212 213FORT- UND WEITERBILDUNGSKURSE DER DGUAbb. 4 aAbb. 4 bBisher haben über 500 Teilnehmer die Kurse absolviert und durchwegpositiv evaluiert. Stellvertretend sei hier die Globalbewertung des Kurses„Von der Idee zur Publikation“ über 10 Jahre gezeigt (Abb. 1). Aus diesenKursen sind – wie erhofft – wissenschaftliche Kooperationen bis hin zu einerDFG-Forschergruppe („Mechanismen der Frakturheilung und Knochenregenerationbei Osteoporose“) entstanden. Letztlich geht auch die Gründungdes Netzwerkes Experimentelle <strong>Unfallchirurgie</strong> (N.E.U.) der DGU auf dieseKurse und ihre Leiter zurück.Die Erfolgsgeschichte ATLS ®Bereits Ende der 90er Jahre wurde in der AG Notfallmedizin der DGUunter Leitung von J. Sturm diskutiert, ob die DGU nicht Kurse zum Schockraummanagementbei Schwerverletzten durchführen solle. Hintergrundwar, dass sich die AG intensiv mit Algorithmen und deren Umsetzung in derAkutversorgung beschäftigte, indem erste Analysen von potentiellen Fehlernim Schockraum zeigten, dass rund 60% der Fehler im Bereich des Managementszu finden waren. Einige Mitglieder der AG hatten bereits imAusland ATLS ® Kurse absolviert und berichteten begeistert von dem didaktischenKonzept. Andere waren eher skeptisch, ob dieses ausländischeFormat auf die deutschen Bedingungen zu übertragen sei. Letztlich warenes vor allem der klare prioritätenorientierte Ablauf, das didaktische Konzept,die Interdisziplinarität und Internationalität sowie die Option, bei den regelmäßigenÜberarbeitungen der Kursinhalte andere Erkenntnisse aus Deutschlandeinzubringen und damit in der Welt zu verbreiten, die das Projekt„ATLS ® Deutschland“ auf den Weg brachten.Der Vorstand der DGU stimmte dem Projekt zu und stellte die notwendigenfinanziellen Mittel zur Verfügung. Damit konnte die DGU die Lizenzfür ATLS vom American College of Surgeons (ACS) erwerben und so nachintensiven Vorbereitungen den ersten ATLS ® Kurs in Deutschland 2003unter US-amerikanischer und niederländischer Beteiligung starten. Seitdemwurden in Deutschland in mehr <strong>als</strong> 160 ATLS ® Kursen 2400 Teilnehmererfolgreich ausgebildet. Ursprünglich entstand das Konzept aus einempersönlichen Schicks<strong>als</strong>schlag: 1976 waren der Chirurg Dr. James Stynerund seine Familie beim Absturz seines Kleinflugzeuges in Nebraska (USA)schwer verletzt worden. Seine Frau starb noch an der Unfallstelle. DieErstversorgung, die er und seine Familie in der nächsten Klinik erhielten,war aus seiner Sicht vollkommen inadäquat. Nach 2 Jahren intensiverEntwicklungsarbeit stand das Advanced Trauma Life Support (ATLS ® )Kursformat <strong>als</strong> erstes systematisches Trainingsprogramm für ein frühesklinisches Traumamanagement. Bereits 1980 übernahm das AmericanCollege of Surgeons (ACS) das Kurskonzept und entwickelte es weiter.30 Jahre danach ist dieser Kurs weltweit ein Eckpfeiler der modernen
214 215FORT- UND WEITERBILDUNGSKURSE DER DGUUnfallversorgung. Mehr <strong>als</strong> 1.000.000 Ärzte in 52 Ländern wurden nachdiesem Konzept geschult.Der ATLS ® Anwenderkurs richtet sich interdisziplinär an alle Ärzte, die ander akuten klinischen Versorgung von Traumapatienten beteiligt sind. DieInhalte sind auf Ärzte der Grund- und Regelversorgung ebenso abgestimmtwie auf ärztliche Mitarbeiter aus Kliniken der Schwerpunkt- und der Maximalversorgung.Die Teilnehmerzahl ist pro Kurs auf 16 Ärzte limitiert, dieAnzahl der speziell zertifizierten Instruktoren beträgt mindestens 5. AlleIstruktoren werden in speziellen „teach the teacher“ Kursen systematischausgebildet und werden kontinuierlich evaluiert.ATLS ® lehrt ein standardisiertes, prioritätenorientiertes Schockraummanagementvon Traumapatienten. Ziele sind die schnelle und genaue Einschätzungdes Zustandes des Traumapatienten, die prioritätenorientierteBehandlung „treat first, what kills first“ und die Entscheidung, ob dieeigenen Ressourcen zur Behandlung des Patienten ausreichen oder besserein Transfer des Patienten erfolgt. Über allem steht der Gedanke Sekundärschädenzu vermeiden, die Zeit nicht aus den Augen zu verlieren undeine gleichbleibende Qualität der Versorgung zu sichern. Der Kurs vermittelthierzu systematisches Wissen, Techniken, Fertigkeiten und Verhalten inDiagnostik und Therapie. Neben der Vermittlung von theoretischem Wissenund praktischen Fertigkeiten ist vor allem das pädagogische Konzept desproblemorientierten Lernens innovativ. ATLS ® legt den Schwerpunkt auf denTransfer des vermittelten Wissens in konkrete Handlungsabläufe am Patienten.In einer Zeit von „high tech medicine“ führt ATLS ® den Teilnehmerzunächst wieder an eine sorgfältige klinische Untersuchung mit prioritätenorientiertendiagnostischen und therapeutischen Konsequenzen zurück. Eswerden klare Handlungsabläufe fast nach „Drillcode“ geübt und die Wichtigkeiteiner permanenten Reevaluation des klinischen Zustandes betont.Dabei werden die 5 <strong>Buch</strong>staben A, B, C, D, E immer wieder für Checklistennicht nur zur Beurteilung der Vitalfunktionen, sondern auch zur Evaluationvon Röntgenbildern und Verletzungsmustern genutzt. Diese 5 <strong>Buch</strong>stabenwerden im Verlauf des Kurses zur Grundlage einer gemeinsamen Sprache,die alle Beteiligten im Schockraum sofort verstehen. ATLS ® lehrt den Teilnehmerlaut zu denken, um Denkabläufe transparent zu machen und ermöglichtso den Instruktoren frühzeitig modulierend einzugreifen. Die ATLS ® Inhaltewerden regelmäßig von einem internationalen Gremium überarbeitetund dem neuen medizinischen Wissen angepasst. Bisher ist das ATLS ® Konzeptnicht evidenzbasiert. Es wird daher ausdrücklich betont, dass ATLS ® einensicheren Weg für die frühe klinische Versorgung von Polytraumen darstellt,aber nicht der einzige ist.Ein neues „Baby“ ... DSTCMitglieder der Sektion NIS (Notfall-, Intensiv- und Schwerverletztenversorgung)widmeten sich dem Problem, dass die persönliche Erfahrung mit deroperativen Versorgung von Abdominal- und Thoraxverletzungen in Deutschlandimmer mehr abnimmt. Selbst in großen Traumazentren in Deutschlandliegt nach Analysen des Traumaregisters die jährliche Zahl der Trauma-Laparotomien bei nur 8-10. Bei 5 Oberärzten einer Klinik bedeutet dies fürjeden 1-2 Trauma-Laparotomien pro Jahr. Wie <strong>als</strong>o kann man die notwendigenTechniken insbesondere des Konzeptes „damage control“ trainieren undvertiefen?Engagierte Kollegen der International Association for Trauma and SurgicalIntensive Care (IATSIC) haben dafür einen DSTCTM-Kurs (DefinitiveSurgical Trauma Care) konzipiert, der seinen Fokus auf die operativeErstbehandlung lebensbedrohlicher Höhlenverletzungen legt. Der Kurslehrt sowohl chirurgische Techniken zur operativen Versorgung <strong>als</strong> auchEntscheidungsfindung im Rahmen des Schockraummanagements. Der2,5-Tage-Intensivkurs setzt sich zusammen aus interaktiven Vorlesungen,Fallbesprechungen und vielen praktischen Übungen am Kadaver und amnarkotisierten Großtiermodell. Neben deutschen Tutoren sind auch internationaleExperten aus USA, Südafrika und Europa eingebunden, die eine hoheExpertise in der chirurgischen Behandlung der akuten traumatologischenNotfälle haben. DSTC TM richtet sich an alle Fachärzte der Chirurgischen