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Das Buch als PDF - Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie

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278 279VOM ÜBERFLUSS ZUR MANGELVERWALTUNG?Auch der intraoperative Einsatz von High-Tech-Equipment wie Computernavigationoder 3-D-Bildgebung wird nicht refinanziert, obwohl erste wissenschaftlicheStudien zeigen, dass die Ergebnisqualität häufig deutlichverbessert werden kann. Diese Operationen dauern länger und verlängernauch die persönlichen Lernkurven der Operateure, was in einem ökonomisch,sehr zeitlich getaktet geführten OP-Bereich bei fehlender Refinanzierung aufAkzeptanz- und Umsetzungsprobleme stößt.Die am häufigsten mangelnde Ressource ist die gesetzlich stark reglementierteArbeitszeit. Eine Rundum-Versorgung von verunfallten Patientendurch einen sehr konstanten, individuellen Arzteinsatz ist praktisch nichtmehr möglich. Der Patient erlebt täglich wechselnde Stationsärzte. ErforderlicheZweit- und Revisionseingriffe können nicht mehr vom Erstoperateurdurchgeführt werden, da er arbeitszeitkonform nicht mehr zur Verfügungsteht und sich in der Ruhephase befindet. Dies ist durch formale Übergabe-Besprechungen analog zum Pflegedienst nicht zu kompensieren, da dieUnfallchirurgen wegen der allgemeinen Arztknappheit im Operationssaalgebunden sind. Die Übergaben finden daher zunehmend auf persönlicherEbene von Oberarzt zu Oberarzt und teilweise fernmündlich und nicht amPatienten statt. Dies behindert den Informationsfluss in der Klinik und hatnegative Einflüsse auf die Organisationsabläufe und die Organisationsverantwortungder Chefärzte. Nur durch meist freiwillig erbrachte und mehrheitlichnicht vergütete Überstunden aller ärztlichen Mitarbeiter lässt sichhier einigermaßen gegensteuern und die Organisationssicherheit und adäquatePatientenversorgung aufrecht erhalten. Die häufig <strong>als</strong> Alternativeeingeforderte schriftlich dokumentierte Patientenübergabe von Arzt zu Arztist angesichts der ohnehin bestehenden Dokumentationsflut praxisfremdund illusorisch. Sie kann die persönliche, kollegiale und kritische Falldiskussionunter Einbeziehung des Patienten selbst und seiner individuellenUmstände keinesfalls ersetzen. Weiterhin leidet unter diesen Bedingungeneiner personell und manchmal auch konzeptionell inkohärenten Patientenversorgungnicht nur die individuelle Behandlung, sondern auch das vertrauensvolleArzt-Patientenverhältnis. Auch die für die Weiterbildung sowichtige Beurteilung von Gesamtverläufen kann den Assistenzärzten unterdiesen Bedingungen nur noch schwerlich vermittelt werden. <strong>Das</strong> System„lebt und zehrt“ derzeit noch von der Erfahrung, der hohen Expertise sowiedem hohen persönlichen Einsatz älterer Kollegen, die ihre Ausbildung undBerufserfahrung unter aufwändigeren Bedingungen des Arbeitszeiteinsatzesdurchlaufen haben. Die gesellschaftliche und von ärztlicher Seite schrittweiseübernommene Priorisierung einer Work-Life-Balance und eines stechkartengeregeltenArbeitstages wird jedoch unter diesen Aspekten zukünftigauf die Patientenversorgung unweigerlich negative Einflüsse ausüben. Dieswird leider auch das Patientenvertrauen in die ärztliche Behandlung weitermindern und die Klagebereitschaft verstärken.Mangel an Vertrauen?Die beschriebenen Entwicklungen und die fortwährenden, in immer raschererFolge durchgeführten Gesundheitsreformen und Anpassungen der Rahmenbedingungenführen bei den Ärzten zu einem Mangel an Vertrauen inkalkulierbare gesundheitspolitische Entwicklungen, zukünftige Arbeitsbedingungenund Karrierechancen. Es ist wenig verwunderlich, dass dahergerade in einem körperlich und auch psychisch so anspruchsvollen Berufwie der <strong>Unfallchirurgie</strong> der Nachwuchs wegbricht.Die Patienten verlieren zudem, befeuert von der veröffentlichen Meinungin Print- und TV-Medien sowie Internet-Portalen mit Bewertungs- und vermeintlichenBestenlisten, das Vertrauen in eine breite und qualitativ hochwertigeärztliche Versorgung. Speziell die Orthopädie und <strong>Unfallchirurgie</strong>stehen hier unter Generalverdacht, da durch relativ einfache radiologischeDokumentationen Vorwürfe vermeintlicher Behandlungsfehler besonderseinfach zu erheben sind. Ohne gegenseitiges Vertrauen und eine guteZusammenarbeit zwischen Arzt und Patient ist ein Behandlungserfolgjedoch unsicher. Die Behandlungsdurchführung bereitet dem Arzt dannwenig Freude, wenn er bereits bei Behandlungsbeginn geistige „Abwehrschlachten“gegen potentielle juristische Vorwürfe führen muss. Ebensowird der Versuch der Kostenträger, bestimmte Patientendiagnosen

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