Rechtsextremismus im Wandel Forum Berlin - Bibliothek der ...
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otsverfahrens, son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong> Beschluss <strong>der</strong> Bundesregierung, Modellprogramme<br />
gegen Extremismus und Gewalt mit zivilgesellschaftlicher Ausrichtung<br />
zu för<strong>der</strong>n 37 . Im Jahr darauf wurden zwar wie<strong>der</strong> „nur“ 10 000 Straftaten ermittelt,<br />
aber bis 2008 steigerte sich die rechtsextremistische Kr<strong>im</strong>inalität bis<br />
zu dem exorbitanten Ausmaß von 20 000 Delikten. 2009 war dann wie<strong>der</strong> ein<br />
leichter Rückgang zu verzeichnen.<br />
Der tendenzielle Anstieg rechtsextremistischer Straf- bzw. Gewalttaten seit 1982<br />
bzw. seit 1990, <strong>der</strong> sich schwerpunktmäßig in Ostdeutschland vollzog, ist auch<br />
<strong>im</strong> Zusammenhang mit <strong>der</strong> Entwicklung des <strong>Rechtsextremismus</strong> insgesamt zu<br />
betrachten. Im vorigen Kapitel haben wir dargelegt, dass <strong>der</strong> <strong>Rechtsextremismus</strong><br />
<strong>im</strong> Westen bis etwa Mitte <strong>der</strong> neunziger Jahre überwiegend durch Organisationen<br />
(Parteien, Verbände, Jugendorganisationen) geprägt und auch sonst stark<br />
institutionalisiert war (Presse, Verlage, Kongresse). Dieser hohe Institutionalisierungsgrad<br />
dürfte gewalttätigen Protest weithin eingedämmt haben. Der neonazistische<br />
und subkulturelle Sektor machte in Westdeutschland und <strong>Berlin</strong> 1993<br />
gerade einmal neun Prozent des gesamten Personenpotenzials aus. Dieser Prozentsatz<br />
steigerte sich dann aber kontinuierlich bis 2009 auf 46 Prozent. Rechnet<br />
man noch die NPD-Mitglie<strong>der</strong> hinzu, dann betrug das systemfeindliche Potenzial<br />
2009 71 Prozent. Es hat also eine Anpassung an die Verhältnisse in Ostdeutschland<br />
stattgefunden.<br />
Dort dominiert ein eher spontaner, schwach organisierter und ideologisch weniger<br />
fundierter, dafür aber beson<strong>der</strong>s aggressiver Protest. Der <strong>Rechtsextremismus</strong><br />
in den neuen Län<strong>der</strong>n ist in erster Linie subkultureller Natur und stark bewegungsförmig<br />
ausgerichtet (Skinheads, Hooligans, Faschos, Kameradschaften, Jugendcliquen).<br />
Bereits 1993 machten neonazistische Gruppierungen und subkulturelle Milieus<br />
36 Prozent des rechtsextremistischen Personenpotenzials <strong>im</strong> Osten aus, 2009<br />
waren es bereits 68 Prozent. Unter Hinzurechnung <strong>der</strong> NPD-Mitglie<strong>der</strong> betrug das<br />
systemfeindliche Potenzial sogar 96 Prozent. Daher wird <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> davor gewarnt,<br />
den <strong>Rechtsextremismus</strong> <strong>im</strong> Osten nur aus <strong>der</strong> institutionellen Perspektive<br />
zu betrachten. Sie ignoriere die Verwurzelung <strong>der</strong> Subkulturen und Szenen vor<br />
Ort, <strong>der</strong>en Bedeutung sich nicht durch Mitglie<strong>der</strong>- und Wählerzahlen erschließe.<br />
In den letzten Jahren beobachten die Verfassungsschutz- und Strafverfolgungsbehörden<br />
nicht nur eine Zunahme <strong>der</strong> Delikte, son<strong>der</strong>n auch eine Brutalisie-<br />
37 Zwischen 2001 und 2006 wurden die Programme CIVITAS, ENTIMON und XENOS (etwa 4 500 Einzelprojekte)<br />
mit knapp 200 Millionen Euro geför<strong>der</strong>t.<br />
7. Protestverhalten, Subkulturen und Gewalt – <strong>Rechtsextremismus</strong> <strong>im</strong> <strong>Wandel</strong> 153