Kräfte der Evolution - Ernst & Young
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G ESCHÄFTSFELDER, TECHNOLOGIEN UND P RODUKTE<br />
Ein weiterer Kritikpunkt sind die aus technischen Gründen in<br />
die Pflanze übertragenen Markergene (Antibiotika- und Herbizidresistenzgene).<br />
Diese werden zum Nachweis einer erfolgreichen<br />
Transformation benötigt, könnten aber unter Umständen<br />
an an<strong>der</strong>e Organismen in <strong>der</strong> Natur weitergegeben werden.<br />
Diese Probleme können zukünftig durch neuartige Marker<br />
umgangen werden, etwa indem das Markergen nach erfolgter<br />
Selektion in <strong>der</strong> Pflanze selbst ausgeschnitten wird (Cre-Lox-<br />
System). Einen neuen Weg beschreibt die deutsche Firma Icon<br />
Genetics für die Plastidentransformation: Das Transgen wird im<br />
Austausch gegen eine Antibiotikaresistenz<br />
einer bereits<br />
transgenen Tabaklinie eingebracht.<br />
In 2004 wurde auch ein alternatives<br />
Markersystem, basierend<br />
auf einem Gen, welches<br />
die zu selektierenden Keimlinge<br />
in Gegenwart bestimmter<br />
Aminosäuren entwe<strong>der</strong><br />
wachsen lässt o<strong>der</strong> nicht,<br />
vorgestellt.<br />
Auch Alternativen zur Agrobakterien-Transformation<br />
wurden in 2004 präsentiert:<br />
Die Gene zur Pflanzeninfektion<br />
wurden von australischen<br />
Internationale Entwicklung neuartiger Eigenschaften<br />
(Forschung und Industrie; Auszug)<br />
Wissenschaftlern in drei weitere Bakterien transferiert, die<br />
somit auch Pflanzenzellen transformieren können. Die Ergebnisse<br />
wurden im Rahmen einer patentfreien Nutzung (Open<br />
Source) auf einer offenen Plattform zur freien Verwendung zur<br />
Verfügung gestellt („Biological Innovation for Open Society“,<br />
www.bios.net). Dort sollen in Zukunft weitere biotechnologische<br />
Werkzeuge gesammelt und veröffentlicht werden.<br />
Transgene Bäume sind erst seit kurzem Ziel intensiverer<br />
Forschung. Die Industrie erhofft sich schneller wachsende Biomasse<br />
und Bäume mit verän<strong>der</strong>ter Holzzusammensetzung<br />
(Ligninanteil) zur verbesserten Weiterverarbeitung. Einige<br />
Län<strong>der</strong> wie China schaffen hier bereits durch Anpflanzungen<br />
Fakten, und etwa fünf Firmen weltweit haben sich auf transgene<br />
Bäume spezialisiert.<br />
• Pilz-, Virus- und Nematodenresistenz<br />
• Stärke-, Fettsäuren-, Zucker- und Proteinzusammensetzung;<br />
langkettige Fettsäuren in transgenen Pflanzen<br />
• Rekombinante Proteinproduktion<br />
• Herstellung wertvoller Metabolite (Erhöhte Chlorogensäureproduktion<br />
in Tomaten, „Golden Rice 2“)<br />
• Erhöhte Haltbarkeit<br />
• Entfernung von Allergenen<br />
• Salz-, Trocken- und Kältetoleranz (Kältetolerantere<br />
Maispflanzen durch ein Tabakgen)<br />
• Wachstum und Ertrag<br />
• Entgiftung kontaminierter Böden<br />
• Verän<strong>der</strong>ung von Farbe und Geschmack<br />
Neben den dominierenden Linien mit Herbizid- und Insektenresistenz<br />
werden zukünftig gv-Pflanzen <strong>der</strong> so genannten 2. und<br />
3. Generation den Markt erreichen. Diese Pflanzen werden<br />
nicht nur für die Nahrungsmittelindustrie interessant sein, son<strong>der</strong>n<br />
werden viele Anwendungen von Nischenprodukten bis zur<br />
alternativen Quelle für Feinchemikalien finden.<br />
Die Forschung in Deutschland wird hauptsächlich durch<br />
BMBF-Programme geför<strong>der</strong>t. GABI (Genomanalyse im biologischen<br />
System Pflanze) wird beispielsweise mit circa 10<br />
Mio. € pro Jahr unterstützt,<br />
und zunehmend in europäische<br />
Kooperationen (z. Z.<br />
Frankreich und Spanien)<br />
eingebunden.<br />
Aus dem Programm<br />
„NAPUS 2000 – gesunde<br />
Lebensmittel aus transgener<br />
Rapssaat“ ging im letzten<br />
Jahr am Leibniz-Institut für<br />
Pflanzenbiochemie (IPB) in<br />
Halle gv-Raps mit reduziertem<br />
Bitterstoffgehalt hervor;<br />
damit könnte Raps eine<br />
alternative Futterpflanze darstellen.<br />
Die australische Firma<br />
Florigene, Teil des japanischen Getränkeherstellers Suntory,<br />
kündigte 2004 die Entwicklung <strong>der</strong> ersten blau-violetten Rosen<br />
an. Dabei wurde ein Stiefmütterchen-Gen in Rosen übertragen.<br />
Transgene, violette Nelken (mit einem Petunien-Gen) werden<br />
von <strong>der</strong> Firma bereits seit einigen Jahren vermarktet, mittlerweile<br />
auch in Deutschland. In Asien, beson<strong>der</strong>s auch in China<br />
und Taiwan, gibt es verstärkte Bemühungen, Zierpflanzen mit<br />
neuen Farbkompositionen zu erzeugen.<br />
Mitte Januar diesen Jahres hat sich nach drei Verhandlungsrunden<br />
im Bundeskanzleramt das Verbraucherministerium mit<br />
dem Bundesforschungs- und Bundeswirtschaftsministerium auf<br />
gemeinsame Eckpunkte für ein novelliertes Gentechnik-Gesetz<br />
geeinigt. Das Gesetz wurde Mitte Februar beschlossen und<br />
damit die Freisetzungsrichtlinie <strong>der</strong> EU zu transgenen Pflanzen<br />
umgesetzt. Geregelt werden vor allem die Risikobewertung, das<br />
Risikomanagement, die Kennzeichnung und die Überwachung<br />
von gentechnisch verän<strong>der</strong>ten Organismen.<br />
54 K RÄFTE DER E VOLUTION – DEUTSCHER B IOTECHNOLOGIE-REPORT 2005