Schroeder - 1998 - Lehrbuch der Pflanzengeographie
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416 Zur <strong>Pflanzengeographie</strong> Mitteleuropas<br />
Ähnliches wie bei den Gebüschgesellschaften,<br />
ebenso für die starke anthropogene Ausbreitung,<br />
die heute infolge <strong>der</strong> Verbrachung vieler von<br />
Gebüschen durchsetzten Magerrasen noch zunimmt<br />
(„Versäumung“).<br />
Geschlossene Vegetation <strong>der</strong> Alpinen Stufe<br />
Den Reigen <strong>der</strong> waldfernen Nichtphanerophyten-Gesellschaften<br />
eröffnen wir mit den klimatisch<br />
bedingten Vegetationstypen <strong>der</strong> Alpinen<br />
Stufe. Neben den Normalstandorten sind hier<br />
auch geländebedingte, in ökologischer Hinsicht<br />
vorwiegend durch vom Normalen abweichende<br />
Schneebedeckung gekennzeichnete Son<strong>der</strong>standorte<br />
mit inbegriffen (die im Hochgebirge<br />
beson<strong>der</strong>s verbreiteten ± feinbodenfreien Felsund<br />
Steinschuttflächen werden zusammen mit<br />
denen <strong>der</strong> tieferen Lagen als Extremstandorte<br />
behandelt; ebenso werden auch amphibische<br />
Standorte mit denen <strong>der</strong> tieferen Lagen zusammengefaßt).<br />
Die überwiegend aus Stauden<br />
(einschl. Grasartigen) und Zwergsträuchern (neben<br />
vielen Kryptogamen) bestehende Flora enthält<br />
durchgängig ein Gemisch aus „arktisch-alpinen“<br />
und genuin alpischen Florenelementen.<br />
K lim a x s ta n d o rte . Die Rasengesellschaften<br />
<strong>der</strong> Normalstandorte sind entsprechend <strong>der</strong> Bodengüte<br />
geglie<strong>der</strong>t. Auf kalk- bzw. basenreichen<br />
Böden wachsen die Elyno-Seslerietalia albicantis<br />
(13), die sich durch beson<strong>der</strong>en Artenreichtum<br />
auszeichnen. Dabei werden die mengenmäßig<br />
dominierenden Grasartigen im Aspekt meist<br />
durch zahlreiche schönblühende Dikotylen {Leguminosae,<br />
Compositae, Primulaceae, Gentianaceae,<br />
Caryophyllaceae, Scrophulariaceae u. a.) übertroffen;<br />
viele Arten sind alpische Elemente, die oft<br />
aus submediterranen Verwandtschaftskreisen<br />
stammen. Den arm-sauren Flügel auf Silikatunterlagen<br />
bilden die viel artenärmeren, auch<br />
im Aspekt mehr von Grasartigen beherrschten<br />
Caricetea curvulae (14). Beide Gesellschaften<br />
können an waldfreien Son<strong>der</strong>standorten auch<br />
in die Boreale Stufe hinabsteigen; die Caricetea<br />
curvulae kommen in dieser auch als weidebedingte<br />
Ersatzgesellschaft vor.<br />
S o n d e rsta n d o rte . Die Schneedecke bildet in<br />
<strong>der</strong> Alpinen Stufe einen wichtigen ökologischen<br />
Faktor, einerseits als Schutz gegen Frost und<br />
Austrocknung, an<strong>der</strong>erseits durch die Begrenzung<br />
<strong>der</strong> Länge <strong>der</strong> Vegetationsperiode (vgl.<br />
S. 319). An exponierten Stellen auf Graten und<br />
Buckeln, wo sie durch Windwirkung reduziert<br />
wird, sog. Windecken, kommt es zu starker Auslese<br />
durch Frosttrocknis, <strong>der</strong> nur wenige beson<strong>der</strong>s<br />
angepaßte Sippen gewachsen sind, darunter<br />
mehrere von sehr weiter arktisch-alpiner Verbreitung.<br />
Auf besseren, basenreichen Böden<br />
wachsen hier die meist aus niedrigen Grasartigen<br />
bestehenden Carici-rupestris-Kobre-sietea<br />
bellardii (15), auf sauren, basenarmen die dem<br />
Boden angedrückten, oft mit Flechten durchsetzten<br />
Zwergstrauchteppiche <strong>der</strong> Loise-leurio-<br />
Vaccinietea (16). Das an<strong>der</strong>e Extrem bilden die<br />
sog. Schneetälchen, Mulden und Hangfüße (oft<br />
in N -E x p o sitio n ), an denen <strong>der</strong> Schnee<br />
zusammengeweht und durch spätes Ausapern<br />
die Vegetationsperiode stark (bis auf weniger als<br />
2 Monate) verkürzt wird. Sie tragen die aus nur<br />
wenigen Kormophyten bestehenden Salicetea<br />
herbaceae (17); an den am spätesten ausapemden<br />
Stellen finden sich nur noch Moose.<br />
Natürlich waldfreie trockene<br />
Extremstandorte<br />
Hierher gehören Geländeteile, in denen das<br />
Wachstum von Wald bzw. geschlossenen alpinen<br />
Rasen wegen fehlenden Feinbodens nicht<br />
möglich ist, d. h. solche mit anstehendem Fels<br />
o<strong>der</strong>± lockerem Steinschutt und Geröll. Sie nehmen<br />
in <strong>der</strong> Alpinen Stufe wegen <strong>der</strong> dort vorherrschenden<br />
physikalischen Verwitterung die<br />
größten Flächen ein, kommen aber auch in tieferen<br />
Lagen vor bis hinab in die Durchbruchstäler<br />
<strong>der</strong> größeren Flüsse und die Schichtstufen<br />
des nie<strong>der</strong>en Berg- und Hügellandes. Wie die<br />
flächige Verbreitung ist auch die Artenzahl <strong>der</strong><br />
zugehörigen Vegetationstypen, die man als<br />
edaphische Halbwüsten bezeichnen kann, in <strong>der</strong><br />
Alpinen Stufe am größten, nach unten zeigt sich<br />
eine zunehmende Verarmung. Unter den beteiligten<br />
Sippen sind einige von sehr weiter Verbreitung;<br />
größer ist aber die Zahl <strong>der</strong> alpischen<br />
Elemente.<br />
A n ste h e n d e r Fels. Die Gesellschaften <strong>der</strong><br />
Felsvegetation bilden die Klasse Asplenietea<br />
trichomanis (18). Es sind weit offene Bestände<br />
aus normalen, teils auch polsterförmigen o<strong>der</strong><br />
sukkulenten Stauden und Zwergsträuchern<br />
(dazu viele Moose) in den Spalten und Klüften<br />
des Gesteins. 2 Ordnungen sind zu unterscheiden:<br />
die sehr artenreichen P otentilletalia