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Schroeder - 1998 - Lehrbuch der Pflanzengeographie

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172 Die Tropische Zone<br />

um 1938 zu etwa 75 % bewaldet, um 1958 noch zu etwa<br />

63 %. Bis 1990 ist die Waldfläche jedoch auf weniger<br />

als 5 % zusammengeschmmpft, und für mehr als<br />

50 % <strong>der</strong> Endemiten wird das Aussterben in naher Zukunft<br />

befurchtet (D odson etc. 1991).<br />

Die durch die Medien verbreitete Kenntnis von<br />

den wahrscheinlichen, den weniger wahrscheinlichen<br />

und auch den nur eingebildeten Folgen<br />

<strong>der</strong> Zerstörung <strong>der</strong> Regenwäl<strong>der</strong> hat zu einer<br />

scharfen weltweiten Opposition hiergegen geführt.<br />

Diese Opposition, so lautstark sie ist, ist<br />

aber nur von geringer praktischer Wirkung. Das<br />

hat zwei Gründe; sie findet sich hauptsächlich<br />

in den Industrielän<strong>der</strong>n <strong>der</strong> temperierten Zonen,<br />

die von den Problemen <strong>der</strong> tropischen Län<strong>der</strong><br />

sowohl räumlich als auch mental weit entfernt<br />

sind, und sie stellt Maximalfor<strong>der</strong>ungen, die<br />

we<strong>der</strong> objektiv sinnvoll noch praktisch durchführbar,<br />

ja oft sogar kontraproduktiv sind.<br />

Ein charakteristisches Beispiel hierfür ist <strong>der</strong> in manchen<br />

europäischen Län<strong>der</strong>n propagierte Boykott von<br />

Tropenholz. Ein solcher undifferenzierter Boykott mag<br />

zwar gelegentlich einen W aldbestand vor <strong>der</strong><br />

Exploitation retten. Er beseitigt aber zugleich für die<br />

in den Tropen wirtschaftenden Menschen den einzigen<br />

ökonomischen Grund, <strong>der</strong> für die dauerhafte Erhaltung<br />

von Waldbeständen spricht: gerade in Län<strong>der</strong>n,<br />

in denen <strong>der</strong> Wald meist noch als zivilisationsfeindliches<br />

Unland gilt, ist ein Waldbestand, aus dem<br />

man nicht einmal Holz verkaufen kann, erst recht<br />

zerstörenswürdig. So fällt man denjenigen in den Rükken,<br />

die in den Tropen eine schonende, nachhaltige<br />

Forstwirtschaft aufzubauen versuchen. Den Befürwortern<br />

solcher Boykottmaßnahmen ist offensichtlich<br />

nicht bewußt, daß <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>aufbau des zerstörten<br />

mitteleuropäischen Waldes im vorigen Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

nicht <strong>der</strong> Naturschwärmerei deutscher Bildungsbürger,<br />

son<strong>der</strong>n den ökonomischen Zwängen des Holzmangels<br />

zu verdanken ist.<br />

Zwischen den Extremen einer rein an kurzfristigem<br />

Profit orientierten, mit brutalem technischem<br />

Aufwand operierenden Raubwirtschaft<br />

und einer ideologisch gefärbten, ökonomische<br />

Notwendigkeiten ignorierenden Opposition ist<br />

es die Aufgabe <strong>der</strong> Wissenschaften, sinnvolle<br />

Lösungen zu finden, die sowohl den Bedürfnissen<br />

<strong>der</strong> tropischen Län<strong>der</strong> und ihrer Bevölkerung<br />

Rechnung tragen als auch den Erhalt möglichst<br />

großer Teile des einmaligen Ökosystems<br />

Tropischer Regenwald ermöglichen. Bei vorurteilsfreier,<br />

objektiver Betrachtung ist zu akzeptieren,<br />

daß <strong>der</strong> oben genannte gestiegene Bedarf<br />

an Nahrungsmitteln eine Rodung von Wäl<strong>der</strong>n<br />

für landwirtschaftliche Zwecke nicht nur<br />

notwendig macht, son<strong>der</strong>n auch rechtfertigt. Bei<br />

einer rationell betriebenen Landwirtschaft, für<br />

die es auch in den Feuchttropen genügend funktionierende<br />

Beispiele gibt, würde für die Erweiterung<br />

<strong>der</strong> Anbauflächen aber ein Bmchteil dessen<br />

genügen, was heute an Waldfläche zerstört<br />

wird. Der übrige noch vorhandene Wald könnte,<br />

abgesehen von Gebieten, die teils als Naturreservate,<br />

teils wegen ungünstiger Standortsverhältnisse<br />

(erosionsgefährdete Gebirgshänge,<br />

extrem arme Sandböden) auf Dauer ungenutzt<br />

bleiben, mit FFilfe einer schonenden Forstwirtschaft<br />

einer Nutzung zugeführt werden. Auch<br />

hierfür gibt es genügend Beispiele, beson<strong>der</strong>s aus<br />

Südostasien, wo man ohne Zerstörung <strong>der</strong> Bestandesstruktur<br />

die wertvollen FFolzarten einzelstammweise<br />

nutzt und zugleich durch gezielte<br />

För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Verjüngung in ihrem Anteil zu<br />

vermehren sucht. Der Erzeugung <strong>der</strong> daneben<br />

benötigten Massenware könnten Fdolzplantagen<br />

auf bereits früher entwaldeten Flächen dienen.<br />

Die Chancen für sinnvolle Lösungen sind also<br />

durchaus gegeben; das FJauptproblem bleibt<br />

jedoch die politische Durchsetzung solcher<br />

Lösungen im Rahmen des komplexen Geflechtes<br />

wi<strong>der</strong>streiten<strong>der</strong> Interessen.<br />

1.1 Neotropische Region<br />

Typisch für die Baumschicht neotropischer<br />

Regenwäl<strong>der</strong> ist die weitverbreitete Dominanz<br />

<strong>der</strong> Leguminosen, die in großer Artenzahl (bis<br />

zu 60 % <strong>der</strong> Baumarten) auftreten. An zweiter<br />

Stelle folgen die Lecythidaceen, die zwar ebenfalls<br />

pantropisch verbreitet sind, in den an<strong>der</strong>en<br />

Regionen aber keine größere Rolle spielen.<br />

Weitgehend endemisch (von den etwa 200 Arten<br />

kommen nur wenige, bedeutungslose in<br />

Westafrika vor) ist die drittwichtigste Familie <strong>der</strong><br />

Vbchysiaceen. Ein sehr distinktes Element neotropischer<br />

Wäl<strong>der</strong> sind die zahlreichen epiphytischen<br />

Bromeliaceen; diese große Familie ist<br />

bis auf eine einzige terrestrische Art in Westafrika<br />

auf die Neotropis beschränkt. Ähnliches gilt<br />

für die nicht wenigen epiphytischen Kakteen,<br />

von denen nur eine Art {Rhipsalis baccifera) auch<br />

in <strong>der</strong> Paläotropis vorkommt. Charakteristische<br />

Elemente in <strong>der</strong> Unterschicht, teils auch als<br />

halbepiphytische Lianen, sind die endemischen<br />

Cyclanthaceen.<br />

Die Gesamtverbreitung <strong>der</strong> neotropischen<br />

Regenwäl<strong>der</strong> erstreckt sich über den Raum von

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