Jahresbericht 2010 - Aufgaben und Ergebnisse - DFG
Jahresbericht 2010 - Aufgaben und Ergebnisse - DFG
Jahresbericht 2010 - Aufgaben und Ergebnisse - DFG
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Diese Lücke will eine seit <strong>2010</strong> <strong>DFG</strong>geförderte<br />
Untersuchung an der Universität<br />
zu Köln schließen helfen,<br />
die von dem Kriminologen Frank<br />
Neubacher geleitet wird. Sie versteht<br />
Gewalt als eine zwar unerwünschte,<br />
aber häufig auftretende Begleiterscheinung<br />
des Jugendstrafvollzugs<br />
– ebenso wie den Suizid, für den Jugendliche<br />
im Allgemeinen <strong>und</strong> jugendliche<br />
Häftlinge im Besonderen<br />
eine höhere Anfälligkeit aufweisen<br />
als Erwachsene.<br />
„Gewalt gegen andere <strong>und</strong> gegen sich<br />
selbst sind mögliche Strategien, um<br />
mit dem Anpassungsdruck im Strafvollzug<br />
umzugehen“, formuliert<br />
Neubacher die zentrale Annahme<br />
der Untersuchung. Ein solcher Anpassungsprozess<br />
wird im Gr<strong>und</strong>e von<br />
allen Jugendhäftlingen durchlaufen,<br />
doch gibt es individuelle Unterschiede<br />
in den Ausgangsbedingungen sowie<br />
im Verlauf <strong>und</strong> in den <strong>Ergebnisse</strong>n<br />
des Prozesses. Warum dem so ist, will<br />
das Kölner Forschungsprojekt klären.<br />
Dazu befragen Neubacher <strong>und</strong> seine<br />
Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter inhaftierte<br />
männliche Jugendliche <strong>und</strong><br />
junge Erwachsene in drei Justizvollzugsanstalten:<br />
in Heinsberg <strong>und</strong> Herford<br />
in Nordrhein-Westfalen sowie im<br />
thüringischen Ichtershausen. An allen<br />
drei Orten werden die Inhaftierten<br />
zunächst nach ihrer bisherigen Haftdauer<br />
in Kohorten eingeteilt <strong>und</strong> im<br />
Geistes- <strong>und</strong> Sozialwissenschaften<br />
Abstand von drei Monaten zu ihrer<br />
Situation <strong>und</strong> Entwicklung hinter Gittern<br />
befragt. Tiefere Einblicke sollen in<br />
einem zweiten Schritt qualitative, problemzentrierte<br />
Interviews mit einem<br />
Teil der Häftlinge geben.<br />
Parallel dazu werden die Personalakten<br />
der Gefangenen ausgewertet, wodurch<br />
die Plausibilität <strong>und</strong> Ehrlichkeit<br />
der Interviewantworten besser bewertet<br />
werden können. Befragungen von<br />
zwei Kontrollgruppen mit Jugendlichen<br />
<strong>und</strong> jungen Erwachsenen, deren<br />
Haftstrafen zur Bewährung ausgesetzt<br />
wurden, sowie aus der allgemeinen<br />
Bevölkerung r<strong>und</strong>en die Studie ab.<br />
Bei ihrer Untersuchung werden die<br />
Kölner Wissenschaftlerinnen <strong>und</strong><br />
Wissenschaftler nicht zuletzt mit Fragen<br />
wissenschaftlicher Ethik <strong>und</strong> Arbeitsstandards<br />
konfrontiert, die auch<br />
bei anderen Forschungen zum Thema<br />
„Gewalt“ auftreten. „Die Teilnahme<br />
an der Studie ist natürlich freiwillig“,<br />
betont Neubacher. „Auch sichern<br />
wir den Teilnehmern Verschwiegenheit<br />
<strong>und</strong> die Beachtung des Datenschutzes<br />
zu, hierfür wurde eigens ein<br />
umfangreiches Datenschutzkonzept<br />
entwickelt.“ Auseinandersetzen müssen<br />
sich die beteiligten Forscherinnen<br />
<strong>und</strong> Forscher auch mit der Frage, ob<br />
sie nicht selbst, unbeabsichtigt, mit<br />
ihrer Studie die Befragten <strong>und</strong> deren<br />
Mithäftlinge in irgendeiner Form gefährden<br />
könnten.<br />
55