21.11.2014 Aufrufe

Kräfte der Evolution - Ernst & Young

Kräfte der Evolution - Ernst & Young

Kräfte der Evolution - Ernst & Young

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Andreas Crone, Partner bei <strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong>, Mannheim<br />

Professionelles Management zur Vermeidung von<br />

Haftungsrisiken<br />

Vor dem Hintergrund <strong>der</strong> bestehenden ungünstigen Finanzierungssituation <strong>der</strong><br />

deutschen Biotech-Branche sind Gesellschafter und Vorstände von Biotech-Firmen<br />

zunehmend gefor<strong>der</strong>t, valide und nachvollziehbare Unternehmens- und Finanzkonzepte<br />

für ihr Unternehmen zu entwickeln, um die nächsten notwendigen Finanzierungsrunden<br />

erfolgreich gestalten zu können.<br />

Da die Unternehmen bei den Finanzierungsrunden in den letzten Jahren bekanntermaßen<br />

nicht „aus dem Vollen“ schöpfen konnten, besteht die Notwendigkeit, mit den<br />

oftmals knappen verfügbaren Mitteln, überlegt zu haushalten. Daher<br />

kommt generell einer gut funktionierenden Liquiditätsplanung und<br />

-kontrolle beson<strong>der</strong>e Bedeutung im Rahmen einer professionellen<br />

Unternehmenssteuerung zu. Unternehmen <strong>der</strong> Biotech-Branche<br />

verfügen in <strong>der</strong> Regel über gut funktionierende Kontroll- und<br />

Überwachungsmechanismen in Bezug auf eine adäquate Liquiditätssteuerung.<br />

Es zeigt sich jedoch, dass gerade insolvenzrechtliche Risiken,<br />

aufgrund <strong>der</strong> starken Liquiditätsfokussierung <strong>der</strong> Unternehmen,<br />

oftmals unterschätzt o<strong>der</strong> übersehen werden.<br />

Wir stellen in <strong>der</strong> Praxis zunehmend fest, dass durch die permanente<br />

Überwachung <strong>der</strong> Liquiditätssituation <strong>der</strong> Insolvenzgrund <strong>der</strong><br />

Zahlungsunfähigkeit stets im Blickfeld <strong>der</strong> Geschäftsführung steht<br />

und rechtzeitig erkannt wird. Weniger ausgeprägt ist dagegen die<br />

Sensibilität dafür, dass für juristische Personen neben <strong>der</strong> Zahlungsunfähigkeit auch die<br />

Überschuldung einen zwingenden Insolvenzgrund darstellt, während die drohende<br />

Zahlungsunfähigkeit dem Unternehmen lediglich ein Antragsrecht einräumt.<br />

Da <strong>der</strong> Tatbestand <strong>der</strong> Überschuldung im insolvenzrechtlichen Sinne bereits auch dann<br />

eingetreten sein kann, obwohl noch ausreichend Liquidität vorhanden ist, um den<br />

Geschäftsbetrieb für mehrere Monate aufrecht zu erhalten, bestehen hier nicht<br />

unerhebliche Risiken für die Geschäftsführer und Vorstände von Kapitalgesellschaften.<br />

Grundsätzlich hat die Geschäftsführung aufgrund ihrer Sorgfaltspflichten regelmäßig zu<br />

prüfen, ob eine Überschuldung im insolvenzrechtlichen Sinne vorliegt, auch wenn eine<br />

Unterbilanz in <strong>der</strong> Handelsbilanz noch nicht zu Tage getreten ist, jedoch an<strong>der</strong>e<br />

Krisensymptome wie bspw. drohende Zahlungsunfähigkeit vorliegen. Dabei ist zu<br />

beachten, dass die handelsrechtlichen Wertansätze für den Überschuldungsstatus nicht<br />

maßgebend sind.<br />

Denn Ausgangspunkt für die Bewertung <strong>der</strong> Vermögensgegenstände und Schulden stellt<br />

die Prognose über das Fortbestehen des Unternehmens dar. Diese basiert neben dem<br />

Gesamtkonzept des Unternehmens (Business Plan) auf einer hieraus abgeleiteten<br />

integrierten Planungsrechnung (verknüpfte Erfolgs-, Liquiditäts- und Bilanzplanung) mit<br />

einem Planungshorizont von mindestens 12–18 Monaten. Die Fortbestehensprognose<br />

ist also im Kern zunächst eine Zahlungsfähigkeitsprognose, die auf plausiblen Planannahmen<br />

beruhen muss.<br />

Die Fortbestehensprognose fällt positiv aus, wenn sich aus <strong>der</strong> Liquiditätsplanung<br />

ergibt, dass in dem Prognosezeitraum die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens<br />

sichergestellt ist. Bereits vorhandene Kreditlinien o<strong>der</strong> sonstige ernstlich<br />

anzunehmende Mittelzuführungen dürfen in die Betrachtung mit einbezogen werden.<br />

Verbleibt o<strong>der</strong> entsteht eine finanzielle Unterdeckung, fällt die Fortbestehensprognose<br />

negativ aus.<br />

Bei positiver Fortbestehensprognose ist <strong>der</strong> Überschuldungsstatus zu Fortführungswerten,<br />

bei negativer Prognose zu Liquidationswerten aufzustellen. Überschuldung im<br />

insolvenzrechtlichen Sinne und damit Insolvenzantragspflicht liegt in beiden Fällen<br />

immer dann vor, wenn das Reinvermögen die Schulden nicht deckt.<br />

Da eine ungesicherte Finanzierung innerhalb des Prognosezeitraums letztendlich<br />

drohende Zahlungsunfähigkeit bedeutet, führt dies<br />

stets zu einer negativen Fortbestehensprognose mit<br />

entsprechen<strong>der</strong> Bewertung. Dies bedeutet, dass <strong>der</strong><br />

fakultative Insolvenzantragsgrund „drohende Zahlungsunfähigkeit“<br />

indirekt die Insolvenzantragspflicht wegen<br />

eingetretener insolvenzrechtlicher Überschuldung aufgrund<br />

<strong>der</strong> negativen Fortbestehensprognose beeinflusst.<br />

Da sich die Finanzierungsrunden zunehmend schwieriger<br />

und zeitintensiver gestalten sowie die Mittelzusagen und<br />

<strong>der</strong>en Bereitstellung oftmals erst kurz vor Eintritt <strong>der</strong><br />

faktischen Zahlungsunfähigkeit erfolgen, besteht für die<br />

Gesellschafter und Geschäftsführer zunehmend das<br />

Problem <strong>der</strong> Risikoabwägung zwischen den Interessen<br />

<strong>der</strong> Sharehol<strong>der</strong> und eigenen persönlichen Haftungsrisiken zivil- und strafrechtlicher<br />

Art.<br />

Zur Reduzierung dieser Risiken sollte daher eine ausreichende Dokumentation über den<br />

Verhandlungsstand <strong>der</strong> Finanzierungsrunden angefertigt werden, um den Nachweis über<br />

die „ernstlich anzunehmende“ Bereitstellung von weiteren finanziellen Mitteln führen zu<br />

können. Daneben sollte die Dokumentation die zeitnahe Erstellung <strong>der</strong> Fortbestehensprognose<br />

und entsprechende Überschuldungsstatus enthalten, wobei auf die beson<strong>der</strong>e<br />

Problematik bei <strong>der</strong>en Erstellung, insbeson<strong>der</strong>e in Bezug auf die Bewertung <strong>der</strong><br />

immateriellen Vermögensgegenstände (Patente, Rechte u. ä.) an dieser Stelle ebenso<br />

wenig eingegangen werden kann wie auf Möglichkeiten und Maßnahmen zur Beseitigung<br />

<strong>der</strong> Überschuldung.<br />

Letztendlich sind alle Parteien (Unternehmensleitung, Gesellschafter, Aufsichtsgremien<br />

und Investoren) aufgefor<strong>der</strong>t, frühzeitig klare und verbindliche Zusagen, positiver o<strong>der</strong><br />

negativer Art, zu treffen, um Haftungsrisiken für die Geschäftsleitung o<strong>der</strong> auch<br />

Fehlentscheidungen durch vorzeitige Insolvenzantragsstellung zu vermeiden.<br />

andreas.crone@de.ey.com<br />

77

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!