Rechtsextremismus im Wandel Forum Berlin - Bibliothek der ...
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Der neue Kurs <strong>der</strong> NPD barg allerdings auch erheblichen Konfliktstoff mit<br />
<strong>der</strong> Jugendorganisation <strong>der</strong> Partei und mit den „Freien Kräften“. Die Jungen<br />
Nationaldemokraten (JN) vollzogen auf ihrem Bundeskongress 1999 einen<br />
Generationswech sel. Nachfolger des altgedienten JN-Vorsitzenden Holger Apfel<br />
wurde <strong>der</strong> Neonazi Sascha Roßmüller, <strong>der</strong> sich in einer Kampfabst<strong>im</strong>mung<br />
gegen den ehemaligen nordrhein-westfälischen JN-Chef Ach<strong>im</strong> Ezer durchsetzen<br />
konnte. Ezer und seine Kameraden strebten eine parteiunabhängige<br />
Ka<strong>der</strong> organisation an, die gewissermaßen als politischer Arm <strong>der</strong> rechtsextremen<br />
Subkulturen und Kameradschaften fungieren sollte. Mit Roßmüller hatte<br />
sich zwar das Parteikonzept durchgesetzt, aber die Ka<strong>der</strong>-Kameraden ließen<br />
von ihren Plänen nicht ab. Daher musste <strong>im</strong> Juni 1999 beispiels weise <strong>der</strong> sächsische<br />
Landesverband <strong>der</strong> JN aufgelöst werden. Die Konflikte zwischen NPD<br />
und JN bzw. innerhalb <strong>der</strong> JN führten dazu, dass die Ju gendorganisation zunehmend<br />
an Bedeutung verlor.<br />
Unerwartete Probleme erwuchsen <strong>der</strong> NPD auch aus <strong>der</strong> 1997 beschlos senen<br />
DreifachStrategie „Kampf um die Straße“, „Kampf um die Köpfe“, „Kampf<br />
um die Parlamente“. Die in die Partei geströmten jungen Leute aus den neonazistischen<br />
Gruppierungen und Subkulturen setzten auf den „Kampf um die<br />
Straße“, waren damals aber noch selten an ideologisch-program matischen Debatten<br />
o<strong>der</strong> an Wahlkämpfen interessiert. Dass dem „Drei -Säulen-Konzept“ ein<br />
kaum lösbarer Wi<strong>der</strong>spruch innewohnt, erfuhr die NPD 1999, als sie sich an den<br />
Kommunal-, Landtags- und Europawahlen beteiligte. Dabei rechnete sie sich<br />
in einzelnen Gemeinden und auf Lan desebene gute Chancen aus. Der „Kampf<br />
um die Parlamente“ sollte daher <strong>im</strong> Vor<strong>der</strong>grund stehen. Um rechtsgerichtete<br />
Wähler/innen nicht abzuschrecken, verzichtete die NPD auf die sonst üblichen<br />
Aufmärsche und Straßenakti onen und beschränkte sich auf die üblichen Wahlkampfaktivitäten.<br />
Dies provozierte Proteste und Austritte von Jugendlichen, die<br />
aus <strong>der</strong> Skinhead-Szene und aus den Kameradschaften zur NPD gelangt waren.<br />
Der Konflikt zwischen Parteifunktionären, die auf den Zusammenhalt und den<br />
Bestand <strong>der</strong> NPD bedacht waren, und zwischen Verfechtern eines aktivistischaggressiven<br />
Autonomiekonzepts setzte sich in Sachsen und in vielen an<strong>der</strong>en<br />
Landesverbänden anlässlich des Verbotsverfahrens 30 fort. Während die Par-<br />
30 Anfang 2001 stellten Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat be<strong>im</strong> Bundesverfassungsgericht<br />
einen Antrag auf Feststellung <strong>der</strong> Verfassungswidrigkeit <strong>der</strong> NPD. Im März 2003 stellte das<br />
Gericht das Verfahren ein, weil die Verfassungsschutzbehörden unmittelbar vor und während des<br />
Verfahrens über V-Leute in den Vorständen <strong>der</strong> Partei verfügten. Dies sei mit einem rechts-staatlichen<br />
Verfahren unvereinbar.<br />
6. Organisation, Programmatik und Praxis – <strong>Rechtsextremismus</strong> <strong>im</strong> <strong>Wandel</strong> 123