Kräfte der Evolution - Ernst & Young
Kräfte der Evolution - Ernst & Young
Kräfte der Evolution - Ernst & Young
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
G ESCHÄFTSFELDER, TECHNOLOGIEN UND P RODUKTE<br />
Dr. Rainer Wessel, CEO und Dr. Özlem Türeci, CSO<br />
Ganymed Pharmaceuticals AG, Mainz<br />
Renaissance <strong>der</strong> Targets –<br />
Antizyklizität verspricht langfristig höhere Werte<br />
Der Genomics- und Proteomics-Boom <strong>der</strong> späten 90er-Jahre („Genome Land Grab“),<br />
<strong>der</strong> seinen Höhepunkt im Millennium-/Bayer-Deal von 1998 fand, verleitete zu <strong>der</strong><br />
Annahme, dass die Pipelines mit genügend, wenn nicht gar zu vielen Drug-Targets gefüllt<br />
sind und nun in erster Linie Bedarf für neue Verfahren zur Erzeugung von<br />
therapeutischen Wirkstoffen gegen diese Targets bestünde. Die Konsequenz bei den<br />
großen Pharmaunternehmen als auch bei vielen Biotechfirmen war die verstärkte<br />
Hinwendung zu neuen Discovery-Ansätzen auf <strong>der</strong> Basis automatisierter „Assay-<br />
Straßen“ von welchen mittels kombinatorischer Chemie ein Quantensprung in <strong>der</strong><br />
Generation neuer INDs erhofft wurde. Hauptschwerpunkt waren nach wie vor nie<strong>der</strong>molekulare<br />
Wirkstoffe zur Adressierung<br />
großer homogener Blockbustermärkte.<br />
Lei<strong>der</strong> blieben die erhofften Ergebnisse<br />
weit hinter den Erwartungen<br />
zurück. Denn die rein quantitative<br />
Erhöhung ungenügend charakterisierter<br />
Targets als auch neuer chemischer<br />
Grundstoffe hat sich als Irrweg<br />
herausgestellt. Zum einen generierten<br />
die kombinatorischen Ansätze nicht in<br />
ausreichen<strong>der</strong> Zahl nie<strong>der</strong>molekulare<br />
Wirkstoffe mit geeigneten pharmakophoren Eigenschaften. Zum an<strong>der</strong>en „wurde<br />
unterschätzt, dass das Wechselspiel zwischen den Genen und sich von diesen<br />
ableitenden Produkten ungeheuer komplex ist“, wie die Financial Times Deutschland<br />
2003 kommentierte. Die Vielfalt <strong>der</strong> aus jedem einzelnen dieser Gene sich ableitenden<br />
Genprodukte und biochemischen Varianten, ihre Verteilung in gesunden und erkrankten<br />
menschlichen Geweben, ihre Bedeutung für die Biologie von verschiedenen Zelltypen,<br />
und nicht zuletzt auch ihre tatsächliche Nutzbarkeit im Krankheitskontext, stellen<br />
weitere Komplexitätsebenen dar.<br />
In den meisten Fällen beschränkte sich jedoch die Erforschung <strong>der</strong> Targets auf<br />
molekularbiologische Betrachtungen in klinisch wenig relevanten Systemen. Der<br />
Verteilung des Targets im menschlichen Körper wurde dabei immer erst sehr spät und<br />
nicht umfassend genug Aufmerksamkeit geschenkt. Zusätzlich wurde <strong>der</strong> Analyse <strong>der</strong><br />
Off-Target-Aktivität eines identifizierten Wirkstoffes meist ein zu geringes Interesse<br />
entgegengebracht.<br />
Die meisten Pharmafirmen haben aus diesen Lehren Konsequenzen gezogen und legen<br />
heute bereits in <strong>der</strong> frühen Target-Discovery klinische und präklinische Kriterien an, um<br />
spätere hohe Investitionen in <strong>der</strong> Wirkstofffindung, Präklinik und Klinik möglichst<br />
frühzeitig abzusichern. Im Lichte dieser Erkenntnisse <strong>der</strong> letzten Jahre, und im Zuge<br />
einer verstärkten Hinwendung <strong>der</strong> meisten Pharmafirmen hin zu biologischen<br />
Wirkstoffen, insbeson<strong>der</strong>e Antikörpern, beobachten wir eine Trendwende hin zu neuen<br />
gut validierten Targets. Der Bedarf wird am Beispiel <strong>der</strong> Onkologie deutlich. Die etwa 150<br />
klinischen Antikörperprojekte des Jahres 2003 gegen solide Tumoren richteten sich nur<br />
gegen 17 verschiedene Targets, von denen zudem noch ein Großteil seit langem<br />
bekannte, wenig Erfolg versprechende, klassische Antigene sind, welche nur<br />
ungenügende Spezifität für Tumoren zeigen.<br />
Im Hinblick auf diesen Bedarf wurde die Firma GANYMED Pharmaceuticals AG im Jahre<br />
2002 aus den Universitäten Mainz und Zürich gegründet mit dem Ziel, gut validierte<br />
proprietäre Targets zu identifizieren und für immuntherapeutische Ansätze zu nutzen.<br />
GANYMEDs Strategie ist es, bereits bei <strong>der</strong> Target-Discovery alle für die klinische Wirkung<br />
einer Substanz relevanten Parameter zu berücksichtigen. Diese gezielte Selektion<br />
erlaubt es, Targetkandidaten umfassend molekular, funktionell und immunhistochemisch<br />
zu charakterisieren und bezüglich<br />
ihrer Drugability zu validieren. Dies<br />
sollte zur einer erhöhten Erfolgsrate<br />
bei <strong>der</strong> Wirkstofffindung bei gleichzeitiger<br />
Reduktion <strong>der</strong> Kosten führen.<br />
Die Gründung <strong>der</strong> Ganymed fiel genau<br />
in den Abschwung <strong>der</strong> Biotechindustrie<br />
in <strong>der</strong> Folge des „Bubble-<br />
Jahres“ 2000, welches in <strong>der</strong> VC-<br />
Industrie, bedingt durch die immensen<br />
Wertberichtigungen, zu einer extrem<br />
kurzsichtigen Neuorientierung hin zu<br />
klinischen Produkten führte, um so innerhalb kurzer Zeit die nötigen Exits zu erreichen.<br />
Dies führt im Moment zu einer starken Verknappung und Verteuerung von klinischen-<br />
Phase-Produkten oft zweifelhafter Qualität und zu einer extrem erhöhten Risikobereitschaft<br />
in diesem Sektor.<br />
Viele erfolgreiche Biotechs sind jedoch auf Basis neuer Targets groß geworden, da sich<br />
in diesem Segment durch die richtige Expertise bei gleichzeitig geringen Kosten große<br />
langfristig orientierte Wertsprünge erreichen lassen. Die Kombination von geschützten,<br />
klinisch sehr gut charakterisierten Targets, mit gegen diese Targets gerichteten,<br />
geschützten monoklonalen Antikörpern stellt ein enormes Wertpotenzial dar. Denn<br />
einhergehend mit <strong>der</strong> Hinwendung zu Antikörpern wird es zu einer stärkeren Targetgetriebenen<br />
Segmentierung des Marktes kommen. Diese wird zwangsläufig dazu führen,<br />
dass vor einer therapeutischen Anwendung ein Targetnachweis durch einen diagnostischen<br />
Test erfolgen muss. Entsprechend stellen klinisch gut charakterisierte Targets<br />
die idealen Prototypen für Theragnostika dar. Das Interesse, welches wir im Moment<br />
seitens namhafter Pharma- und Biotechfirmen sehen, ist für uns <strong>der</strong> beste Beweis, dass<br />
die Renaissance <strong>der</strong> Targets in vollem Schwung ist.<br />
www.ganymed-pharmaceuticals.com<br />
32 K RÄFTE DER E VOLUTION – DEUTSCHER B IOTECHNOLOGIE-REPORT 2005