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Schroeder - 1998 - Lehrbuch der Pflanzengeographie

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400 Zur <strong>Pflanzengeographie</strong> Mitteleuropas<br />

zu einer Zurückdrängung <strong>der</strong> klimaxbildenden Schatthölzer<br />

und einer Begünstigung <strong>der</strong> Lichthölzer früherer<br />

Sukzessionsstadien. Die weitere Ausbreitung <strong>der</strong><br />

Buche wurde durch den Menschen also eher aufgehalten.<br />

Das ist übrigens in Großbritannien ganz offensichtlich:<br />

in diesem schon früh stark entwaldeten<br />

Land kam die natürliche Rückwan<strong>der</strong>ung um 1000<br />

Jvh in Mittelengland zum Stillstand (vgl. Abb. 21,<br />

S. 45), obwohl die Britischen Inseln sicherlich ganz<br />

im potentiellen Fagus-Krtzl liegen, wie heute durch<br />

die überall sichtbare subspontane Ausbreitung angepflanzter<br />

Buchen deutlich wird.<br />

Die Buchenausbreitung zu Beginn <strong>der</strong> Nachwärmezeit<br />

dürfte demnach Idimatische Ursachen haben; es<br />

fragt sich nur noch, ob dabei <strong>der</strong> hygrische (2) o<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> thermische (3) Faktor ausschlaggebend war. Im Fall<br />

(2) müßte das Klima <strong>der</strong> Wärmezeit also trockener<br />

gewesen sein als das heutige. Bei den zugleich höheren<br />

Sommertemperaturen würde das bedeuten, daß<br />

<strong>der</strong> sarmatische Trockenwald und die Steppe wesentlich<br />

weiter nach NW gereicht hätten als heute. Von<br />

einer solchen Grenzverschiebung zeigen die rekonstruierten<br />

Vegetationskarten (Abb. 188.C) aber keine<br />

Spur. Demnach bleibt nur die thermische Erklärung,<br />

und diese ist auch einleuchtend, insbeson<strong>der</strong>e im weltweiten<br />

Vergleich. In allen Teilen <strong>der</strong> humiden<br />

Nemoralen Zone beginnt die Dominanz von Fagus<br />

über die an<strong>der</strong>en nemoralen Baumarten dort, wo das<br />

Julimittel wesentlich unter 4-20 °C absinkt: hier, und<br />

beson<strong>der</strong>s bei 18 °C und darunter, wird die Buche<br />

konkurrenzüberlegen. Wenn die Temperatur in <strong>der</strong><br />

Wärmezeit 2,5 bis 4 °C höher lag als heute, hätte demnach<br />

das Julimittel in Mitteleuropa 20 bis 22 °C betragen,<br />

genug, um die Dominanz <strong>der</strong> Edellaubhölzer<br />

zu gewährleisten. Nur in den höheren Lagen <strong>der</strong> südlichen<br />

Mittelgebirge herrschten damals schon niedrigere<br />

Temperaturen, die eine Buchenstufe hervorriefen.<br />

Zum Ende <strong>der</strong> Wärmezeit verbreitete diese Kondition<br />

sich dann auch über die Tieflagen und machte<br />

fast ganz Mitteleuropa zum KJimaxgebiet <strong>der</strong> Buche.<br />

Mit diesen letzten Verän<strong>der</strong>ungen nahm das<br />

natürliche Vegetationsmosaik Europas schließlich<br />

die Gestalt an, wie sie Abb. 188.D zeigt.<br />

Dieses Bild ist aber auf großen Flächen heute<br />

keine Realität mehr, son<strong>der</strong>n es bildet als potentielle<br />

natürliche Vegetation nur noch den<br />

theoretischen Hintergrund für die weithin vorherrschenden<br />

anthropogenen Vegetationstypen.<br />

2 Die Entstehung <strong>der</strong> heutigen<br />

Pflanzendecke unter dem<br />

Einfluß des Menschen<br />

Bis zum Ende <strong>der</strong> Mittleren Steinzeit (vgl. Tab.<br />

41, S. 394) stand die spärliche europäische Be­<br />

völkerung noch auf <strong>der</strong> Kulturstufe <strong>der</strong> nomadisierenden<br />

Jäger und Sammler und beeinflußte<br />

die Vegetation kaum. Das begann sich zu än<strong>der</strong>n,<br />

als sich von Vor<strong>der</strong>asien her <strong>der</strong> Ackerbau,<br />

und damit die seßhafte Lebensweise, nach<br />

Europa ausbreitete, womit die Periode <strong>der</strong> Jungsteinzeit<br />

begann. Diese „neolithische Revolution“<br />

setzte in Griechenland gegen 8500 Jvh ein.<br />

Allmählich nach NW vordringend, erreichte sie<br />

Mitteleuropa etwa um 7000-6500 und NW-Europa<br />

um 5000 Jvh. Doch waren die entstehenden<br />

ersten Rodungen noch lange Zeit nur winzige<br />

Löcher in <strong>der</strong> Walddecke. Erste stärkere und<br />

nachhaltige Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Vegetation sind<br />

in manchen Teilen des Mittelmeergebietes ab<br />

etwa 4500 Jvh nachweisbar.<br />

In Mitteleuropa, auf das wir uns im Folgenden<br />

beschränken, ist die natürliche Walddecke<br />

bis in die mittlere Jungsteinzeit noch weitgehend<br />

unversehrt erhalten geblieben. Erst ab etwa<br />

5000 Jvh trat erstmalig eine größere Zahl von<br />

Rodungsinseln in den fruchtbaren Lößgebieten<br />

auf, die aber sehr klein waren und auch bezüglich<br />

ihrer räumlichen Lage noch keine Stabilität<br />

zeigten. Etwas größere Waldauflichtungen,<br />

die jedoch ebenfalls nicht von längerer Dauer<br />

waren, gab es wohl um etwa 4000 Jvh im Bereich<br />

<strong>der</strong> Megalithgräber-Kulturen. Zu wirklich<br />

bedeutenden und dauernden Entwaldungen<br />

kam es bei uns jedoch erst in <strong>der</strong> Römerzeit,<br />

etwa ab Christi Geburt (= 2000 Jvh). Auch diese<br />

betrafen zunächst nur die für den Ackerbau<br />

günstigsten Standorte und dehnten sich dann<br />

mit <strong>der</strong> allmählichen Zunahme <strong>der</strong> Bevölkemng<br />

auf immer weniger günstige aus; die höheren<br />

Mittelgebirge wurden meist erst im Mittelalter<br />

o<strong>der</strong> gar in <strong>der</strong> frühen Neuzeit erfaßt.<br />

Die Zeit des Vorhandenseins ungestörter natürlicher<br />

Wäl<strong>der</strong>, auch als Urwaldzeit bezeichnet,<br />

endete in den verschiedenen Teillandschaften<br />

Mitteleuropas also zu unterschiedlichen<br />

Zeitpunkten. Von <strong>der</strong> damit einsetzenden<br />

anthropogenen Entwicklung wollen wir zunächst<br />

den vegetationskundlichen, dann den floristischen<br />

Aspekt betrachten.<br />

Vegetation<br />

Mit dem Ende <strong>der</strong> Urwaldzeit begann eine Periode,<br />

die durch die ständig zunehmende Beeinträchtigung<br />

des Waldes sowie die Entstehung<br />

und Ausdehnung anthropogener Vegetationstypen<br />

gekennzeichnet ist (Abb. 189), die Zeit

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