Schroeder - 1998 - Lehrbuch der Pflanzengeographie
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32 Verbreitungsökologie<br />
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V ’- H . '. .<br />
aber, daß das Absinken (und ebenso das Aufsteigen)<br />
auch bei fehlendem Horizontalwind zu<br />
einer horizontalen Entfernung von <strong>der</strong> Mutterpflanze<br />
fuhrt. Bei hochwüchsigen Pflanzen kann<br />
diese im Nahbereich beträchtlich sein; tatsächlich<br />
findet sich dieser Diasporentyp hauptsächlich<br />
bei Bäumen und hochwüchsigen Lianen.<br />
Die Bereitstellung erfolgt an <strong>der</strong> Pflanze; zum<br />
Ablösen ist keine große Kraft erfor<strong>der</strong>lich. Diasporen<br />
mit kreisförmigem Flügel sind aerodynamisch<br />
ungünstiger, sie geraten leicht ins Tmdeln<br />
und leiten damit zum letzten Typ über.<br />
Bei diesem, den Schraubenfliegern, handelt<br />
es sich meist um recht schwere Diasporen (von<br />
den angegebenen Beispielen sind nur die meisten<br />
Koniferensamen relativ leicht). Sie sind<br />
unsymmetrisch gebaut mit einem exzentrischen<br />
Kern und einem o<strong>der</strong> mehreren Flügeln, die oft<br />
nicht in einer Ebene liegen bzw. in sich gedreht<br />
sind (Abb. 14, Tab. 10). Dieser Bau führt dazu,<br />
daß beim Herabfallen einfache o<strong>der</strong> komplexe<br />
drehende Bewegungen entstehen, die den Fall<br />
verlangsamen. Das wird aber erst bei größerer<br />
Fallhöhe wirksam (z. B. bei Acer-Arten nach etwa<br />
40 cm, Fraxinus etwa 1 m). Dementsprechend<br />
kommt dieser Typ vorwiegend bei Bäumen vor.<br />
Die Sinkgeschwindigkeit ist trotz <strong>der</strong> Verlangsamung<br />
mit 1 0 0 - 2 0 0 cm /s recht hoch (geringer<br />
nur bei Koniferensamen). Zu einer nennenswerten<br />
horizontalen Verfrachtung (und erst recht<br />
zur Aufwärtsbewegung) kommt es daher erst bei<br />
stärkerem Wind. Dem entspricht die Bereitstellung:<br />
Schraubenflieger-Diasporen haften meistens<br />
ziemlich fest an <strong>der</strong> Mutterpflanze, so daß<br />
sie erst bei höheren Windstärken abgerissen werden,<br />
wenn die Chancen für einen weiteren<br />
Transport günstig sind. Die wenigen direkten<br />
Beobachtungen über erzielte Flugweiten liegen<br />
allerdings nur im Bereich von wenigen km.<br />
c<br />
Hydrochorie<br />
Neben Zoo- und Anemochorie ist die Hydrochorie<br />
die einzige weitere Transportart, mit <strong>der</strong>en<br />
Hilfe wirklicher Ferntransport möglich ist.<br />
Ihre Bedeutung ist aber weitaus geringer, da sie<br />
nur relativ wenige Sippen, bzw. Ausnahmesituationen<br />
betrifft.<br />
Der Wassertransport von Diasporen kann sowohl<br />
in fließenden als auch in stehenden Gewässern<br />
erfolgen, wozwischen aber kein prinzipieller<br />
Unterschied besteht. In <strong>der</strong> Literatur wird<br />
als beson<strong>der</strong>e Form oft <strong>der</strong> Transport durch Regen<br />
als „Ombrohydrochorie“ herausgestellt,<br />
doch handelt es sich dabei letztlich nur um die<br />
Wirkung temporärer Fließgewässer. Eine Unterteilung<br />
erfolgt daher am besten in angepaßte<br />
und unangepaßte Hydrochorie.<br />
Rheohydrochorie<br />
Hier handelt es sich um den Transport von nicht<br />
an das Schwimmen angepaßten Landpflanzen-<br />
Diasporen durch fließendes Süßwasser. Sowohl<br />
Bäche und Flüsse als auch temporäre, durch<br />
Starkregen verursachte Rinnsale und Schichtfluten<br />
können solche Diasporen mit sich führen.<br />
Ein kurzzeitiger Transport im Süßwasser<br />
schadet den meisten nicht.<br />
Bei abfließendem Regenwasser werden die<br />
Diasporen überall da, wo eine Verlangsamung<br />
eintritt, abgesetzt und können nach Versiegen<br />
des Rinnsals keimen. In ebenen Halbwüstengebieten,<br />
wo die ersten Regenfälle nach <strong>der</strong>Trokkenzeit<br />
zu Schichtfluten führen, werden an <strong>der</strong>en<br />
Oberfläche oft zahlreiche kleine Ballon-<br />
Diasporen (in Vor<strong>der</strong>asien z. B. von Astragalus-<br />
A rten) mitgeführt; möglicherweise ist dieser<br />
Diasporentyp in solchen Fällen ebenso stark auf<br />
Wasser- wie auf Lufttransport ausgerichtet.<br />
Nichtangepaßte Diasporen, die in permanente<br />
Gewässer gelangen, gehen dagegen meist zugrunde,<br />
da sie schließlich auf den Boden des<br />
Gewässers sinken. Eine erfolgreiche Verfrachtung<br />
in großem Ausmaße kann aber bei Flußhochwässern<br />
eintreten. Der Schlamm, <strong>der</strong> in den<br />
vorübergehend überschwemmten Bereichen<br />
abgesetzt wird, ist meist sehr diasporenreich.<br />
Viele Arten <strong>der</strong> Flußufer und -auen können sich<br />
auf diese Weise rasch über weite Entfernungen<br />
ausbreiten („Stromtalpflanzen“). In diesen Zusammenhang<br />
gehören auch die „vom Gebirge<br />
herabgeschwemmten“ Alpenpflanzen (z. B.<br />
Linaria alpina) auf den Kiesbänken <strong>der</strong> Voralpenflüsse.<br />
Nautohydrochorie<br />
Hierher gehört zunächst <strong>der</strong> Transport ganzer<br />
vegetativer Schwimmpflanzen durch Flüsse o<strong>der</strong><br />
Meeresströmungen. Auf tropischen Strömen,<br />
z. B. dem Amazonas, finden sich oft riesige Mengen<br />
solcher Schwimmpflanzen, die langsam<br />
flußabwärts treiben (vgl. S. 383^ Durch Meeresströmungen<br />
werden vor allem schwimmen