Rechtsextremismus im Wandel Forum Berlin - Bibliothek der ...
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1966/67 trafen ein deutlicher konjunktureller Abschwung und tief greifende<br />
Strukturschwächen einzelner Branchen (Kohle, Eisen, Stahl, Textil) mit einem<br />
erheblichen staatlichen Finanzdefizit zusammen. Diese Probleme zu bewältigen,<br />
war die liberale Wirtschaftspolitik von CDU/CSU und FDP überfor<strong>der</strong>t.<br />
Über die Finanzkrise zerbrach die ab 1963 von Ludwig Erhard geleitete Bundesregierung,<br />
und <strong>im</strong> Dezember 1966 wurde eine Große Koalition aus CDU/<br />
CSU und SPD gebildet. Das Ende des CDU-Staats markierte das Ende <strong>der</strong><br />
Nachkriegszeit.<br />
Zwischen 1966 und 1968 fielen <strong>der</strong> NPD – nicht zuletzt wegen ihrer Kampagne<br />
gegen die entspannungsorientierte Ostpolitik – in sieben Landesparlamen ten<br />
61 Landtagssitze sowie etwa 600 Wahlämter auf kommunaler und regionaler<br />
Ebene zu. Bei <strong>der</strong> Bundestagswahl verfehlte sie dann jedoch mit 1,4 Millionen<br />
Wählern (4,3 %) knapp den Sprung in den Bundestag.<br />
Die NPD-Anhänger/innen kamen aus allen Bevölkerungsschichten. Die Männer<br />
waren mit rund zwei Dritteln deutlich überrepräsentiert. Unter den Altersgruppen<br />
dominierten die mittleren Jahrgänge. Vergleichsweise stark waren<br />
Landwirte, Selbstständige und Arbeiter vertreten. Detaillierte Analysen zeigen,<br />
dass nicht <strong>der</strong> Berufsstatus, son<strong>der</strong>n die Bindung an Wahlnormen vermittelnde<br />
Großorganisationen entscheidend für die Er folge <strong>der</strong> NPD waren: Praktizierende<br />
Christen (vor allem Katholiken) und Gewerkschaftsmitglie<strong>der</strong> bildeten<br />
kaum ein Reservoir für die Rechtsex tremisten. In Gebieten mit hohem Katholikenanteil<br />
und in Industrierevie ren mit langer Arbeitertradition war die NPD<br />
chancenlos. Dagegen neigten 14 Prozent <strong>der</strong> bindungslosen Arbeitnehmer in<br />
Großbetrieben, 19 Prozent <strong>der</strong> bindungslosen Selbstständigen und sogar 25<br />
Prozent <strong>der</strong> bindungslo sen Arbeitnehmer in Kleinbetrieben zur NPD.<br />
Speiste sich die rechtsextremistische Wählerschaft in den fünfziger Jahren pr<strong>im</strong>är<br />
aus dem Mittelstand, so war es <strong>der</strong> NPD gelungen, nun auch ein Stück<br />
weit in die Arbeiterschicht einzudringen. Gewerkschafts mitgliedschaft stellte<br />
damals aber noch eine hohe Barriere gegen die Wahl rechtsextremistischer<br />
Parteien dar.<br />
Mit <strong>der</strong> Bildung <strong>der</strong> sozialliberalen Koalition <strong>im</strong> Jahr 1969 vollzog die CDU/CSU<br />
einen deutlichen Rechtsschwenk und machte beinharte konser vative Opposition<br />
gegen die neue Ostpolitik und die Reformpläne <strong>der</strong> Bun desregierung unter<br />
Willy Brandt. Konfrontation und Polarisierung <strong>im</strong> politischen System trockneten<br />
die Wählerbasis <strong>der</strong> NPD rasch aus, bei <strong>der</strong> Bundestagswahl 1972 brachte<br />
sie es auf ganze 0,6 Prozent. Die Partei zerstritt sich über die Frage, wie dem<br />
76 <strong>Rechtsextremismus</strong> <strong>im</strong> <strong>Wandel</strong> – 5. Wahlen und Wähler/innen