Schroeder - 1998 - Lehrbuch der Pflanzengeographie
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Die thermischen Vegetationszonen 111<br />
Im klimatisch günstigsten Vegetationsgebiet,<br />
den feuchten inneren Tropen, ist die Klimaxvegetation<br />
immergrüner Laubwald, <strong>der</strong> sog. Tropische<br />
Regenwald (S. 148). Diese thermische<br />
Klimax reicht vom Äquator weit in Gebiete mit<br />
erheblichen Unterschieden (bis zu 10 °C) zwischen<br />
wärmstem und kältestem Monat. Irgendwo<br />
jenseits des 20. Breitengrades (etwa bei 23°N<br />
in China, 28°N in O-Indien, 27°N in Florida,<br />
25°S in O-Australien) treten jedoch deutliche<br />
Än<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Vegetation auf. Zwar bleibt<br />
<strong>der</strong> Wald immergrün, aber seine floristische<br />
Zusammensetzung wird stark abgewandelt. Viele<br />
Familien und Gattungen erreichen ihre polare<br />
Ärealgrenze, so daß die Artenvielfalt erheblich<br />
abnimmt. An<strong>der</strong>erseits treten eine Reihe von<br />
Sippen extratropischer Verwandtschaft neu auf<br />
(einschließlich <strong>der</strong> Koniferen, die im Tropischen<br />
Regenwald weitgehend fehlen) und werden bald<br />
(mit-) dominierend. Der klimatische Hintergmnd<br />
dieses Wandels ist leicht zu finden: es ist<br />
die Isotherme <strong>der</strong> absoluten Minima von 0 °C,<br />
d. h. die Frostgrenze. Mit dem Auftreten von<br />
Frösten endet <strong>der</strong> Tropische Regenwald und wird<br />
durch extratropische (temperierte) Vegetation<br />
ersetzt. So läßt sich die T ropische Vegetationszone<br />
als das Gebiet zwischen <strong>der</strong> nördlichen<br />
und <strong>der</strong> südlichen Frostgrenze definieren.<br />
An dieser Grenze beginnt also das Klimaxgebiet<br />
<strong>der</strong> temperierten Wäl<strong>der</strong>. Es erstreckt sich<br />
bis an die polare Waldgrenze, die in Breitenlagen<br />
von etwa 55-70°N bzw. 40-55°S erreicht<br />
wird. Diese Grenze ist auf beiden Hemisphären<br />
durch die Sommerlänge bedingt: sie läuft ±<br />
parallel mit <strong>der</strong> -1-10 °C-Isotherme des wärmsten<br />
Monats. Wo das Temperaturmittel des wärmsten<br />
Monats unter diese Marke sinkt, wird die<br />
Nettoproduktion so reduziert, daß sie für den<br />
Aufbau von Bäumen nicht mehr ausreicht, und<br />
<strong>der</strong> Wald wird durch Grasland (i. w. S.) ersetzt<br />
(das an den extremsten, polnächsten Stellen in<br />
eine Kältewüste übergehen kann). Die beiden<br />
Gebiete, wo polares Grasland, die Tundra, die<br />
thermische Klimax ist, sind die Arktische und<br />
die Antarktische Vegetationszone.<br />
Der breite temperierte Waldgürtel zwischen<br />
den Tropen und den beiden Polarzonen ist noch<br />
nicht homogen. Auf <strong>der</strong> Nordhalbkugel besteht<br />
er aus 3 deutlich verschiedenen Zonen. Der südlichste,<br />
an die Tropen angrenzende Teil, mit<br />
temperiertem immergrünem Laubwald - meist<br />
als Lorbeerwald bezeichnet - als thermischer<br />
Klimax, bildet die M éridionale Vegetationszone.<br />
Weiter nördlich wird <strong>der</strong> immergrüne<br />
durch laubwerfenden Wald ersetzt, den Sommergrünen<br />
Laubwald o<strong>der</strong> Sommerwald, als<br />
thermische Klimax <strong>der</strong> N em oralen Vegetationszone.<br />
Wie <strong>der</strong> weltweite Vergleich zeigt,<br />
ist dieser Übergang - ebenso wie <strong>der</strong> von <strong>der</strong><br />
Tropischen zur Meridionalen Zone - durch die<br />
Temperaturminima bedingt: wo die Temperaturen<br />
regelmäßig unter -1 0 °C sinken, werden<br />
die Blätter <strong>der</strong> meisten Angiospermen-Bäume<br />
durch den Frost geschädigt, so daß die Vermeidungsstrategie<br />
des Laubabwurfes vorteilhafter<br />
wird. Noch weiter nördlich geht <strong>der</strong> Sommerwald<br />
schließlich in immergrünen Nadelwald, die<br />
Dunkle Taiga, über, die thermische Klimax <strong>der</strong><br />
Borealen Vegetationszone. Hier ist <strong>der</strong> Wechsel<br />
durch die Länge (bzw. Kürze) des Sommers<br />
bedingt: die Grenze liegt etwa da, wo die Zeit<br />
mit einem Temperaturmittel über -f-10 °C unter<br />
4 Monate sinkt. Von hier an ist die immergrüne<br />
Lebensform <strong>der</strong> Koniferen konkurrenzüberlegen;<br />
für die sommergrünen Bäume, die<br />
jedes Jahr ihren ganzen Photosyntheseapparat<br />
neu aufbauen müssen, ist <strong>der</strong> Produktionsertrag<br />
des kurzen Sommers zu gering. Allmählich an<br />
Höhe und Dichte abnehmend, reicht die Taiga<br />
bis an die arktische Waldgrenze.<br />
Im Gegensatz zur nördlichen zeigt die südliche<br />
Hemisphäre keine vergleichbare Differenzierung.<br />
Wie im südlichen Südamerika deutlich<br />
wird, reicht hier <strong>der</strong> temperierte immergrüne<br />
Lorbeerwald nach S bis an die antarktische Waldgrenze,<br />
und es gibt keine Gebiete mit an<strong>der</strong>er<br />
thermischer Klimax wie die Nemorale und<br />
Boreale Zone. So bildet <strong>der</strong> gesamte temperierte<br />
Teil <strong>der</strong> Südhalbkugel nur eine einzige Klimaxzone,<br />
die Australe Vegetationszone. Grund<br />
für diese Asymmetrie zwischen Nord und Süd<br />
ist die extreme Ozeanität <strong>der</strong> südlichen temperierten<br />
Zone. Sie verhin<strong>der</strong>t fast überall das Auftreten<br />
starker Fröste unter -1 0 °C, die in den<br />
höheren Breiten <strong>der</strong> Nordhalbkugel zur Ausschaltung<br />
<strong>der</strong> immergrünen Laubhölzer führen.<br />
Insgesamt sind auf <strong>der</strong> Erde also 7 thermische<br />
Vegetationszonen zu unterscheiden: die 2<br />
Polarzonen jenseits <strong>der</strong> nördlichen und südlichen<br />
Waldgrenze, die Tropische Zone und 4<br />
extratropische (temperierte) Waldzonen. Ihre<br />
Namen und Charakteristika sind in Tab. 28<br />
nochmals, in <strong>der</strong> Reihenfolge von N nach S,<br />
zusammengestellt.