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Rechtsextremismus im Wandel Forum Berlin - Bibliothek der ...

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) Nationalistisch-chauvinistische Parteien<br />

FIDESZ:<br />

Der ungarische Bund Junger Demokraten (Fiatal Demokraták Szövetsége,<br />

FIDESZ) war 1988 als liberale Partei gegründet worden, die <strong>im</strong> Laufe <strong>der</strong> Jahre<br />

jedoch <strong>im</strong>mer weiter nach rechts driftete. Ab 1993 entwickelte er sich zu einer<br />

konservativen, nationalliberalen Sammelpartei für die zersplitterte ungarische<br />

Rechte. Nach anfänglich bescheidenen Wahlergebnissen (1990 9,0 %;<br />

1994 7,0 %) wurde er 1998 mit 29,5 Prozent zweitstärkste Partei und bildete<br />

unter Ministerpräsident Viktor Orbán (seit 1993 FIDESZ-Vorsitzen<strong>der</strong>) eine Koalitionsregierung.<br />

Als diese 2002 abgewählt wurde, erfolgte eine weitere Radikalisierung<br />

des Nationalismus, die nun auch Vorbehalte gegenüber <strong>der</strong> Europäischen<br />

Union einschloss. 2003 wurde <strong>der</strong> Parteiname um „Ungarische<br />

Bürgerliche Partei“ (heute: „Ungarischer Bürgerbund“) ergänzt. 2002 und<br />

2006 schnitt FIDESZ mit jeweils rund 40 Prozent <strong>der</strong> St<strong>im</strong>men ab, musste aber<br />

auf den Oppositionsbänken Platz nehmen. Gegen Ende <strong>der</strong> Legislaturperiode<br />

stürzte die damals sozialdemokratisch geführte Regierung in eine tiefe Vertrauenskrise,<br />

die durch die Wirtschaftskrise 2008/09 noch verschärft wurde.<br />

Bei den Erdrutschwahlen 2010 erzielte FIDESZ infolge des extrem mehrheitsbildenden<br />

Wahlsystems mit 52,7 Prozent eine Zweidrittelmehrheit <strong>der</strong> Sitze.<br />

Nicht erst in diesem Wahlkampf hetzte Orbán gegen die Roma-Min<strong>der</strong>heit und<br />

versprach, dass sich eine von ihm geführte Regierung auch für die ungarische<br />

Min<strong>der</strong>heit in den Nachbarstaaten (Slowakei, Ukraine, Rumänien und Serbien)<br />

zuständig fühlen wird, um „die Schande von Trianon“ zu tilgen. Der in <strong>der</strong><br />

Bevölkerung weit verbreitete ungarische Nationalismus und die andauernden<br />

ungarisch-slowakischen Konflikte sind auf den Vertrag von Trianon (4.6.1920)<br />

zurückzuführen. Mit ihm wurde das Königreich Ungarn zerschlagen, das rund<br />

zwei Drittel seines Territoriums an Rumänien, Jugoslawien, Österreich und die<br />

Slowakei abtreten musste. Letztere ging wenig später mit Böhmen und Mähren<br />

in <strong>der</strong> Tschechoslowakei auf. Nach dem fulminanten Wahlsieg von FIDESZ<br />

2010 wurde <strong>der</strong> 4. Juni zum „Tag <strong>der</strong> nationalen Zusammengehörigkeit“ erklärt,<br />

und das ungarische Parlament än<strong>der</strong>te das Staatsbürgerschaftsgesetz.<br />

Nun erhalten alle <strong>im</strong> Ausland lebenden Ungarn, die selbst o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Vorfahren<br />

einmal die ungarische Staatsbürgerschaft besaßen, auf Wunsch einen ungarischen<br />

Pass (wenn sie die ungarische Sprache beherrschen). Dies empfanden<br />

die Nachbarstaaten als massiven Eingriff in ihre Souveränitätsrechte. Die Slowakei<br />

beispielsweise reagierte umgehend und beschloss ein Verbot von doppelten<br />

Staatsbürgerschaften: Wer die Staatsbürgerschaft eines an<strong>der</strong>en Landes<br />

ann<strong>im</strong>mt, verliert seinen slowakischen Pass. Der <strong>im</strong> Zeitverlauf verschärfte<br />

chauvinistische Nationalismus des FIDESZ gilt als wichtige Ursache dafür, dass<br />

202 <strong>Rechtsextremismus</strong> <strong>im</strong> <strong>Wandel</strong> – 9. <strong>Rechtsextremismus</strong> in Europa

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