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Kräfte der Evolution - Ernst & Young

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G ESCHÄFTS- UND KOMMERZIALISIERUNGSSTRATEGIEN<br />

Dr. Claus Kremoser, CEO, und Thomas Hoffmann, CFO<br />

PheneX Pharmaceuticals AG, Heidelberg<br />

Wir brauchen „early stage“-Biotechs in Deutschland,<br />

jetzt und in Zukunft!<br />

Die PheneX AG ist ein Management-Buy-out aus <strong>der</strong> ehemaligen Wirkstoffforschung <strong>der</strong><br />

LION bioscience AG mit privaten Mitteln. Einer <strong>der</strong> Hauptgründe für unseren Erfolg liegt<br />

darin, dass wir aufgrund <strong>der</strong> fehlenden Risikokapitalfinanzierung gezwungen waren, von<br />

Anfang an Umsatz zu erzeugen, um das gute Dutzend an Mitarbeitern halten zu können,<br />

mit dem wir angefangen hatten. Unser Ziel war es aber immer, Wirkstoffforschung an<br />

eigenen, patentgeschützten Molekülen mit Hilfe unserer SNuRM-Technologieplattform<br />

zu betreiben. Die SNuRM-Technologie erlaubt es, in biochemischen und Zellkulturassays<br />

Marker für den therapeutischen Index von Wirkstoffkandidaten zu identifizieren, die an<br />

nukleären Rezeptoren angreifen. Die Forscher <strong>der</strong> F. Hoffmann La-Roche in Basel fanden<br />

diesen Ansatz sehr interessant und waren bereit, in einer Pilotstudie diese Technologie<br />

zu testen. Nach einem Jahr<br />

übernahmen sie eine nicht-exklusive<br />

Kopie dieser Forschungsplattform.<br />

Damit war das Eis gebrochen und<br />

mittlerweile zählen wir zehn namhafte<br />

Pharma- und Biotechfirmen aus<br />

Europa, den USA und Japan zu unseren<br />

Kunden und wurden dadurch bereits<br />

im ersten Geschäftsjahr 2003 und<br />

auch in 2004 eine profitable Firma.<br />

Es ist bezeichnend für den Zustand<br />

<strong>der</strong> deutschen Venture-Capital-Szene,<br />

dass allein diese Validierung unserer Technologie durch den Markt nicht ausreichte, um<br />

uns eine nachhaltige Finanzierung für eigene Drug-Discovery-Projekte zu gewähren. In<br />

Zeiten, in denen führende Venture Partner öffentlich bekennen, dass Deutschland auch<br />

einige Jahre ohne Start-ups auskommen kann, legt sich <strong>der</strong> Fokus <strong>der</strong> VC-Investments<br />

auf late stage, also vermeintlich marktnahe Produktentwicklungen ab Phase II aufwärts.<br />

Das Geld fließt nicht in die besten Firmen, son<strong>der</strong>n in die, die bereits am weitesten<br />

finanziert wurden. Dieses „survival of the fattest“ hat aus unserer Sicht verhängnisvolle<br />

Konsequenzen: Nicht innovative neue Therapieansätze werden gewürdigt, son<strong>der</strong>n allein<br />

die Marktnähe o<strong>der</strong> ehrlicherweise die Exitnähe.<br />

Das verhin<strong>der</strong>t den organischen Aufbau einer Biotech-Industrie, in <strong>der</strong> Start-ups in A-<br />

Runden zu niedrigen Bewertungen finanziert werden, dann sukzessive in Personal- und<br />

Finanzierungsvolumina wachsen, eventuell zu größeren Einheiten fusionieren und<br />

schließlich durch IPO o<strong>der</strong> Pharma-Akquisition zum Exit kommen. In Deutschland fehlt<br />

<strong>der</strong>zeit u. a. die Möglichkeit <strong>der</strong> „fairen Stabübergabe“, also dass Frühphaseninvestoren<br />

nicht durch aberwitzige Liquidationspräferenzen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Formen <strong>der</strong> Ausdünnung<br />

von den Investoren <strong>der</strong> letzten Runde herausgequetscht werden, son<strong>der</strong>n beim Exit noch<br />

einen fairen Anteil für ihre Risikobereitschaft erhalten.<br />

Nachdem wir in Gesprächen mit zahlreichen VCs zu <strong>der</strong> Erkenntnis gelangt waren, dass<br />

diese uns momentan nicht helfen werden können, haben wir uns um alternative<br />

Finanzierungsformen bemüht. Das ist mittlerweile erfolgreich abgeschlossen und wir<br />

sind froh, Investoren gefunden zu haben, die an uns genau das würdigen, was wir auch als<br />

sinnvoll und zukunftsweisend erachten:<br />

• Langfristiges Denken: Entwicklung innovativer Therapien für Nischenindikationen<br />

(klinische Entwicklung erheblich günstiger und einfacher) mit einem hohen<br />

medizinischen Bedarf; Option zur Fusion o<strong>der</strong> Kooperation mit Firmen, die auf dem<br />

gleichen Gebiet arbeiten.<br />

• Schlanke und „semi-virtuelle“ Organisation: Konzentration auf spezielle, im eigenen<br />

Labor durchgeführte SNuRM-Assays, bei denen ein Vorsprung zur Konkurrenz vorliegt;<br />

zur Kosteneinsparung Outsourcing wesentlicher Teile <strong>der</strong> chemischen Optimierung<br />

und <strong>der</strong> Tierversuche; Aufbau eines Netzes aus kompetenten, wissenschaftlichen<br />

Beratern, die „hands on“ mit den Wissenschaftlern im Labor zusammenarbeiten.<br />

• Umsatzgenerierung durch Kooperationen<br />

und Service-Geschäft: Schonung<br />

<strong>der</strong> eigenen Mittel; Zwang zu<br />

sehr diszipliniertem Arbeiten; Einblick<br />

in die Arbeitsweise gleich<br />

mehrerer großer Pharmaunternehmen,<br />

die auf dem gleichen<br />

Gebiet tätig sind.<br />

Wahrscheinlich kann man das US<br />

amerikanische Standard-Erfolgsmodell<br />

für Biotechs nicht so ohne<br />

weiteres auf deutsche Verhältnisse<br />

übertragen. Deutsche VC-Investoren haben einfach nicht die tiefen Taschen ihrer US-<br />

Pendants, die teilweise bereit sind, dreistellige Millionenbeträge in vorbörsliche Unternehmen<br />

fließen zu lassen. Deswegen müssen wir hier in Deutschland in guter, alter<br />

Tradition einen soli<strong>der</strong>en Weg beschreiten, in dem man kosteneffizient, durch Umsatzgeschäft<br />

flankiert, nach und nach eine Forschungsplattform aufbaut, die letztlich auch<br />

Produktentwicklungen und Marktzulassungen hervorbringen kann.<br />

Vor allem aber brauchen wir auch wie<strong>der</strong> Unternehmensgründungen, denn die<br />

Daseinsberechtigung einer Biotech-Industrie besteht nicht darin, dass man nur Moleküle<br />

einlizenziert und irgendwie in die Phase III o<strong>der</strong> zur Zulassung bringt, um damit an die<br />

Börse o<strong>der</strong> zu einem an<strong>der</strong>en Exit zu gelangen. Die Berechtigung von eigenständigen<br />

Biotechs besteht darin, dass sie neue Therapien hervorbringen für Krankheiten, die Big<br />

Pharma als zu kleine Märkte betrachtet, o<strong>der</strong> darin, dass sie Big Pharma mit innovativen<br />

Therapieansätzen für die großen Indikationen versorgt. Darauf sollten wir hinarbeiten,<br />

und zwar durchaus nach unseren eigenen Vorstellungen, und uns nicht zu sehr von<br />

Vorbil<strong>der</strong>n leiten lassen, die wir nur schlecht kopieren können.<br />

www.phenex-pharma.com<br />

68 K RÄFTE DER E VOLUTION – DEUTSCHER B IOTECHNOLOGIE-REPORT 2005

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