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Schroeder - 1998 - Lehrbuch der Pflanzengeographie

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1<br />

Steppe 287<br />

Die ungefähren Werte <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>schlagsmenge<br />

an <strong>der</strong> hygrischen Waldgrenze (d. h. oberer Rand<br />

von H l) betragen bei Julimitteltemperaturen von<br />

18, 24 bzw. 28 °C etwa 350, 700 bzw. 900 mm.<br />

Die Grenze gegen die Wüste (unterer Rand von<br />

H2) liegt bei etwa 150 bis 300 mm. Im übrigen<br />

kann das Nie<strong>der</strong>schlagsregime sehr unzuverlässig<br />

sein; beson<strong>der</strong>s bekannt geworden ist die Dürreperiode<br />

<strong>der</strong> dreißiger Jahre im nordamerikanischen<br />

Steppengebiet (W eaver etc. 1936), als die<br />

Nie<strong>der</strong>schläge 7 Jahre nacheinan<strong>der</strong> (1933-1939)<br />

dauernd weit unter (z. T. < 50 %) dem Durchschnitt<br />

lagen.<br />

Sippenbestand<br />

Die wichtigsten Komponenten des Graslandes<br />

sind naturgemäß Gramineen. Von dieser Familie<br />

sind etwa 15-20 Gattungen maßgeblich beteiligt.<br />

Sie differenzieren sich nach <strong>der</strong> Sommerwärme,<br />

ln den T2-Gebieten finden sich fast nur Gattungen<br />

aus <strong>der</strong> Unterfamilie Pooideae {Festuca, Stipa<br />

s. 1., Bromus, Agropyron, Koeleria, Elymus s. 1., Poa,<br />

Phkum, Avena, Calamagrostis u. a.). Diese mit C¡-<br />

Photosynthese arbeitenden Gräser spielen unter<br />

TI-Bedingungen nur noch eine untergeordnete<br />

Rolle, die Dominanz wird hier von C^-Pflanzen<br />

<strong>der</strong> Eragrostoideae und Panicoideae übernommen.<br />

Begleitet werden die dominierenden Gramineen<br />

von einer großen Zahl an<strong>der</strong>er Sippen aus verschiedenen<br />

Familien. Beson<strong>der</strong>s zahlreich sind<br />

Leguminosen und Compositen, daneben sind<br />

auch Vertreter <strong>der</strong> Rosaceen {Potentilla, Sanguisorba),<br />

Ranunculaceen {Anemone, Pulsatilla, Thalictrum),<br />

Umbelliferen, Labiaten, Scrophulariaceen,<br />

Caryophyllaceen sowie z. B. die Gattungen Galium,<br />

Euphorbia und Linum weit verbreitet. Die<br />

Gesamtartenzahl <strong>der</strong> Steppenflora in Gebieten<br />

mittlerer Größe (ca. 10000 km^) liegt gewöhnlich<br />

bei 200-300.<br />

Auch die Einzelbestände sind sehr artenreich;<br />

Artenzahlen von weit über 50 sind normal, über<br />

100 nicht selten. So wurden in einer 100 m^ großen<br />

Aufnahmefläche in Mittelmßland insgesamt<br />

117 Arten festgestellt, darunter 16 Gramineen, 18<br />

Compositen und 1 2 Leguminosen.<br />

Bestandesstruktur, Lebensformen, Aspekte<br />

ln ihrer hygrisch günstigsten Variante (H l), <strong>der</strong><br />

Wiesensteppe, bildet die Formation geschlossene<br />

Bestände aus überwiegend mesomorphen<br />

Pflanzen mit 100 % Bodendeckung und Wuchshöhen<br />

von 1-1,5 m (zuweilen bis über 2 m, vgl.<br />

S. 290). Wichtigste Lebensform sind die Hemikryptophyten,<br />

zu denen neben den Gräsern<br />

auch die meisten übrigen Sippen gehören. Die<br />

Gramineen sind in <strong>der</strong> Hauptsache Horstgräser.<br />

Daneben gibt es auch rasenbildende Arten, die<br />

sich durch meist unterirdische Ausläufer („Rhizome“)<br />

ausbreiten; hierzu gehören auch einige<br />

„Graminoiden“, wie die Cyperaceen Carex humilis<br />

(Europa) und C. pensylvanica (Amerika).<br />

Solche Rasengräser bilden oft eine niedrigere<br />

Bodenschicht („Untergräser“), während die<br />

Horstgräser eher die hochwüchsige, aspektbestimmende<br />

Komponente („Obergräser“) liefern.<br />

Während die Gräser, vor allem die Horstgräser,<br />

ein sehr dichtes, aber nur mäßig tief (selten<br />

tiefer als 1 m) reichendes Intensiv-Wurzelsystem<br />

besitzen, sind die dikotylen Hemikryptophyten<br />

mehr extensiv bewurzelt (Abb. 143). Ihre<br />

Wurzeln gehen oft 2-3 m (zuweilen sogar bis<br />

10 m) tief und erschließen dadurch die Wasserund<br />

Mineralienvorräte tieferer Bodenschichten.<br />

So resultiert eine optimale Ausnutzung des Bodens,<br />

die auch den großen Artenreichtum ermöglicht.<br />

Voraussetzung ist allerdings genügende<br />

Tiefgründigkeit, wie sie namentlich durch die<br />

Mächtigkeit <strong>der</strong> auf beiden Kontinenten großflächig<br />

vorhandenen, periglazial entstandenen<br />

Lößdecken gegeben ist. Das dichte Wurzelwerk<br />

<strong>der</strong> Gräser, das bei seiner alljährlichen Regeneration<br />

auch erhebliche Mengen an toter Biomasse<br />

zurückläßt, hat eine starke Humusanreicherung<br />

zur Folge, die zu einer Dunkelfärbung<br />

<strong>der</strong> oberen Bodenschichten geführt hat. Diese<br />

„Schwarzerde“ (Tschemosem) ist charakteristisch<br />

für Steppengebiete; sie ist zugleich einer <strong>der</strong> Beweise<br />

für die Natürlichkeit <strong>der</strong> Steppe, da sie nicht<br />

erst während <strong>der</strong> relativ kurzen Zeit menschlicher<br />

Beeinflussung entstanden sein kann.<br />

Neben Hemikryptophyten sind auch Geophyten<br />

beteiligt, sie tragen aber meist nur temporär<br />

(vor allem im Frühling, s. unten) stärker<br />

zum Gesamtaspekt bei. Auch eine Reihe von<br />

Therophyten gehören zur Sippengamitur. In <strong>der</strong><br />

dichten Vegetationsdecke haben sie zwar nur<br />

geringe Entfaltungsmöglichkeiten, doch gibt es<br />

genügend Störungsstellen, an denen sie sich<br />

ansiedeln können, so im Bereich <strong>der</strong> Bauten <strong>der</strong><br />

für die Steppenregionen charakteristischen Nagetiere.<br />

Schließlich enthält die Steppenvegetation<br />

noch einige niedrige, oft polykormbildende<br />

Kleinsträucher, namentlich aus den Gattungen

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