stattfindet. Niemand konnte ernsthaft erwarten,<br />

dass alle in den späten 90er-Jahren gegründeten Unternehmen wirklich überleben<br />

würden. Der Kampf um limitierte Ressourcen war daher abzusehen. Tatsächlich hat <strong>der</strong><br />

Prozess <strong>der</strong> Konsolidierung, <strong>der</strong> Neuordnung <strong>der</strong> Aktiva und <strong>der</strong> Akquisitionen längst<br />

begonnen. Die verbleibenden Unternehmen sind finanziell besser ausgestattet und<br />

werden neue Technologien sowie neue Investoren anziehen. Unternehmen, die sich <strong>der</strong><br />

Restrukturierung beugen müssen, können ihre werthaltigen Technologien und Produkte<br />

als Aktiva bei den Überlebenden einbringen. Wenn die Neuordnung des Marktes<br />

abgeschlossen ist und sich die Unternehmen auf die oben aufgeführten Faktoren<br />

konzentrieren, dann wird es viele kommerziell interessante Transaktionen in Deutschland<br />

geben.<br />

Das sich öffnende Börsenfenster bietet weiteren Anreiz, sich auf die wirklich<br />

wesentlichen Dinge bei <strong>der</strong> Unternehmensentwicklung zu konzentrieren und dadurch<br />

nachhaltig Wachstum zu generieren. Das Ergebnis, das wir uns für 2008 und 2009<br />

erwarten, ist ein neuer Beat, noch besser als Hip-Hop.<br />

www.tvmvc.de<br />

106 K RÄFTE DER E VOLUTION – DEUTSCHER B IOTECHNOLOGIE-REPORT 2005

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