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Schroeder - 1998 - Lehrbuch der Pflanzengeographie

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C Die Nemorale Zone (Formationen 9-13)<br />

Von den vier temperierten Zonen ist die Nemorale<br />

Zone die eigenständigste und vielseitigste.<br />

In floristischer Hinsicht kann sie als die temperierte<br />

Zone par excellence bezeichnet werden.<br />

Sie enthält eine reichhaltige, rein holarktische<br />

Flora; demgegenüber ist für die Flora <strong>der</strong> Meridionalen<br />

und Australen Zonen die Mischung<br />

temperierter und weittropischer Elemente typisch,<br />

und die <strong>der</strong> Borealen Zone ist allein durch<br />

Verarmung gekennzeichnet.<br />

Auch bezüglich des FGimas zeigt die Nemorale<br />

Zone große Vielfalt; die thermische Variabilität<br />

ist in keiner an<strong>der</strong>en Zone größer. Das deutet<br />

sich schon darin an, daß die Abgrenzung gegen<br />

die Nachbarzonen von Werten verschiedener<br />

Klimamerkmale bestimmt wird: gegen die Méridionale<br />

Zone sind es die Winterminima, gegen<br />

die Boreale die Sommerlänge. Beide Merkmale<br />

haben auch innerhalb <strong>der</strong> Nemoralen Zone eine<br />

große Amplitude: die absoluten Minima variieren<br />

zwischen - 1 0 und -5 0 °C, die Sommerlänge<br />

(Zahl <strong>der</strong> Monate mit Mittel über -f 10 °C) von<br />

4 bis 11. Als dritte Variable kommt die Mitteltemperatur<br />

des wärmsten Monats (meist Juli) hinzu,<br />

die eine Spanne von 12 bis 30 °C umfaßt.<br />

Dieses letzte Merkmal ist für die innere Differenziemng<br />

beson<strong>der</strong>s wichtig, es beeinflußt maßgeblich<br />

die floristische Reichhaltigkeit, namentlich in<br />

<strong>der</strong> thermischen Klimax Sommergrüner Laubwald.<br />

Hierauf beziehen sich deshalb die beiden<br />

wichtigsten thermischen Klimatypen (TI, T2); die<br />

aufWerte <strong>der</strong> beiden an<strong>der</strong>en bezogenen beschreiben<br />

nur Abweichungen von den „normalen“ Bedingungen<br />

(als solche können Minima zwischen<br />

-15 und -3 0 °C sowie Sommerlängen ab 5 Monate<br />

gelten). Zum räumlichen Mosaik dieser<br />

Klimatypen vgl. Abb. 129.A.<br />

TI: Sommer sehr warm, Julimittel etwa 24 bis<br />

28 °C.<br />

T2: Sommer mäßig warm, Julimittel etwa 16<br />

bis 22 °C.<br />

T3 : Winter mild, absolute Minima meist nicht<br />

unter -1 5 °C.<br />

T4: Winter sehr kalt, absolute Minima unter<br />

-3 0 °C.<br />

T5: Sommer kurz, höchstens 5 Monate (150<br />

Tage) mit Mitteln über 4-10 °C.<br />

Die hygrische Variabilität hält sich im üblichen<br />

Rahmen, die Nie<strong>der</strong>schlagsmenge kann von 0 bis<br />

über 3000 (ausnahmsweise bis 6000) mm betragen.<br />

Der tatsächliche Humiditätsgrad und seine<br />

Auswirkung auf den Vegetationstyp ist hier noch<br />

mehr als in allen an<strong>der</strong>en Zonen von den übrigen<br />

Klimamerkmalen abhängig, beson<strong>der</strong>s groß<br />

ist die Bedeutung <strong>der</strong> Koinzidenz thermischer und<br />

hygrischer Jahreszeiten (vgl. S. 114).<br />

In <strong>der</strong> Nemoralen Zone kommt noch ein<br />

Klimamerkmal hinzu, das in den äquatornäheren<br />

Zonen fehlt, nämlich eine bleibende geschlossene<br />

Schneedecke. Ob eine solche auftritt,<br />

hängt von den thermischen und hygrischen Verhältnissen<br />

des Winters ab. Im N <strong>der</strong> Zone gehört<br />

sie zum normalen Wechsel <strong>der</strong> Jahreszeiten,<br />

nach S hin wird ihr Erscheinen unregelmäßiger<br />

bzw. episodisch. Ihre Bedeutung für die<br />

Vegetation liegt im Schutz des Bodens vor zu<br />

starken Frösten und vor Austrocknung, wovon<br />

vor allem die Nicht-Phanerophyten profitieren.<br />

9 Sommergrüner Laubwald<br />

Der Sommergrüne Laubwald, entsprechend dem<br />

lateinischen Namen Aestisilva (B rockmann-<br />

J erosch & Rübel 1912) auch kurz (so im Folgenden)<br />

Sommerwald genannt, ist die natürliche<br />

Umwelt, in <strong>der</strong> die meisten „Väter“ <strong>der</strong> <strong>Pflanzengeographie</strong><br />

und Vegetationskunde gelebt und gearbeitet<br />

haben. Infolgedessen sind seine floristischen<br />

und strukturellen Merkmale, sein jahreszeitliches<br />

Verhalten sowie das Mosaik seiner<br />

edaphischen und anthropogenen Abwandlungen<br />

und Ersatzgesellschaffen genauestens bekannt.<br />

Gegenüber <strong>der</strong> Unzahl von Detailuntersuchungen,<br />

die aus den drei zugehörigen Regionen vorliegen,<br />

ist aber ein Aspekt bisher unterentwickelt<br />

geblieben, nämlich die vergleichende Analyse <strong>der</strong><br />

Domäne als Ganzes. Ursache dafür dürfte neben<br />

<strong>der</strong> Vielfalt innerhalb <strong>der</strong> einzelnen Regionen, die<br />

viele Untersucher davon abhielt, über die eigenen<br />

„Kirchtürme“ hinauszuschauen, auch die Unterschiedlichkeit<br />

<strong>der</strong> verschiedenen vegetationskundlichen<br />

Schulen (S. 57) sein, die eine Vergleichbarkeit<br />

<strong>der</strong> erarbeiteten Gliedemngen bis fast<br />

zur Unmöglichkeit erschwerte. Gerade deshalb<br />

wird hier auf die vergleichende Betrachtung beson<strong>der</strong>er<br />

Wert gelegt.

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