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Wer hat an der Uhr gedreht?

Wer hat an der Uhr gedreht? Sagt uns unser Kalender wirklich, in welchem Jahr wir leben? Keineswegs, meint Dr. Heribert Illig, der spätestens seit seinem Bestseller Das erfundene Mittelalter einem breiten Publikum bekannt ist. In seinem neuen Buch ist der Autor wieder dem Phänomen der fiktiven Zeit auf der Spur. Er geht zahllosen Widersprüchen und Fälschungen der Geschichtsschreibung auf den Grund und kommt zu einem so abenteuerlichen wie stichhaltigen Fazit: Fast 300 Jahre wurden nachträglich in unseren Kalender eingefügt. Karl der Große und all seine Zeitgenossen haben nie gelebt, und wir stehen gerade am Beginn des 18. Jahrhunderts n. Chr. Ein verblüffender Einblick in eine gigantische Geschichtsfälschung.

Wer hat an der Uhr gedreht? Sagt uns unser Kalender wirklich, in welchem Jahr
wir leben? Keineswegs, meint Dr. Heribert Illig, der
spätestens seit seinem Bestseller Das erfundene Mittelalter
einem breiten Publikum bekannt ist.
In seinem neuen Buch ist der Autor wieder dem
Phänomen der fiktiven Zeit auf der Spur. Er geht
zahllosen Widersprüchen und Fälschungen der Geschichtsschreibung
auf den Grund und kommt zu
einem so abenteuerlichen wie stichhaltigen Fazit:
Fast 300 Jahre wurden nachträglich in unseren Kalender
eingefügt. Karl der Große und all seine Zeitgenossen
haben nie gelebt, und wir stehen gerade am
Beginn des 18. Jahrhunderts n. Chr. Ein verblüffender
Einblick in eine gigantische Geschichtsfälschung.

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christliche Erneuerung. Für seinen Polenzug im Jahre<br />

1000 fügt Otto seinen bisherigen Titeln »Kaiser<br />

des Erdkreises« und »Kaiser <strong>der</strong> Römer«, Kopien<br />

byz<strong>an</strong>tinischer Titulaturen, die neue Bezeichnung<br />

hinzu: »Servus Jesu Christi«. Diese Titulatur wurde<br />

erstmals am 17.1.1000 eingesetzt. 334<br />

Im selben Jahr 1000 werden beide Ansprüche noch<br />

deutlicher herausgestellt. Otto läßt, wie Thietmar<br />

von Merseburg berichtet, heimlich die Gruft des<br />

ersten Kaisers in <strong>der</strong> Aachener Pfalzkapelle öffnen;<br />

er nimmt Halskreuz und Gew<strong>an</strong>dreste Karls d. Gr.<br />

<strong>an</strong> sich, Reliquien, die er nicht mehr ablegt. 335 Die<br />

Chronik von Novarese nennt weitere, eher nekrophile<br />

Details. Ihrzufolge findet Otto den unverwesten<br />

Leichnam Karls d. Gr. auf einem Thron sitzend,<br />

schneidet ihm die Fingernägel, zieht ihm einen<br />

Zahn, läßt die lädierte Nasenspitze aus Gold ergänzen<br />

und kleidet ihn mit weißen Gewän<strong>der</strong>n. 336 Diese<br />

Schil<strong>der</strong>ung lehnt sich <strong>an</strong> Suetons »Leben <strong>der</strong> Caesaren«<br />

<strong>an</strong>, <strong>der</strong>zufolge Augustus verehrend vor Alex<strong>an</strong><strong>der</strong>s<br />

Leiche und Sarkophag steht. Daß die beiden<br />

Gruften in Aachen und Alex<strong>an</strong>dria heute unauffindbar<br />

sind, war damals wohl nicht im Blickfeld.<br />

Ottos Reliquiengewinnung beh<strong>an</strong>delt – in ihrer berichteten<br />

Form – den alten Kaiser wie einen Heiligen,<br />

zu dem ihn erst Friedrich Barbarossa machen<br />

ließ, <strong>der</strong> ein letztes Mal d<strong>an</strong>k einer Vision Karls<br />

Gruft f<strong>an</strong>d. Deshalb wird heute vermutet, daß bereits<br />

Otto III. seinen großen Amtsvorgänger zur Ehre <strong>der</strong><br />

Altäre erheben wollte. Von einem realen Geschehen<br />

wird nicht mehr ausgeg<strong>an</strong>gen, 337 es geht um Kaisermacht<br />

und ihre Tradierung, weniger um Historizität.<br />

M<strong>an</strong> könnte vielleicht vermuten, daß die Schil<strong>der</strong>ung<br />

nicht aus Ottos eigener Zeit stammt, doch<br />

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