Kräfte der Evolution - Ernst & Young
Kräfte der Evolution - Ernst & Young
Kräfte der Evolution - Ernst & Young
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
G ESCHÄFTS- UND KOMMERZIALISIERUNGSSTRATEGIEN<br />
Dr. Thomas Gottwald,<br />
CEO Fresenius Biotech GmbH, München<br />
Diversifizierung in die Biotech-Industrie<br />
Während sich die Biotechfirmen in den USA nach dem Platzen <strong>der</strong> New-Economy-Blase<br />
wie<strong>der</strong> in einer richtiggehenden Hausse befinden, sind viele Firmen hierzulande zumeist<br />
von akuter Finanznot o<strong>der</strong> sogar dem „Aus“ bedroht. Dabei muss das nicht so sein. Im<br />
Gegenteil. Wenn auch in Europa die Ausgaben für Gesundheit an<strong>der</strong>s als in den USA seit<br />
über einem Jahrzehnt nicht gestiegen sind, wächst doch <strong>der</strong> Bedarf an neuen, innovativen<br />
Therapien ständig. Dies hat vielfältige Ursachen, die unter an<strong>der</strong>em in <strong>der</strong> Alterung <strong>der</strong><br />
Bevölkerung sowie <strong>der</strong> Zunahme an Zivilisationserkrankungen und Krebs zu suchen sind.<br />
Gleichzeitig steht die Pharmabranche insgesamt vor <strong>der</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung zunehmend<br />
leerer Pipelines bei gleichzeitig auslaufenden Patenten<br />
– zumeist von Blockbuster-Präparaten – und dies trotz<br />
immer höherer Investitionen in die eigene Grundlagenforschung.<br />
Der „gold rush“ zu den Generika ist eine Folge.<br />
Eine an<strong>der</strong>e Folge ist <strong>der</strong> Trend zur Biotechnologie. Das<br />
weltweite Wachstum <strong>der</strong> Pharmaindustrie von rund 10 %<br />
p. a. wird überproportional durch Innovationen aus <strong>der</strong><br />
Biotechnologie getrieben. Ein Beispiel: 2001 betrug <strong>der</strong><br />
Marktanteil von innovativen Biotechnologie-Produkten<br />
10 %, im Jahr 2011 werden es bereits geschätzte 30 %<br />
sein. Und die Umsätze <strong>der</strong> Top 10 <strong>der</strong> Biotech-Branche<br />
werden sich von 2001 bis 2007 verdreifacht haben.<br />
Beson<strong>der</strong>s bei Krebs schaffen die hohe Sterblichkeit und die steigende Inzidenz enormen<br />
Bedarf an Innovation.<br />
Die Rationale für eine Diversifizierung in die Biotechnologie ist somit gegeben: Bessere<br />
Therapieoptionen durch so genannte „targeted therapies“ (z. B. monoklonale Antikörper)<br />
sind möglich, die Humangenomforschung eröffnet neue Einsicht für Biopharmazeutika,<br />
neue therapeutische Fel<strong>der</strong> erschließen sich (z. B. regenerative Medizin), <strong>der</strong> Marktanteil<br />
innovativer Biopharmazeutika, basierend auf medizinischem Bedarf, wächst. Diese<br />
Entwicklung bringt auch für kleinere, zumeist mittelständische Unternehmen, aber auch<br />
größere Konzerne, die in an<strong>der</strong>en Geschäftsfel<strong>der</strong>n tätig sind, die Chance, in die<br />
Biotechnologie zu diversifizieren.<br />
Vor diesem Hintergrund hat Anfang 2004 die Fresenius AG, ein weltweit tätiger<br />
Gesundheitskonzern, die Entscheidung bekannt gegeben, seine Biotechnologie-<br />
Aktivitäten unter dem Dach <strong>der</strong> im Jahr 2003 gegründeten Fresenius Biotech GmbH<br />
auszubauen. Das Biotechnologie-Unternehmen wird zwar vom Know-how und den<br />
Strukturen des Konzerns profitieren, gleichzeitig aber mit einem erfahrenen<br />
Management-Team sowie einer schlanken Struktur und kompetenten Kooperationspartnern<br />
eine klar ausgerichtete Strategie verfolgen. Fresenius Biotech entwickelt<br />
zusammen mit seinem Partner Trion Pharma innovative Antikörper-Therapien zur<br />
Behandlung von Krebs und Zelltherapien für die Behandlung von HIV-Infektionen im<br />
Endstadium sowie zur dauerhaften Vermeidung <strong>der</strong> Abstoßung von transplantierten<br />
Organen. Mit dem Immunsuppressivum ATG Fresenius S verfügt Fresenius Biotech bereits<br />
über ein seit vielen Jahren auf dem Markt etabliertes biotechnologisches Produkt für den<br />
akuten Einsatz bei Transplantationen. Die Firma konzentriert sich auf die klinische<br />
Entwicklung und Zulassung von Biopharmazeutika.<br />
Neue Projekte kommen bei Fresenius Biotech von jungen Biotechnologie-Unternehmen,<br />
Universitäten und Forschungseinrichtungen. Wo erfor<strong>der</strong>lich, wird sich das Unternehmen<br />
über weitere Allianzen und Partnerschaften zusätzliches Know-how und<br />
Vertriebsunterstützung sichern. Diese Strategie ist eine Möglichkeit, den besagten<br />
Problemen mit <strong>der</strong> Forschungs- und Entwicklungs-Produktivität großer<br />
voll integrierter Pharmaunternehmen sowie einer immer stärkeren<br />
Diversifizierung <strong>der</strong> einzelnen Erkrankungen und daraus folgend<br />
kleineren Märkten bei gleichzeitig steigenden regulatorischen<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen mit steigenden Entwicklungszeiten und kürzerer<br />
Marktexklusivität zu begegnen. Kleine und mittlere innovative Biotech-<br />
Unternehmen werden so für die Großen zu interessanten, ja<br />
lebenswichtigen Partnern. Dabei geht es vielen nicht um eine<br />
Übernahme; vielmehr wurde verstanden, dass Innovation im Kleinen<br />
besser gedeiht. Das Partnermanagement gewinnt daher immer mehr<br />
an Bedeutung.<br />
Die optionalen Geschäftsmodelle reichen entlang <strong>der</strong> gesamten<br />
Wertschöpfungskette – von komplett eigenständiger Entwicklung<br />
über Auslizenzierung nach erfolgreich abgeschlossenen Phasen <strong>der</strong> Zulassung bis hin<br />
zum Co-Development und später Co-Marketing. Dass diese Modelle funktionieren,<br />
belegen eine Vielzahl von Allianzen zwischen Big Pharma und Biotech. Mittlerweile sind<br />
einige Biotechs sogar in <strong>der</strong> Lage, ihrerseits Allianzen aktiv voranzutreiben – aus <strong>der</strong><br />
Position <strong>der</strong> Stärke heraus.<br />
Schließlich sind finanzielle Ressourcen und Zeit die Schlüssel zum Erfolg für kleine und<br />
mittlere Biotech-Unternehmen. Gleichzeitig brauchen Mittelständler und Großunternehmen<br />
mehr Innovationen als sie selbst generieren können. Hier liegt die Chance<br />
für beide Seiten. Biotechfirmen durchlaufen typischerweise drei Phasen: von <strong>der</strong> Phase<br />
<strong>der</strong> Auslizenzierung, über die eigenständige Zulassung bis zum Einlizenzieren neuer<br />
Produkte. Heute sind potentielle Partner weniger VCs als vielmehr strategische Partner<br />
mit entsprechendem Know-how und langfristigem strategischem Ansatz gefragt. Dies<br />
setzt (auf dieser Seite) idealerweise eine eigene, oftmals neu gegründete Biotech-<br />
Division voraus. Denn Partnermanagement funktioniert nur über entsprechende<br />
Schnittstellen, mit engagierten Fachleuten auf beiden Seiten.<br />
www.fresenius-biotech.de<br />
74 K RÄFTE DER E VOLUTION – DEUTSCHER B IOTECHNOLOGIE-REPORT 2005