Rechtsextremismus im Wandel Forum Berlin - Bibliothek der ...
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erhielten. Nach <strong>der</strong> Maueröffnung <strong>im</strong> November 1989 kamen die einsitzenden<br />
Rechtsextre misten infolge von Amnestien und auslaufenden Haftstrafen rasch<br />
frei und nutzten ihre „Akademie“-Erfahrungen be<strong>im</strong> Aufbau rechtsextremistischer<br />
Organisationen. Insoweit konnte <strong>der</strong> Neonazismus in <strong>der</strong> Nach-Wende-<br />
DDR durchaus auf alte Strukturen zurückgreifen.<br />
Zwei Etappen des gesamtdeutschen <strong>Rechtsextremismus</strong><br />
Die erste Etappe reicht bis Ende <strong>der</strong> neunziger Jahre, wobei <strong>der</strong> Übergang<br />
zur zweiten Etappe fließend und daher nicht exakt terminierbar ist. Er ist zum<br />
einen durch die Gewichtsverlagerung von West nach Ost bei den rechtsextremistischen<br />
Einstellungen, be<strong>im</strong> Wahlverhalten und be<strong>im</strong> Organisationsgrad<br />
gekennzeichnet, zum an<strong>der</strong>en durch einen politisch-programmatischen und<br />
strategischen <strong>Wandel</strong> des <strong>Rechtsextremismus</strong>. Diese Entwicklungen deuteten<br />
sich bereits in <strong>der</strong> zweiten Hälfte <strong>der</strong> neunziger Jahre an, wurden aber erst<br />
nach <strong>der</strong> Jahrtausendwende voll wirksam.<br />
Dass <strong>der</strong> <strong>Rechtsextremismus</strong> in Ostdeutschland deutlich mehr Zuspruch als in<br />
Westdeutschland gewann, lag auch an <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung des dortigen Meinungskl<strong>im</strong>as.<br />
Zunächst herrschte eine durch Wirtschaftswachstum, nachholenden<br />
Konsum und Zukunftsopt<strong>im</strong>ismus geprägte euphorische St<strong>im</strong>mung<br />
vor. Seit 1992/93 verlangsamte sich allerdings das Tempo des Angleichungsprozesses<br />
an die Verhältnisse <strong>im</strong> Westen, und die Euphorie wich einer realistischeren<br />
Beurteilung <strong>der</strong> Lage. Ab 1995 verschlechterte sich die St<strong>im</strong>mung<br />
zusehends. Das Ausbleiben eines selbsttragenden Auf schwungs, die Deindustrialisierung<br />
und die Massenarbeitslosigkeit begüns tigten die Entstehung von<br />
„ostalgischen“ Sichtweisen und antiwestlichen Haltungen. Politik- und Systemverdrossenheit<br />
breiteten sich aus, und rechts extremistische Angebote fanden<br />
nun mehr Zuspruch als <strong>im</strong> Westen.<br />
Die gesellschaftlich-politischen Rahmenbedingungen für Erfolg und Misserfolg<br />
des <strong>Rechtsextremismus</strong> in Ostdeutschland lassen sich in fünf Komplexen<br />
zusammenfassen:<br />
p <strong>der</strong> gewünschte und bewusst herbeigeführte, in seinen konkreten sozialen<br />
und psychischen Auswirkungen auf das Individuum aber nicht absehbare<br />
Systemwechsel vom Sozialismus zum Kapitalismus, vom Stalinismus<br />
zur Demokratie;<br />
6. Organisation, Programmatik und Praxis – <strong>Rechtsextremismus</strong> <strong>im</strong> <strong>Wandel</strong> 109