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Rechtsextremismus im Wandel Forum Berlin - Bibliothek der ...

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verfolgungsbehörden für den militanten <strong>Rechtsextremismus</strong> und lösten massive<br />

(auch zivilgesellschaftliche) Gegenwehr aus. Anfängliche Pannen und Pleiten <strong>im</strong><br />

Umgang <strong>der</strong> staatlichen Institutionen mit den Neonazis fanden ihren Nie<strong>der</strong>schlag<br />

in Lernprozessen, wodurch die Maßnahmen zunehmend professioneller<br />

und effektiver ausfielen. Allein zwischen 1992 und 1994 sind acht rechtsextremistische<br />

Organisationen verboten worden, danach (bis Ende 2009) weitere 23.<br />

Schon nach den ersten Verboten setzte bei den Neonazis Mitte <strong>der</strong> neunziger<br />

Jahre eine Strategiedebatte ein, die den Übergang von <strong>der</strong> ersten zur zweiten<br />

Etappe in <strong>der</strong> Entwicklung des gesamtdeutschen <strong>Rechtsextremismus</strong> markierte.<br />

Die Frage, wie man sich am besten gegen die wehrhafte Demokratie<br />

verteidigen könne, wurde mit <strong>der</strong> Parole „Or ganisation durch Desorganisation“<br />

beantwortet. „Wir müssen“, so schrie ben die HNG-Nachrichten 27 1994, „aus<br />

den alten und verkrusteten Struk turen <strong>der</strong> Szene eine Art Volksfront (ähnlich<br />

APO: alle machen mit, keiner ist verantwortlich) bilden. Wo keine erkennbare<br />

Organisation vorhanden ist, kann man diese auch nicht zerschlagen.“ Das<br />

Gegenkonzept beschreibt <strong>der</strong> Verfassungsschutzbericht des Bundes 1995 so:<br />

p „Aufbau bzw. Weiterführung unabhängiger Gruppen ohne formale<br />

Mitgliedschaft;<br />

p bundesweite Koordinierung unter Leitung anerkannter regionaler<br />

Füh rungspersonen;<br />

p Schaffung einer technischen Infrastruktur für einen effektiven Informationsaustausch<br />

(Fax­Anschlüsse, Mobiltelefone, Mailboxen, Info­Tele fone).“<br />

Die Kampagne <strong>der</strong> Hamburger Nationalen Liste (NL) gegen linke Antifa-Gruppen<br />

(„Anti-Antifa“) verlief bereits nach diesem Muster, und nun setzte auch <strong>im</strong><br />

neonazistischen Organisationswesen Schritt für Schritt eine De zentralisierung<br />

in autonome, unabhängige o<strong>der</strong> freie Kameradschaften ohne Vereinsstrukturen<br />

ein. Da viele Organisationen inzwischen verboten waren, lief diese Strategie<br />

nicht auf die Entmachtung <strong>der</strong> einflussreichen Führer hinaus (was undenkbar<br />

gewesen wäre). Vielmehr fanden sich <strong>der</strong>en Anhänger/innen nun in<br />

schwach organisierten Kleingruppen zusammen, die örtlich konspirativ agierten<br />

und nur durch informelle Kontakte ihrer lokalen Anführer miteinan<strong>der</strong> ver-<br />

27 Bei <strong>der</strong> 1979 entstandenen Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und <strong>der</strong>en Angehörige<br />

(HNG) mit <strong>der</strong>zeit etwa 600 Mitglie<strong>der</strong>n handelt es sich um die wohl größte und beständigste<br />

Neonazi-Organisation in <strong>der</strong> Bundesrepublik. Sie betreut inhaftierte Rechtsextremisten<br />

in materieller und ideeller Hinsicht.<br />

6. Organisation, Programmatik und Praxis – <strong>Rechtsextremismus</strong> <strong>im</strong> <strong>Wandel</strong> 113

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