Kräfte der Evolution - Ernst & Young
Kräfte der Evolution - Ernst & Young
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G ESCHÄFTSFELDER, TECHNOLOGIEN UND P RODUKTE<br />
Nachwachsende Rohstoffe als Basis zur Kraftstofferzeugung<br />
haben 2004 durch das fortentwickelte Gesetz über erneuerbare<br />
Energien zu einem Boom beim Bau entsprechen<strong>der</strong> Raffinerien<br />
geführt. Im letzten Jahr wurden hierzulande auf etwa acht<br />
Prozent <strong>der</strong> Ackerfläche nachwachsende Rohstoffe angebaut<br />
(ohne Stilllegungsflächen, Quelle: Schätzungen BMVEL).<br />
2004 wurde mehr als eine Mio. Tonnen Biodiesel produziert<br />
(rund zwei Prozent des Kraftstoffverbrauchs in Deutschland),<br />
das aus Pflanzenöl unter Zugabe von Methanol gewonnen wird.<br />
24 Biodieselanlagen sind in Deutschland in Betrieb, und drei<br />
weitere befinden sich in Planung. Zudem existieren zwei<br />
Bioethanol-Anlagen, weitere sieben sind geplant (Quelle:<br />
Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe e.V.). Zusammengenommen<br />
könnten diese zukünftig eine Mio. Tonnen<br />
Bioethanol produzieren. Durch eine neue EU-Richtlinie dürfen<br />
fünf Prozent Ethanol zu gewöhnlichem Benzin gemischt<br />
werden. Bioethanol kann durch mikrobielle bzw. enzymatische<br />
Umsetzung von Pflanzenrohstoffen produziert werden.<br />
Jedoch wird Deutschland auch langfristig nicht von Erdölimporten<br />
unabhängig sein.<br />
Weiteres Potenzial liegt sowohl im Anbau schnell wachsen<strong>der</strong><br />
Pflanzen als auch in optimierten gv-Pflanzen. Dass in Deutschland<br />
diese Synergien politisch <strong>der</strong>zeit nicht durchsetzbar sind,<br />
zeigt u. a. folgendes Statement.<br />
Auszüge aus dem Positionspapier „Weiße Biotechnologie<br />
– Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit im Einklang“<br />
(2005) von Renate Künast, Bundesministerin für<br />
Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, und<br />
Reinhard Loske, MdB.<br />
„An<strong>der</strong>s als die Agro-Gentechnik kann die Weiße Biotechnologie<br />
heute mit hoher Akzeptanz rechnen. War <strong>der</strong> Einsatz<br />
gentechnisch hergestellter Enzyme noch in den 80er-Jahren<br />
sehr umstritten, sind sie inzwischen gesellschaftlich akzeptiert.<br />
Die Weiße Biotechnologie kann mit neuen Enzymen für den<br />
Abbau <strong>der</strong> Pflanzencellulose einen wertvollen Beitrag leisten.<br />
Dafür ist es aber nicht notwendig, dass die nachwachsenden<br />
Rohstoffe selbst gentechnisch hergestellt werden.<br />
Da es Bioraffinerien egal ist, welches grüne Material sie<br />
bekommen, ist es also ökologisch und auch ökonomisch viel<br />
sinnvoller, eine verblühte Wildwiese zu verarbeiten als eine<br />
gentechnisch verän<strong>der</strong>te Monokultur.<br />
Bislang sind ohnehin sämtliche Versuche gescheitert, Pflanzen<br />
dahingehend zu verän<strong>der</strong>n, dass sie selbst bereits ein fertiges<br />
Endprodukt (z. B. Kunststoff) liefern. [sic]“<br />
Technologie<br />
In <strong>der</strong> Weißen Biotechnologie hat – ebenso wie in <strong>der</strong> Roten<br />
Biotechnologie über die zielgerichtete Entwicklung von Wirkstoffen<br />
für neu entdeckte Targets – ein Paradigmenwechsel<br />
stattgefunden: Früher musste <strong>der</strong> Produktions-Prozess an das<br />
Enzym angepasst werden, heute können die Enzyme an den<br />
Prozess angepasst werden.<br />
Optimierte Enzyme lassen sich zum einen über gerichtete<br />
<strong>Evolution</strong> erzeugen. Hierbei werden Proteine im Zeitraffer mit<br />
gewünschten Eigenschaften ausgestattet (Schema siehe Abbildung<br />
2-18). Eine generelle Herausfor<strong>der</strong>ung besteht darin,<br />
durch gerichtete <strong>Evolution</strong> eine umfassende und intelligente<br />
Sequenzvielfalt zu generieren. Die Automatisierung ist ebenso<br />
kritisch, um die erzeugten Variationen im Hoch-Durchsatz-<br />
Verfahren zur Expression zu bringen und anschließend gezielt<br />
zu selektieren. Die Selektion kann durch Assay-Verfahren,<br />
optische Systeme (Zellsortierung) und Display-Technologien<br />
(Zellen, Phagen, Ribosomen) geschehen.<br />
Hinzu kommen immer verlässlichere Struktur- und Funktionsvorhersage-Modelle<br />
für Proteine durch die Bioinformatik.<br />
Abbildung 2-18:<br />
Schema eines Ansatzes für gerichtete <strong>Evolution</strong><br />
Finden von Ausgangssequenzen<br />
- Screening von DNA-Banken aus Umweltproben<br />
- In-silico-Screening<br />
- Synthetische Gene<br />
Erzeugung von Variation<br />
- Mutagenisierung: PCR mit Fehlpaarungen;<br />
chemische/physikalische Methoden<br />
- DNA-Shuffling<br />
(Durchmischung kurzer Abschnitte)<br />
Expression <strong>der</strong> DNA<br />
Selektion<br />
- Bindungsscreening<br />
- Aktivitätsscreening<br />
Wie<strong>der</strong>holung voriger Schritte, bis das DNA-Produkt<br />
die gewünschte, optimierte Eigenschaft besitzt.<br />
Quelle: <strong>Ernst</strong> & <strong>Young</strong>, 2005<br />
60 K RÄFTE DER E VOLUTION – DEUTSCHER B IOTECHNOLOGIE-REPORT 2005