Schroeder - 1998 - Lehrbuch der Pflanzengeographie
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404 Zur <strong>Pflanzengeographie</strong> Mitteleuropas<br />
regie gelangten Ödlän<strong>der</strong>eien wurden systematisch<br />
aufgeforstet, wozu, beson<strong>der</strong>s auf sehr armen und<br />
degradierten Böden, oft Nadelhölzer (Kiefer und Fichte)<br />
verwendet wurden. Diese Neuaufforstungen wurden<br />
von vornherein im Hochwaldbetrieb bewirtschaftet.<br />
Aber auch in den alten Wäl<strong>der</strong>n ging man allmählich<br />
immer mehr zum Hochwald über, und vielerorts<br />
brachte man dann auch hier Nadelhölzer mit<br />
ein, die sich auf ärmeren Böden als ertragreicher als<br />
das Laubholz erwiesen.<br />
Im Bereich <strong>der</strong> Landwirtschaft ermöglichte vor allem<br />
die Einführung <strong>der</strong> Mineraldüngung eine Meliorierung<br />
<strong>der</strong> mesohemeroben Magerrasenvegetation.<br />
Diese wurde großenteils in euhemerobe Acker und<br />
Grünlän<strong>der</strong>eien umgewandelt; unter den letzteren gab<br />
es nunmehr neben den schon früher vorhandenen<br />
Heuwiesen auch Weiden, die allein und ausschließlich<br />
<strong>der</strong> Beweidung durch das Vieh dienten. Magerrasen<br />
und Heiden blieben nur auf den ungünstigsten<br />
Böden als Relikte des älteren Zustandes erhalten. Die<br />
zunehmende wissenschaftliche Untermauerung <strong>der</strong><br />
Landwirtschaft führte im Laufe <strong>der</strong> Zeit zu einer stärkeren<br />
Differenzierung des Anbaues mit <strong>der</strong> Zielsetzung,<br />
möglichst an jedem Ort diejenige Kulturart anzuwenden,<br />
die den gegebenen Standortsbedingungen<br />
am besten entspricht.<br />
So nahm die mitteleuropäische Pflanzendecke<br />
allmählich den Zustand an, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> ersten<br />
Hälfte unseres Jahrhun<strong>der</strong>ts von <strong>der</strong> sich entwickelnden<br />
Pflanzensoziologie vorgefunden<br />
wurde. Die Wäl<strong>der</strong>, inzwischen wie<strong>der</strong> 20-30 ®/o<br />
<strong>der</strong> Landesfläche bedeckend, hatten sich gegenüber<br />
den früheren Degradationsprodukten infolge<br />
des Hochwaldbetriebes zum Teil wie<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> potentiellen natürlichen Klimaxvegetation<br />
angenähert; zum an<strong>der</strong>en Teile waren neue, anthropogene<br />
Forstgesellschaften entstanden. Der<br />
großen Diversität <strong>der</strong> Kulturen auf den landwirtschaftlich<br />
genutzten Flächen entsprach eine<br />
große Zahl von Ersatzgesellschaften (verschiedene<br />
Typen von Wiesen, Weiden, Ackerunkrautgesellschaften<br />
usw.), die sich anhand ihrer<br />
Artenvielfalt vegetationskundlich leicht differenzieren<br />
ließen.<br />
Diese Form <strong>der</strong> Vegetationsglie<strong>der</strong>ung blieb<br />
bis etwa 1950 bestehen. Seither sind erneut starke<br />
Verändemngen eingetreten, die vorwiegend den<br />
landwirtschaftlich genutzten Bereich betreffen<br />
und durch die Mechanisierung und Industrialisierung<br />
<strong>der</strong> Landwirtschaft bedingt sind. Sie sind<br />
gekennzeichnet durch die rigorose Beseitigung<br />
<strong>der</strong> natürlichen Standortsvielfalt („Flurbereinigung“,<br />
Symbol Planierraupe), übermäßige Düngung<br />
(am extremsten durch Gülle in Gebieten<br />
mit Massentierhaltung) und großflächige An<br />
wendung von Herbiziden zur Unkrautbekämpfung.<br />
Folge ist, daß immer größere Flächenanteile<br />
in einen polyhemeroben Zustand übergehen.<br />
Dadurch sind von den früheren vielen<br />
euhemeroben Pflanzengesellschaften heute oft<br />
nur extrem artenarme Fragmente übrig, die sich<br />
kaum noch differenzieren lassen. Nur die Waldbestände<br />
haben sich bisher wenig verän<strong>der</strong>t (infolge<br />
Aufgabe landwirtschaftlicher Nutzflächen<br />
ist übrigens mit ihrer allmählichen Vergrößerung<br />
zu rechnen). Von den Einflüssen <strong>der</strong> Landwirtschaft<br />
werden sie höchstens marginal betroffen<br />
(z. B. durch Eutrophierung infolge Nährstoffeintrag);<br />
stärker sind mancherorts Schäden<br />
durch die verstärkte Freizeitnutzung infolge <strong>der</strong><br />
Motorisierung <strong>der</strong> Bevölkerung. Insgesamt kann<br />
man die heutige Periode <strong>der</strong> anthropogenen Vegetationsentwicklung<br />
als die Zeit <strong>der</strong> Technisierung<br />
<strong>der</strong> Landschaft bezeichnen.<br />
Tab. 42: Herkunft <strong>der</strong> Flora <strong>der</strong> anthropogenen<br />
Vegetationstypen.<br />
Umrahmt; Anthropochoren.<br />
*■= aus diesen Quellen auch Bildung neuer, anthropogener<br />
Sippen.<br />
Magerrasen, Heiden, Wiesen, Weiden:<br />
Neukombination aus<br />
• Waldflora (vor allem Sukzessionsstadien, sowie<br />
arm, trocken, naß)<br />
• Neuzuwan<strong>der</strong>ern<br />
- von Nichtwald-Standorten im Gebiet<br />
- von außerhalb Mitteleuropas<br />
Äcker:<br />
Neukombination aus<br />
• Kulturpflanzen (absichtlich eingefuhrt)<br />
• Unkräutern, Herkunft:<br />
- instabile Stellen im Gebiet*<br />
Kunstforsten:<br />
nur die Bäume nicht autochthon, und zwar<br />
• von an<strong>der</strong>en Waldstandorten im Gebiet