Kräfte der Evolution - Ernst & Young
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G ESCHÄFTSFELDER, TECHNOLOGIEN UND P RODUKTE<br />
Knapp ein Drittel <strong>der</strong> Tissue-Engineering-Unternehmen befasst<br />
sich demnach mit <strong>der</strong> Entwicklung von Produkten im muskuloskeletalen<br />
Bereich. Weitere bedeutende Fel<strong>der</strong> für die Anwendung<br />
von Tissue Engineering sind kardiovaskuläre (Herz-<br />
Kreislauf-) und viszerale (Eingeweide-) Erkrankungen sowie<br />
die Wundheilung. Bisher eine geringere Rolle spielen dagegen<br />
<strong>der</strong> neurosensorische und <strong>der</strong> hämatopoetische (blutbildende<br />
Organe) Bereich.<br />
Abbildung 2-13:<br />
Technologien deutscher Tissue-Engineering-<br />
Unternehmen<br />
autologe Zellen<br />
32 %<br />
adulte Zellen<br />
26 %<br />
Wachstumsfaktoren<br />
18 %<br />
Abbildung 2-13 gibt zudem einen Überblick zu den von den<br />
Unternehmen eingesetzten Technologien. Bei diesen dominiert<br />
demzufolge mit einem Anteil von über einem Drittel <strong>der</strong> Einsatz<br />
von autologen, das heißt körpereigenen Zellen. Auf ebenfalls<br />
über ein Drittel Anteil kommen bei den angewandten<br />
Technologien die Stammzelltechnologien, die sich noch weiter<br />
differenzieren lassen, je nach Quelle bzw. Herkunft dieser<br />
Zellen. So kann hier unterschieden werden in adulte und<br />
embryonale Stammzellen sowie in solche, die aus Nabelschnurblut<br />
isoliert werden. Mit 18 bzw. elf Prozent sind schließlich<br />
noch Technologien vertreten, die Wachstumsfaktoren bzw.<br />
allogene (nicht patienteneigene) Zellen nutzen.<br />
Die Anwendung von Stammzellen bleibt in Deutschland jedoch<br />
sowohl in <strong>der</strong> Politik wie auch in <strong>der</strong> Bevölkerung ein<br />
umstrittenes Thema.<br />
Begriffe aus <strong>der</strong> „Stammzell-<br />
Terminologie“<br />
Totipotente Stammzellen<br />
haben die Fähigkeit, einen kompletten Organismus<br />
aufzubauen.<br />
So besitzt beispielsweise eine befruchtete Eizelle bis<br />
zum 8-Zell-Stadium Totipotenz, das heißt, jede <strong>der</strong><br />
acht Zellen kann sich zu einem kompletten<br />
Organismus entwickeln.<br />
Pluripotente Stammzellen<br />
lassen sich zu zahlreichen verschiedenen Körperzellen,<br />
aber nicht zu einem vollständigen Organismus<br />
entwickeln (Zellen nach dem 8-Zell-Stadium).<br />
Gewebespezifische pluripotente Stammzellen findet<br />
man in vielen Geweben eines ausgewachsenen Organismus.<br />
Sie dienen dort <strong>der</strong> Neubildung von funktionsfähigen<br />
Zellen (zum Beispiel Blutstammzellen<br />
im Knochenmark, Nervenstammzellen im Gehirn).<br />
allogene Zellen<br />
11 %<br />
Nabelschnur-Stammzellen<br />
5 %<br />
Sonstige<br />
5 %<br />
embryonale Stammzellen<br />
3 %<br />
Mehrfachangaben möglich Quelle: BioRegio STERN Management / Capgemini Deutschland, 2004<br />
Humane embryonale Stammzellen<br />
besitzen von allen pluripotenten Stammzellen die<br />
größte Differenzierungsfähigkeit und haben damit<br />
für die biomedizinische Forschung die größte Bedeutung.<br />
Embryonale Stammzellen lassen sich durch<br />
Einsatz geeigneter Wachstums- und Differenzierungsfaktoren<br />
zu unterschiedlichsten Zelltypen<br />
heranreifen.<br />
Individualspezifische embryonale Stammzellen<br />
werden durch Verschmelzen einer kernlosen reifen<br />
Eizelle mit einer Körperzelle erzeugt (therapeutisches<br />
Klonen) und bilden u. U. eine Alternative für<br />
humane embryonale Stammzellen, die nur aus Föten<br />
o<strong>der</strong> künstlich befruchteten Eizellen gewonnen<br />
werden können.<br />
Adulte Stammzellen<br />
sind pluripotente Stammzellen in den Geweben<br />
ausgewachsener Organismen, die zur Neubildung<br />
und Regeneration gewebespezifischer Zellen dienen.<br />
Derzeit ist hierzulande durch das Stammzellgesetz zwar<br />
grundsätzlich die Nutzung von humanen embryonalen Stammzellen<br />
(hES) für Forschungszwecke verboten, in Ausnahmefällen<br />
wird jedoch <strong>der</strong> Import von Zellen erlaubt, die vor dem 1.<br />
Juli 2002 erzeugt wurden; diese können dann für die Grundlagenforschung<br />
genutzt werden.<br />
Mit <strong>der</strong> Vorlage des ersten Stammzellberichtes <strong>der</strong> Bundesregierung<br />
im Juli 2004, sehen Bundesgesundheitsministerin<br />
Ulla Schmidt und Bundesforschungsministerin Edelgard<br />
Bulmahn das Stammzellgesetz<br />
als bewährt an.<br />
Dagegen schätzen laut einer<br />
im Mai 2004 veröffentlichten<br />
Studie des Max-Delbrück-Centrums<br />
für Molekulare<br />
Medizin und des<br />
Forschungszentrums Jülich<br />
die Forscher an sich die<br />
Forschungsbedingungen als<br />
zu restriktiv ein und glauben<br />
daher, dass ein Großteil<br />
<strong>der</strong> deutschen Stammzellforscher<br />
Deutschland binnen<br />
<strong>der</strong> nächsten fünf Jahre<br />
verlassen wird.<br />
42 K RÄFTE DER E VOLUTION – DEUTSCHER B IOTECHNOLOGIE-REPORT 2005