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Schroeder - 1998 - Lehrbuch der Pflanzengeographie

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398 Zur <strong>Pflanzengeographie</strong> Mitteleuropas<br />

Jvh auf <strong>der</strong> Insel Gotland, um 11000 schon in<br />

<strong>der</strong> Gegend von Stockholm lag. Hier blieb er<br />

allerdings für etwa 600 Jahre stehen, bedingt<br />

durch einen Klimarückschlag, <strong>der</strong> in Großbritannien<br />

sogar zu einem leichten Eisvorstoß geführt<br />

haben soll. Im Gegensatz zum nordischen<br />

wurde <strong>der</strong> Eisschild <strong>der</strong> Alpen bereits während<br />

des Spätglazials weitgehend abgebaut; am Ende<br />

dieser Periode soll das Gebirge, abgesehen von<br />

einigen größeren Talgletschern, schon bis mindestens<br />

2000 m Höhe eisfrei gewesen sein.<br />

Mit dem Rückzug des Eises begann die Ausbreitung<br />

<strong>der</strong> Gehölze. In Mitteleuropa ist mit<br />

dem ersten Auftreten subarktischer Birken- und<br />

Kiefernwäl<strong>der</strong> ab etwa 13000Jvh zu rechnen (Beginn<br />

<strong>der</strong> Subarktischen Zeit). Die ungefähre Vegetationsglie<strong>der</strong>ung<br />

Europas am Ende des Spätglazials<br />

um 10000 Jvh zeigt Abb. 188.B. Die<br />

Grenze zwischen <strong>der</strong> Arktischen und <strong>der</strong> Borealen<br />

Zone, nunmehr als polare Waldgrenze<br />

erkennbar, lag etwa im Bereich <strong>der</strong> heutigen<br />

nordfranzösischen und norddeutschen Küsten.<br />

Von W-Frankreich über N-Deutschland bis ins<br />

Baltikum erstreckte sich die Waldtundra (Bwt),<br />

die im W vornehmlich von Betula, weiter östlich<br />

auch von Pinus gebildet wurde. Die nach S<br />

anschließende geschlossene Taiga (Btg), die bis<br />

zum Südrande <strong>der</strong> Pyrenäen, Alpen, Dinaren<br />

und Südkarpaten reichte, bestand aus Kiefer mit<br />

beigemischter Birke. Nur in den Alpen und Karpaten<br />

enthielt sie auch größere Anteile an Lärche<br />

und Zirbe, die sich von ihren Refugien am<br />

Gebirgsfuß schnell in höhere Lagen ausgebreitet<br />

hatten (die Fichte scheint nur in den Karpaten<br />

schon eine größere Rolle gespielt zu haben).<br />

ln <strong>der</strong> Nemoralen Zone, die den größten<br />

Teil des europäischen Mittelmeergebietes umfaßte,<br />

muß das Klima noch ziemlich trocken<br />

gewesen sein, denn die Ergebnisse <strong>der</strong> Pollenanalyse<br />

deuten überall auf das Vorhandensein<br />

steppennaher sommergrüner Eichen-Trockenwäl<strong>der</strong><br />

(Ntr); baumlose Steppe (Nst) trat wohl<br />

im Schwarzmeergebiet auf Hartlaubwäl<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Meridionalen Zone gab es in Südspanien; für<br />

die in ähnlicher Breitenlage befindlichen Inseln<br />

Sizilien und Kreta liegen bisher keine Nachweise<br />

vor.<br />

Vorwärmezeit und W ärm ezeit<br />

Ab 10000 Jvh setzte die endgültige Erwärmung<br />

ein, mit <strong>der</strong> zugleich die Nacheiszeit (Postglazial,<br />

Holozän) beginnt. Die Eismassen tauten jetzt<br />

sehr schnell ab und waren schon um 8000 Jvh<br />

bis auf kleine, den heutigen Gebirgsgletschern<br />

entsprechende Reste verschwunden, ln <strong>der</strong> Mittleren<br />

Wärmezeit, namentlich von etwa 7000 bis<br />

5000 Jvh, war das Klima nach allen Indizien erheblich<br />

wärmer als heute, für Mitteleuropa wird<br />

eine Erhöhung <strong>der</strong> Mitteltemperaturen um etwa<br />

2,5 bis 4 °C angenommen.<br />

Zusammen mit <strong>der</strong> Erwärmung begann die<br />

rapide Ausbreitung <strong>der</strong> nemoralen Flora. In<br />

Mitteleuropa erschien als „Vorhut“ des nemoralen<br />

Gehölzensembles zuerst die Hasel; sie erreichte<br />

bis zum Ende <strong>der</strong> Vorwärmezeit schon<br />

Südskandinavien und Schottland. Als Unterholzstrauch<br />

mit früher Blühreife, dessen dyszoochore<br />

Früchte von mehreren Säugetier- und<br />

Vogelarten systematisch gesammelt und dadurch<br />

verbreitet wurden, konnte Corylus aveüana<br />

offensichtlich beson<strong>der</strong>s schnell vorrücken und<br />

als Strauchschicht die relativ lichten Kiefernwäl<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> bisherigen Taiga unterwan<strong>der</strong>n. Sie muß<br />

dort vielerorts Massenbestände gebildet haben<br />

(dementsprechend wird die Vorwärmezeit zuweilen<br />

auch Kiefern-Hasel-Zeit genannt). Schon<br />

bald folgten <strong>der</strong> Hasel aber die hochwüchsigen<br />

nemoralen Baumarten. Die weitere Verjüngung<br />

<strong>der</strong> Lichtholzart Kiefer wurde unterbunden, und<br />

die Taiga wurde ab etwa 9000 Jvh fast vollständig<br />

durch nemoralen Sommerwald aus Quercus,<br />

Tilia, Acer, Ulmus, Fraxinus u. a. ersetzt.<br />

Im palynologischen Schrifttum wird <strong>der</strong> wärmezeitliche<br />

Sommerwald traditionell als „Eichenmischwald“<br />

{Quercetum mixtum) bezeichnet. Dieser Name, <strong>der</strong> auf<br />

<strong>der</strong> Übervertretung <strong>der</strong> windbestäubten Eichen gegenüber<br />

den meist tierbestäubten an<strong>der</strong>en Bäumen im<br />

Pollenspektrum beruhen dürfte, ist etwas irreführend,<br />

indem er den Eindruck erweckt, die Eichen seien allgemein<br />

dominierende Hauptholzarten gewesen. Das<br />

ist jedoch unwahrscheinlich; vielmehr spricht nichts<br />

gegen die Annahme, daß die Quercus-kittci, wie überall<br />

in <strong>der</strong> Nemoralen Zone, nur auf trockenen und<br />

armen Subklimaxstandorten vorherrschten, während<br />

die Vegetation in den edaphisch besseren Teilen des<br />

Mosaiks von den an<strong>der</strong>en Bäumen (Edellaubhölzern)<br />

gebildet wurde.<br />

Die Vegetationsglie<strong>der</strong>ung des engeren Europa<br />

um 5000 Jvh (am Ende <strong>der</strong> optimalen Wärmephase)<br />

zeigt Abb. 188.C. Im großen und ganzen<br />

ähnelt das Bild sehr dem heutigen. Auffälligster<br />

Unterschied ist die nördlichere Lage <strong>der</strong><br />

boreal-nemoralen Grenze in Fennoskandien.<br />

Daß nemorale Elemente damals viel weiter nach<br />

N reichten als heute {Corylus z. B. bis über<br />

200 km), ist durch Großrestfunde schon seit ca.

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