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Schroeder - 1998 - Lehrbuch der Pflanzengeographie

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72 Einfluß des Menschen auf Flora und Vegetation<br />

M<br />

im Inneren so große Lücken entstehen, daß <strong>der</strong><br />

Genaustausch eingeschränkt wird (innere Disjunktion).<br />

Weitere Fortsetzung des Rückganges<br />

fuhrt zur Zerschlagung des Areals in disjunkte<br />

Reliktvorkommen, womit eine akute Gefährdung<br />

gegeben ist; <strong>der</strong> letzte Schritt bis zum<br />

Aussterben ist dann nicht mehr weit.<br />

Bei <strong>der</strong> großen Mehrzahl <strong>der</strong> Pflanzenarten<br />

ist diese Entwicklung bisher höchstens bis zur<br />

2. Stufe gegangen: also eine Vermindemng <strong>der</strong><br />

Siedlungsdichte im Innern und eine gewisse<br />

Schrumpfung des Areals an den Rän<strong>der</strong>n. Diese<br />

marginale Schrumpfung ist zwar im Vergleich<br />

zum Gesamtareal meist unbedeutend, sie kann<br />

aber im regionalen Bereich doch recht auffällig<br />

sein und, wenn sie in einem Florengebiet bei<br />

vielen Sippen zugleich stattfmdet, zu einer erheblichen<br />

Verarmung <strong>der</strong> Flora führen. Eine<br />

solche tatsächliche o<strong>der</strong> zu befürchtende Verarmung<br />

wird heute für viele Teile <strong>der</strong> Erde durch<br />

die sog. Roten Listen dokumentiert.<br />

Solche Listen liegen vor allem aus floristisch gut erforschten<br />

Gebieten Europas und Nordamerikas, aber<br />

auch aus manchen Teilen <strong>der</strong> Südhalbkugel vor. Sie<br />

führen alle Arten auf, für die ein Rückgang gegenüber<br />

früher nachgewiesen (durch Vergleich früherer Fundortsangaben<br />

aus Literatur und Herbarien mit dem<br />

heutigen Vorkommen) o<strong>der</strong> für die Zukunft wahrscheinlich<br />

ist (z. B. weil die Sippe beson<strong>der</strong>s gefährdete<br />

Standortstypen besiedelt o<strong>der</strong> schon von Natur<br />

aus beson<strong>der</strong>s selten ist). Gewöhnlich wird <strong>der</strong> Grad<br />

<strong>der</strong> Gefährdung in einer meist Sstufigen Skala angegeben<br />

(Tab. 17). Die Definition <strong>der</strong> Skalenstufen wird<br />

allerdings regional etwas unterschiedlich gehandhabt,<br />

beson<strong>der</strong>s bei dem untersten (potentiellen) Gefahrdungsgrad,<br />

<strong>der</strong> je nach den subjektiven Meinungen<br />

<strong>der</strong> Bearbeiter sehr eng o<strong>der</strong> sehr weit gefaßt sein kann.<br />

Infolgedessen ist ein direkter Vergleich von Roten<br />

Listen verschiedener Gebiete oft problematisch; vor<br />

allem gilt das für die Angaben über den Prozentsatz<br />

<strong>der</strong> Gefährdung <strong>der</strong> Gesamtflora, wenn dieser aus <strong>der</strong><br />

Zahl aller in <strong>der</strong> Liste genannten Arten berechnet wird.<br />

Für den <strong>der</strong>zeitigen Rückgang <strong>der</strong> Artenvielfalt<br />

in vielen Florengebieten können zwei Hauptursachen<br />

verantwortlich gemacht werden. In den<br />

dichtbesiedelten alten Kulturlän<strong>der</strong>n ist es die<br />

Intensivierung (bis hin zur Industrialisiemng)<br />

<strong>der</strong> Landwirtschaft, durch die viele hemerophile<br />

Sippen zurückgedrängt werden. In Gebieten, wo<br />

unbeeinflußte natürliche Vegetation (insbeson<strong>der</strong>e<br />

natürlicher Wald) bisher noch in größerem<br />

Ausmaße vorhanden war, führt <strong>der</strong>en rapide<br />

zunehmende Zerstörung vor allem zur Abnahme<br />

von Hemerophoben; hier kann es dann<br />

u. U. zur essentiellen Gefährdung mancher Sippen<br />

kommen.<br />

Insgesamt ist die akute Gefährdung einer<br />

Pflanzenart als solcher bisher aber noch eine<br />

relativ seltene Ausnahme. Zu betonen ist <strong>der</strong><br />

große Unterschied, <strong>der</strong> in dieser Hinsicht zwischen<br />

Pflanzen und Tieren besteht: bei vielen<br />

Tiergruppen (z. B. Säugetiere und Vögel) ist<br />

Tab. 17: Beispiele für Rote Listen für Gefäßpflanzen in Mitteleuropa.<br />

Anteile <strong>der</strong> Gefährdungsgrade in % <strong>der</strong> Gesamtflora. Nisa Nie<strong>der</strong>sachsen (Garve 1993), D Deutschland (D.A.<br />

1996), GH Schweiz (Landolt 1991). Definition <strong>der</strong> Gefährdungsgrade entsprechend Garve (in <strong>der</strong> Schweiz<br />

etwas abweichend).<br />

• -JA^<br />

' J.\<br />

Gefährdungsgrad Nisa D CH<br />

0 Ausgestorben o<strong>der</strong> Verschollen 5,5 1,6 2,9<br />

1 Vom Aussterben bedroht<br />

(nur noch in geringen, kaum überlebensfähigen<br />

Restpopulationen vorhanden)<br />

10,1 4,1<br />

2 Stark gefährdet<br />

(in starkem Rückgang begriffen, vielerorts schon 12,9 9,7<br />

verschwunden)<br />

\ 12,2<br />

3 Gefährdet<br />

(allgemein zurückgehend) 13,6 13,7 9,2<br />

0-3 zusammen: „Aktuell gefährdet“ 42,1 29,1 24,3<br />

4 Potentiell gefährdet<br />

(infolge genereller Seltenheit; aktuell aber nicht bedroht) 3,6 3,9 8,2<br />

Gesamt-Artenzahl im Florengebiet 1704 2747 2696

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