Rechtsextremismus im Wandel Forum Berlin - Bibliothek der ...
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gelt häufig noch an konsensualen Vorstellungen hinsichtlich <strong>der</strong> nationalen<br />
Identität und an einer breiten Mittelschicht, die als sozialer Träger demokratischer<br />
Strukturen und Kulturen fungieren könnte. Be<strong>im</strong> <strong>Rechtsextremismus</strong> in<br />
Osteuropa handelt es sich um ein postkommunistisches und postsowjetisches<br />
Phänomen, das Mitte/Ende <strong>der</strong> achtziger Jahre des vergangenen Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
Bestandteil <strong>der</strong> breiten antikommunistischen Oppositionsbewegung war, sich<br />
dann teilweise organisatorisch in Parteien, Verbänden o<strong>der</strong> Subkulturen verselbständigte,<br />
teilweise aber auch in nichtextremistischen Parteien (von rechts<br />
bis links) eine He<strong>im</strong>at fand, wobei die Grenzen zwischen rechtsextremistischen<br />
und nichtextremistischen Parteien fließend sind. Der osteuropäische <strong>Rechtsextremismus</strong><br />
speist sich vor allem aus ungelösten bzw. als ungelöst empfundenen<br />
nationalen Problemen sowie aus einer – zumeist historisch bzw. kulturell<br />
fundierten – antiwestlichen Grundhaltung und wendet sich vor allem gegen<br />
Richtung, Geschwindigkeit, Akteure und Profiteure des Systemwechsels. Insofern<br />
handelt es sich durchaus um einen <strong>Rechtsextremismus</strong> „sui generis“<br />
(Minkenberg).<br />
Allerdings gerieten die Staaten Osteuropas mit dem ökonomischen Systemwechsel<br />
– <strong>der</strong> für sich genommen bereits einen epochalen Umbruch bedeutete<br />
– auch in den Sog <strong>der</strong> Globalisierung, womit die soziale Differenzierung,<br />
die Kluft zwischen Arm und Reich und die absolute Deprivation großer Teile<br />
<strong>der</strong> Bevölkerung mit Turbokraft beschleunigt wurde. Daher ist <strong>der</strong> Wunsch<br />
nach Solidarität und gesellschaftlichem Zusammenhalt weit verbreitet, und <strong>der</strong><br />
Staat wird weithin als verantwortliche Ordnungsinstanz und als maßgebliche<br />
Verteilungsagentur betrachtet. Dass unter diesen Bedingungen „nostalgische<br />
Vorstellungen von <strong>der</strong> kommunistischen Sozialordnung“ (Kostrzebski) bestehen,<br />
kann kaum verwun<strong>der</strong>n. Die soziale Basis des <strong>Rechtsextremismus</strong> besteht<br />
jedenfalls nicht nur aus Verlierern des Systemwechsels, son<strong>der</strong>n auch aus Mo<strong>der</strong>nisierungs-<br />
bzw. Globalisierungsverlierern. Daher gedeiht nationalistisches<br />
und ethnozentristisches Denken, das sich oft auch auf die Suche nach einer<br />
eigenständigen nationalen Ordnung jenseits von überwundenem Kommunismus<br />
und westlichem Kapitalismus begibt, in Osteuropa beson<strong>der</strong>s gut.<br />
Selbstverständlich handelt es sich auch be<strong>im</strong> <strong>Rechtsextremismus</strong> in Osteuropa<br />
um völkischen Nationalismus (an<strong>der</strong>enfalls wäre <strong>der</strong> Begriff <strong>Rechtsextremismus</strong><br />
für den damit bezeichneten Sachverhalt unzulässig). Ein wie<strong>der</strong> erstarken<strong>der</strong>,<br />
an historische Traditionen anknüpfen<strong>der</strong> und teilweise mit irredentistischen<br />
Einsprengseln versehener Nationalismus geht einher mit Ausgrenzung, Diskr<strong>im</strong>inierung<br />
und Hass gegenüber autochthonen Min<strong>der</strong>heiten, an<strong>der</strong>en Ethnien<br />
o<strong>der</strong> Nationen und nicht selten auch mit Antisemitismus. Es sei daran<br />
200 <strong>Rechtsextremismus</strong> <strong>im</strong> <strong>Wandel</strong> – 9. <strong>Rechtsextremismus</strong> in Europa