Kräfte der Evolution - Ernst & Young
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Dr. Peter Ruile und Dr. Christian A. Stein,<br />
Ascenion GmbH, München<br />
Geistiges Eigentum an öffentlichen Forschungseinrichtungen<br />
– Rohstoff für die Biotech-Industrie<br />
Jedes Jahr fließen viele Milliarden Euro an Steuergel<strong>der</strong>n in die Forschung an deutschen<br />
Forschungseinrichtungen. Das Ergebnis: Spitzenforschung – auch im internationalen Vergleich.<br />
Volkswirtschaftlich gesehen <strong>der</strong> beste Rohstoff für eine Wertschöpfungskette,<br />
die von <strong>der</strong> akademischen Forschung über neue Technologien und Produktideen<br />
schließlich zu vermarktbaren Produkten, Dienstleistungen und damit neuen Arbeitsplätzen<br />
führt. Soweit zumindest die Theorie. Gerade im Bereich Biotechnologie sieht die<br />
Realität jedoch an<strong>der</strong>s aus. „Forschungsleistung spitze – Umsetzung und wirtschaftliches<br />
Ergebnis nach wie vor mangelhaft“,<br />
so eine häufige Einschätzung.<br />
Woran liegt das?<br />
Schwachpunkt <strong>der</strong> Kette<br />
Am Anfang <strong>der</strong> Wertschöpfungskette<br />
stehen oftmals Hochschulen und<br />
außeruniversitäre Forschungseinrichtungen;<br />
am Ende stehen meist globale<br />
Industriekonzerne. Dazwischen nehmen<br />
kleine und mittelständische<br />
Biotech-Unternehmen eine Schlüsselrolle<br />
ein: Oft sind sie es, die frühe<br />
Technologien und Produktideen aus <strong>der</strong> öffentlichen Forschung aufnehmen und bis zur<br />
o<strong>der</strong> nahe an die Marktreife weiterentwickeln. Eine Schwachstelle <strong>der</strong> gesamten Kette<br />
liegt häufig im Übergang von Projekten aus <strong>der</strong> öffentlichen Forschung zu Firmen <strong>der</strong><br />
Biotech- und Pharmaindustrie. Unter an<strong>der</strong>em sind dabei zwei Aspekte kritisch: zum<br />
einen die Selektion geeigneter Projekte für den Transfer und zum an<strong>der</strong>en die<br />
rechtzeitige und richtige schutzrechtliche Absicherung – denn ohne entsprechende<br />
Absicherung, meist durch Patente, lassen sich akademische Forschungsergebnisse,<br />
insbeson<strong>der</strong>e im Pharmabereich, nur selten erfolgreich in vermarktbare Produkte<br />
umsetzen. Beides erfor<strong>der</strong>t professionelles „IP- (Intellectual Property) Asset-<br />
Management“ von Seiten <strong>der</strong> öffentlichen Forschungseinrichtungen. Was bedeutet dies<br />
in <strong>der</strong> Praxis?<br />
IP-Asset-Management an öffentlichen Forschungseinrichtungen<br />
Fachwissen, Marktkenntnis und rechtliche Expertise müssen zusammenfinden, um in<br />
<strong>der</strong> Flut neuer Forschungsresultate kommerziell aussichtsreiche Projekte frühzeitig zu<br />
erkennen und anschließend optimal wirtschaftlich zu verwerten. Es müssen<br />
systematische Prozesse zum fortlaufenden Screening von Forschungsergebnissen<br />
etabliert, umfassende Markt- und Patentrecherchen durchgeführt, Strategien zum<br />
rechtlichen Schutz und zur Kommerzialisierung entworfen, Kooperationen o<strong>der</strong><br />
Verwertungsverträge zum Abschluss und Spin-offs auf den Weg gebracht werden.<br />
Spezifischer Service gefragt<br />
IP-Asset-Management ist für viele öffentliche Forschungseinrichtungen Neuland.<br />
Ausnahmen bilden die Helmholtz-Gemeinschaft, die Max-Planck- und die Fraunhofer-<br />
Gesellschaft. Um dies zu än<strong>der</strong>n, sind in Deutschland in den letzten Jahren, teils geför<strong>der</strong>t<br />
von Bund und Län<strong>der</strong>n, eine ganze Reihe Technologie-Transferagenturen entstanden, die<br />
fast ausschließlich regional operieren. Die lebenswissenschaftlichen Forschungseinrichtungen<br />
<strong>der</strong> Helmholtz-Gemeinschaft haben speziell für den Bereich Life Science mit<br />
<strong>der</strong> Ascenion ein sektoriell fokussiertes IP-Asset-Management-Unternehmen gegründet.<br />
Entscheidend war dabei die Überlegung, dass gerade im komplexen Feld Life Science<br />
spezielle Expertise, ein branchenspezifisches Netzwerk und vor allem eine kritische<br />
Masse an Patenten und vermarktbaren Technologien notwendig sind, um eine hohe<br />
Qualität und Effizienz bei Bewertung, Schutz und Verwertung <strong>der</strong> IP-Assets zu erzielen.<br />
Und das wirtschaftliche Ergebnis?<br />
Erfahrungen z. B. aus den USA zeigen,<br />
dass erfolgreiche Technologietransfer-<br />
Agenturen etwa alle sieben bis zehn<br />
Jahre Schutzrechte für eine Erfindung<br />
lizenzieren, die ein Blockbuster (Jahresumsatz<br />
größer 1 Mrd. €) werden. Berücksichtigt<br />
man die langen Entwicklungszeiten<br />
im Pharma- und Biotech-<br />
Sektor, wird deutlich, dass die Technologietransferlandschaft<br />
in Deutschland<br />
noch viel zu jung ist, um Bilanz zu<br />
ziehen. Die ersten Ergebnisse für den sektoriellen Ansatz im Technologietransfer sind<br />
aber viel versprechend: So betreut Ascenion inzwischen acht Forschungsinstitute aus <strong>der</strong><br />
Helmholtz- und Leibniz-Gemeinschaft, managt ein Portfolio von rund 500 Patentfamilien,<br />
hat seit ihrer Gründung im Jahr 2001 über 100 Verwertungsverträge abgeschlossen und<br />
die Gründung von mehr als einem Dutzend Start-ups unterstützt, an denen sie zum Teil<br />
auch beteiligt ist.<br />
Hochwertiger Technologietransfer aus <strong>der</strong> akademischen Forschung in die Industrie ist<br />
natürlich nur einer von vielen Faktoren, die für den kommerziellen Erfolg <strong>der</strong> Biotechnologie<br />
notwendig sind. Wird er aber nicht professionell betrieben, setzt sich dieses<br />
Versäumnis zwangsläufig durch die ganze Wertschöpfungskette fort und schmälert am<br />
Ende nicht nur das wirtschaftliche Ergebnis, son<strong>der</strong>n führt potentiell sogar zu einer<br />
Innovationslücke im High-Tech-Segment. Ganz entscheidend wird <strong>der</strong> Erfolg des Biotechstandortes<br />
Deutschland auch von <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Kapitalmärkte abhängen,<br />
von <strong>der</strong> Verbesserung steuerlicher Rahmenbedingungen in Deutschland, von <strong>der</strong> Einrichtung<br />
innovativer Finanzierungsinstrumente – für die Lücke im Seedkapitalisierungsgeschäft<br />
und die Weiterentwicklung von kommerziell interessanten Technologien an<br />
öffentlichen Forschungseinrichtungen – und natürlich davon, in wie weit es den vielen<br />
jungen Biotechs in Deutschland gelingt, aus dem globalen Selektionsprozess erfolgreich<br />
hervorzugehen.<br />
www.ascenion.de<br />
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