Schroeder - 1998 - Lehrbuch der Pflanzengeographie
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298 Die Boreale Zone<br />
mehr als 100 m, in Teilen Sibiriens angeblich sogar<br />
bis zu 500 m tief reichen. Im Sommer taut sie<br />
oberflächlich auf; die dadurch für die Pflanzen<br />
nutzbare „aktive Schicht“ kann bis etwa 1 m dick<br />
sein, so daß <strong>der</strong> Waldwuchs nicht verhin<strong>der</strong>t wird;<br />
doch sind die Wäl<strong>der</strong> namentlich in den kälteren<br />
Dauerfrostgebieten meist ziemlich licht, da bei<br />
dichtem Kronenschluß die Beschattung das Auftauen<br />
des Bodens zu sehr verzögern würde. Beson<strong>der</strong>s<br />
kalt sind die Winter in NO-Eurasien;<br />
an<strong>der</strong>erseits kann die Temperatur in Küstenbereichen<br />
mil<strong>der</strong> sein, was auch für die meisten<br />
etagealen Auslieger zutrifft. An thermischen<br />
Klimatypen, die für die Ausbildung <strong>der</strong> Vegetation<br />
von Bedeutung sind, lassen sich unterscheiden:<br />
T I: Sommer relativ lang, 2-4 Monate (60-120<br />
Tage) über -1-10 °C.<br />
T 2: Sommer sehr kurz, < 2 Monate (30-60 Tage)<br />
über -1-10 °C.<br />
T3: Winter ungewöhnlich mild, Januarmittel<br />
über -1 0 °C. Kein Vorkommen von Dauerfrostboden.<br />
T4: Winter extrem kalt, Januarmittel unter<br />
-3 0 °C und absolute Minima unter -5 0 °C.<br />
Stets Dauerfrostboden.<br />
Die kalten Winter bewirken, daß die hygrischen<br />
Verhältnisse überall durch das Auftreten<br />
länger anhalten<strong>der</strong> Schneebedeckung gekennzeichnet<br />
sind. Der Nie<strong>der</strong>schlag variiert im zonalen<br />
Bereich zwischen 120 und 1200 mm (am<br />
häufigsten sind Werte zwischen 350 und 700<br />
mm); wesentlich höher kann er in Gebirgen und<br />
gebirgsbeeinflußten Luvlagen sein. Der Jahresgang<br />
zeigt meist ein Maximum im Sommer.<br />
Infolge <strong>der</strong> niedrigen Temperatur bedeuten auch<br />
Nie<strong>der</strong>schläge von 400 mm und darunter noch<br />
ein humides Klima. Erst Werte unter 200 mm<br />
können im Sommerregengebiet als semihumid<br />
angesehen werden. Semihumide (und noch<br />
trocknere) Bedingungen mit Winterregen treten,<br />
wie schon angedeutet, nur in Borealen Gebirgsstufen<br />
auf<br />
Die relativ geringe Variabilität erlaubt die Unterscheidung<br />
von 3 hygrischen Klimatypen, die<br />
für die ganze Zone (einschl. Stufen) gelten:<br />
H l: Humid.<br />
H2: Semihumid mit Sommerregen, Nie<strong>der</strong>schlag<br />
oft < 2 0 0 mm.<br />
H3: Semihumid mit Winternie<strong>der</strong>schlag.<br />
14 Dunkle Taiga<br />
Diese Formation wird oft ungenau als Borealer<br />
Nadelwald bezeichnet, doch umfaßt dieser Begriff<br />
wie schon erwähnt, auch die folgende Formation.<br />
Die normale, in ihrer Domäne weithin<br />
vorherrschende Ausbildung <strong>der</strong> Dunklen Taiga<br />
ist die zonal verbreitete Variante T I.H l; ihre<br />
klimatischen Verhältnisse wurden schon im<br />
Vorstehenden skizziert (Abb. 149). Auf sie bezieht<br />
sich die folgende Darstellung.<br />
Sippenbestand<br />
Die thermische Klimax <strong>der</strong> Borealen Zone, die<br />
die flächenmäßig größte Walddomäne <strong>der</strong> Erde<br />
bedeckt, wird von immergrünen Koniferen beherrscht.<br />
Jedoch erreichen diese hier we<strong>der</strong> das<br />
Optimum ihrer Vitalität, noch weisen sie ein<br />
Mannigfaltigkeitszentrum auf (vgl. S. 274, Abb.<br />
133). Vielmehr enthält <strong>der</strong> gesamte zonale Bereich<br />
- einschließlich <strong>der</strong> Hellen Taiga - weniger<br />
als 20 <strong>der</strong> etwa 600 rezenten Koniferenarten<br />
(Tab. 37).<br />
Allgemein ist festzustellen, daß typisch<br />
boreale Florenelemente gewöhnlich Sippen nie<strong>der</strong>en<br />
taxonomischen Ranges sind: meist Arten<br />
o<strong>der</strong> Artengruppen, die zu Gattungen mit hauptsächlich<br />
nemoraler o<strong>der</strong> noch weiterer Verbreitung<br />
gehören (Abb. 150). Unter den Koniferen<br />
kann man höchstens L arix als zonal-boreale<br />
Gattung ansehen; bei Picea liegt zwar <strong>der</strong> größte<br />
Teil <strong>der</strong> Arealfläche in <strong>der</strong> Borealen Zone,<br />
die Mehrzahl <strong>der</strong> Arten kommt aber in den Gebirgen<br />
<strong>der</strong> Nemoralen Zone vor. Neben den Koniferen<br />
enthält das Sippeninventar <strong>der</strong> Borealen<br />
Zone auch eine Anzahl von sommergrünen<br />
Laubbäumen aus nemoraler Verwandtschaft<br />
(Tab. 37). Diese sog. Weichhölzer (im russischen<br />
Schrifttum „kleinblättrige Laubhölzer“ genannt)<br />
investieren nur ein Minimum <strong>der</strong> im kurzen<br />
Sommer erzeugten Substanz in den Holzkörper,<br />
und so bleibt dieser locker, unverkernt und anfällig<br />
für den Befall durch Mikroorganismen. Sie<br />
sind daher zwar schnellwüchsig, aber auch kurzlebig<br />
und dadurch <strong>der</strong> Konkurrenz <strong>der</strong> Nadelhölzer<br />
unterlegen. Sie treten als Pionierbäume<br />
au f daneben auch als Besiedler bestimmter<br />
Son<strong>der</strong>standorte.<br />
Der strauchige und krautige Unterwuchs <strong>der</strong><br />
nemoralen Wäl<strong>der</strong> nimmt beim Übergang in die<br />
Boreale Zone zwar an Artenzahl ab, jedoch<br />
kommt es nicht, wie bei den Bäumen, zum weit-