Rechtsextremismus im Wandel Forum Berlin - Bibliothek der ...
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dem Bamberger Parteitag 2008, wo er mit überwältigen<strong>der</strong> Mehrheit in seinem<br />
Amt bestätigt wurde, hinter seinen Vertrauten Kemna und wies Rücktrittsfor<strong>der</strong>ungen<br />
zurück. Daraufhin trat das Bundesvorstands- und Präsidiumsmitglied<br />
Andreas Molau von seinen Ämtern zurück, und <strong>der</strong> Bundesvorstand beschloss<br />
wenig später, bis April 2009 einen Son<strong>der</strong>parteitag zur Neuwahl des Vorstands<br />
einzuberufen. Molau kündigte nun – offenbar mit Billigung von Apfel, Pastörs<br />
und Roßmüller – an, gegen Voigt für das Amt des Bundesvorsitzenden zu<br />
kandidieren. Dieses Vorhaben stieß vor allem bei <strong>der</strong> Neonazi-Gruppe um Rieger<br />
auf harsche Ablehnung, weil sie Molau Systemanpassung unterstellten. Er<br />
wurde sogar als „Achteljude“ diskr<strong>im</strong>iniert. Anfang 2009 verzichtete Molau<br />
mangels innerparteilicher Unterstützung auf eine Kandidatur und wechselte<br />
zur DVU, wo er Pressesprecher wurde, sich aber bereits einige Monate später<br />
für PRO Deutschland engagierte.<br />
Daraufhin entschloss sich Pastörs gegen Voigt anzutreten. Auf dem außerordentlichen<br />
Bundesparteitag <strong>im</strong> April 2009 in <strong>Berlin</strong> siegte Voigt allerdings<br />
auf ganzer Linie: Er wurde mit fast Zweidrittelmehrheit wie<strong>der</strong> gewählt und<br />
konnte den Vorstand mit seinen Anhängern besetzen. Stellvertretende Vorsitzende<br />
wurden wie bisher Schwerdt und Rieger († Oktober 2009) sowie <strong>der</strong><br />
Münchener NPD-Stadtrat Karl Richter. Apfel, Gansel, Pastörs und Roßmüller<br />
waren nicht mehr <strong>im</strong> Vorstand vertreten, <strong>der</strong> nun weithin aus neonazistischen<br />
Aktivisten bestand.<br />
(In Klammern sei an dieser Stelle angemerkt, dass es sich bei <strong>der</strong> NPD mit Blick<br />
auf den Organisationsgrad zwar um eine Ostpartei handelt, dass ihre Führung<br />
aber traditionell fast durchgängig aus West<strong>im</strong>porten besteht. Von den 17 Mitglie<strong>der</strong>n<br />
des 2009 gewählten Vorstands waren gerade einmal zwei [Jörg Hähnel<br />
und Frank Rohle<strong>der</strong>] „Ossis“. Auch bei den gerade genannten vier nicht<br />
mehr <strong>im</strong> Vorstand vertretenen Personen handelt es sich von Geburt her um<br />
Westdeutsche. Dies gilt entsprechend für Kemna und Molau. Die JN-Vorsitzenden<br />
Rochow und Schäfer stammen allerdings aus dem Osten.)<br />
Die beiden Fraktionsvorsitzenden Apfel und Pastörs proklamierten nach ihrer<br />
Nie<strong>der</strong>lage auf dem Parteitag für alle „politikfähigen nationalen Kräfte“ eine<br />
„Achse Dresden–Schwerin“. Dabei gehe es um einen „gegenwartsbezogenen<br />
und volksnahen Nationalismus, <strong>der</strong> die soziale Frage in den Mittelpunkt <strong>der</strong><br />
Programmatik“ setzt und sich von „unpolitischer Nostalgiepflege, ziellosem<br />
Verbalradikalismus und pubertärem Provokationsgehabe“ abgrenzt. Der Bundesvorstand<br />
beharrte dagegen auf einem „deutschen Weg“, auf kompromissloser<br />
Systemopposition, und lehnte Anpassungstendenzen an die bestehenden<br />
6. Organisation, Programmatik und Praxis – <strong>Rechtsextremismus</strong> <strong>im</strong> <strong>Wandel</strong> 139