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Rechtsextremismus im Wandel Forum Berlin - Bibliothek der ...

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Gaullismus. Der FN-Vorsitzende, Jean-Marie Le Pen, hatte sich nach seiner<br />

Rückkehr als Soldat <strong>im</strong> Indochinakrieg in <strong>der</strong> für kurze Zeit außerordentlich erfolgreichen<br />

Anti-Steuer-Bewegung von Pierre Pou jade engagiert, die 1956 mit<br />

52 Abgeordneten (darunter Le Pen) in die Nationalversammlung einzog. Ende<br />

<strong>der</strong> fünfziger/Anfang <strong>der</strong> sechziger Jahre beteiligte sich Le Pen an <strong>der</strong> Opposition<br />

gegen die Algerien-Politik De Gaulles und kämpfte, letztlich erfolglos,<br />

für ein „französisches Algerien“. Mit <strong>der</strong> Unabhängigkeit Algeriens geriet <strong>der</strong><br />

französische Rechtsextremis mus in eine tiefe Krise.<br />

Auch <strong>der</strong> FN blieb bei Wahlen zunächst noch erfolglos. Erst bei <strong>der</strong> Europawahl<br />

1984 gelang <strong>der</strong> Durchbruch: Die Partei zog mit zehn Depu tierten in das Europaparlament<br />

ein. Bei den Wahlen zur Nationalver sammlung 1986 erreichte <strong>der</strong> FN<br />

knapp zehn Prozent <strong>der</strong> St<strong>im</strong>men und 35 Mandate. 55 Zwei Jahre später waren es<br />

wie<strong>der</strong>um fast zehn Prozent, aber diesmal reichte es nur für ein Mandat. 1997<br />

brachte es <strong>der</strong> FN sogar auf 15 Prozent, war aber auch nur mit einem Abgeordneten<br />

in <strong>der</strong> Na tionalversammlung vertreten. Bei Regionalwahlen sah das Bild dagegen<br />

völlig an<strong>der</strong>s aus: Auf kommunaler Ebene wurden bis zu über 1 000 FN-Kandidaten<br />

gewählt, und in den Regionen kamen bis zu knapp 300 FN-Räte zum Zuge.<br />

In sozioökonomischer Hinsicht profitierte <strong>der</strong> FN von dem raschen Strukturwandel<br />

in Wirtschaft und Gesellschaft (Rückgang <strong>der</strong> Landwirt schaft und des<br />

Mittelstands, Mo<strong>der</strong>nisierung <strong>der</strong> Industrie, Binnenwan <strong>der</strong>ung und Einwan<strong>der</strong>ung,<br />

Urbanisierung und Bildung von Trabanten städten) und von den damit<br />

verbundenen Desintegrationstendenzen (so ziale Missstände, Kr<strong>im</strong>inalität,<br />

rassistische und islamistische Gewalt). In politischer Hinsicht profitierte <strong>der</strong> FN<br />

zunächst von <strong>der</strong> Unzufriedenheit mit <strong>der</strong> sozialistischen Regierungspolitik und<br />

<strong>der</strong> Integrationsschwäche des zunehmend wirtschaftsliberalen Neogaullismus,<br />

später dann von <strong>der</strong> Krise <strong>der</strong> Linksparteien.<br />

Das Programm des FN ist nationalistisch, autoritär, extrem ethnozen trisch und<br />

systemkritisch bis systemfeindlich. Es richtet sich gegen das politische Establishment<br />

und gegen die europäische Integration und pro pagiert den – nach außen<br />

und <strong>im</strong> Inneren – starken Staat. Wirtschaftspoli tisch dominierten zunächst neoliberale<br />

Konzepte. 1995 erfolgte dann – hauptsächlich wohl aus wahltak-<br />

55 In Frankreich gilt das „romanische“ Mehrheitswahlrecht (absolute Mehrheitswahl in zwei Wahlgängen).<br />

Wenn kleinere Parteien überhaupt die Bedingungen <strong>der</strong> Sperrklausel erfüllen und am<br />

entscheidenden zweiten Wahlgang teilnehmen können, sind sie (wie<strong>der</strong>um) auf die Unterstützung<br />

an<strong>der</strong>er Parteien angewiesen, um ihre Wahlkreiskandidaten durchzusetzen. Nur 1986 wurde ausnahmsweise<br />

nach dem Verhältniswahlrecht gewählt, das kleineren Parteien wesentlich bessere Erfolgschancen<br />

bietet.<br />

9. <strong>Rechtsextremismus</strong> in Europa – <strong>Rechtsextremismus</strong> <strong>im</strong> <strong>Wandel</strong> 191

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