Rechtsextremismus im Wandel Forum Berlin - Bibliothek der ...
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Öffentlichkeit, die lokalen Zeitungen und die Politiker in <strong>der</strong> ostdeutschen<br />
Provinz mit den teilweise massiven rechtsextremistischen Szenen umgehen.<br />
Die teils erschreckenden, teils skandalösen rassistischen und antisemitischen<br />
Ereignisse und die entsprechenden Reaktionen (Ver harmlosung, Vertuschung),<br />
die Schrö<strong>der</strong>s These von <strong>der</strong> „neuen Qualität des <strong>Rechtsextremismus</strong> auf dem<br />
Gebiet <strong>der</strong> alten DDR“ durchaus stützen, sollten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen,<br />
dass die Strategie des orga nisierten <strong>Rechtsextremismus</strong> nicht aufgegangen<br />
ist. Die gewaltbereiten Subkulturen existieren nicht als Ergebnis<br />
eines Plans, und sie werden auch nicht von Organisationen gesteuert. Sie gedeihen<br />
als unbeständige, labile Vergemeinschaftungen auf fruchtbarem Boden.<br />
Wolfgang Thierse hat in diesem Zusammenhang von „Zonen <strong>der</strong> Angst“ gesprochen.<br />
Gemeint sind damit Orte, die von rechtsextremistischen Cliquen<br />
kontrolliert und verteidigt werden, Orte, die durch „Demokratieentleerung“<br />
gekennzeichnet sind, Orte, wo vermeintliche o<strong>der</strong> tatsächliche Linke belästigt,<br />
eingeschüchtert o<strong>der</strong> gar bedroht werden. Orte mit rechtsextremistischer Alltagskultur<br />
finden sich vor allem in dünn besiedelten, ländlichen Regionen, die<br />
wegen mangeln<strong>der</strong> wirtschaftlicher Perspektiven durch starken Bevölkerungsrückgang<br />
gekennzeichnet sind. Die Qualifizierten o<strong>der</strong> Motivierten wan<strong>der</strong>n<br />
oft ab, zurück bleiben dann zumeist die Alten und die Frustrierten, die <strong>im</strong><br />
<strong>Rechtsextremismus</strong> Orientierung, Sinnstiftung und Anerkennung suchen und<br />
ihre Ohnmachtsgefühle aggressiv ausleben.<br />
Subkulturen unterscheiden sich von <strong>der</strong> „Mehrheitskultur“ dadurch, dass ihre<br />
Angehörigen über eigene verbindliche Normen, Werte und Stile verfügen. Sie<br />
stellen Netzwerke von Gruppen dar, die in sich sehr hetero gen und instabil sind.<br />
Der Verfassungsschutzbericht Brandenburg 1996 schrieb dazu:<br />
„Die Fluktuation in den Cliquen ist hoch. Sie zerfallen häufig, wenn<br />
dominante Personen aufgrund verän<strong>der</strong>ter persönlicher Lebensum <br />
stände – Familiengründung, Wohnortwechsel o<strong>der</strong> auch Haft – die<br />
jeweilige lokale Szene verlassen. Ebenso rasch können sich an fast<br />
beliebigen Treffpunkten (Clubs, Discos, Gaststätten, Bahnhöfen,<br />
Straßenecken) neue Cliquen bilden. Die innere Konsistenz und Iden tität<br />
<strong>der</strong> Clique ist demnach meist labil und muss <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> aufs Neue<br />
durch Aktionen bestätigt werden.“<br />
Gleichwohl können Subkulturen Institutionen und sogar Organisationen ausprägen,<br />
gezielt politische Botschaften verbreiten und systematisch Nachwuchs<br />
rekrutieren, wie sich am Beispiel <strong>der</strong> Skinheads zeigt.<br />
7. Protestverhalten, Subkulturen und Gewalt – <strong>Rechtsextremismus</strong> <strong>im</strong> <strong>Wandel</strong> 159