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Schroeder - 1998 - Lehrbuch der Pflanzengeographie

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Die aktuelle Flora und Vegetation 419<br />

sibirischen Elementen. Ein Teil dieser geographischen<br />

DifFerentialarten bei<strong>der</strong> Gruppen dürfte<br />

in Mitteleuropa wohl anthropochor sein, doch<br />

ist darüber wenig bekannt. Die Gesellschaften<br />

saurer Böden gehören zur Klasse C alluno-<br />

Ulicetea (25; bisher als Nardo-Callunetea bekannt),<br />

die ebenfalls 2 Ordnungen enthält. Die<br />

meist auf sandige Böden des Tieflandes beschränkten<br />

Ulicetalia minoris (= Calluno-Ulicetalia)<br />

enthalten die typischen artenarmen, von<br />

Calluna vulgaris und wenigen atlantischen sowie<br />

weit verbreiteten Arten gebildeten Zwergstrauchheiden,<br />

<strong>der</strong>en Ursprünge an lichten Stellen von<br />

Quercetea-^dXdtm extrem armer Böden sowie<br />

auf strandfernen Küstendünen zu suchen sind.<br />

Etwas artenreicher sind die bis in die Alpine<br />

Stufe aufsteigenden N ardetalia strictae (Borstgrasrasen)<br />

auf sauren Lehmböden und Silikatgestein,<br />

die in höheren Lagen neben <strong>der</strong> meist<br />

dominierenden, boreal bis zur arktischen Waldgrenze<br />

verbreiteten Nardus stricta auch einige<br />

alpische Elemente enthalten können. Alle Magerrasen-<br />

und Heidegesellschaften im KJimaxbereich<br />

des Waldes nehmen heute nur noch<br />

einen Bruchteil des Umfanges ein, den sie vor<br />

200 Jahren hatten, und auch diese Reste sind<br />

infolge Aufgabe <strong>der</strong> traditionellen Nutzung vom<br />

Verschwinden bedroht. Wegen ihrer floristischen<br />

(und ebenso faunistischen) Beson<strong>der</strong>heiten<br />

sowie ihrer Bedeutung als Landschaftselemente<br />

ist ihre Erhaltung heute eine <strong>der</strong> zentralen<br />

Aufgaben des Naturschutzes. Als Spezialgesellschaft<br />

ist hier schließlich noch die Klasse<br />

Violetea calaminariae (26) anzufügen, lockere,<br />

arme Rasen auf schwermetallhaltigen Gesteinsund<br />

Schotterböden <strong>der</strong> Alpinen Stufe sowie auf<br />

Abraum- und Schlackenhalden von Erzbergwerken<br />

und Schmelzhütten in tieferen Lagen. Die<br />

charakteristischen Sippen sind meist Ökotypen,<br />

Varietäten o<strong>der</strong> Kleinarten von lokaler Verbreitung,<br />

die sich aus weiter verbreiteten Arten in<br />

ziemlich kurzer Zeit abgespalten haben.<br />

Begleiter <strong>der</strong> nutzungsbedingten Magerrasenvegetation<br />

sind niedrige. Nährstoff-anspruchslose<br />

Pionierrasen, die aus beson<strong>der</strong>s konkurrenzschwachen,<br />

oft im nemoralen und borealen<br />

Europa weit verbreiteten Arten bestehen, darunter<br />

vielen Therophyten. Sie besiedeln offene<br />

Bodenstellen verschiedenen Ursprunges, wo sie<br />

je nach dem Substrat und den sonstigen Um ­<br />

weltbedingungen mehr o<strong>der</strong> weniger lange erhalten<br />

bleiben können. Sie verteilen sich auf<br />

zwei, durch den Bodenwasserhaushalt verschiedene<br />

Klassen. Auf trockenen Standorten wachsen<br />

die Koelerio-Coiynephoretea (27; bisher meist<br />

als Sedo-Scleranthetea bezeichnet), die sich noch<br />

in 3 Ordnungen von edaphisch und/o<strong>der</strong> klimatisch<br />

etwas unterschiedlichem Charakter unterteilen.<br />

Die Corynephoretalia canescentis finden<br />

sich vorwiegend im klimatisch feuchten<br />

NW -Deutschland auf lockerem, kalkfreiem<br />

Sanduntergrund, insbeson<strong>der</strong>e im Bereich anthropogen<br />

entwaldeter Flugsande, mit natürlichen<br />

Initialen in den Küstendünen. Ebenfalls<br />

auf Sand, <strong>der</strong> aber auch kalkreicher sein kann,<br />

wachsen die mehr im klimatisch trockneten<br />

Osten verbreiteten Festuco-Sedetalia. Natürlich<br />

o<strong>der</strong> künstlich entblößten Felsuntergrund sauren<br />

Charakters bevorzugen die Sedo-Scleranthetalia,<br />

in denen neben Therophyten und<br />

Kleinstauden oft auch niedrige Sukkulenten<br />

(z. B. Sedum acre) beteiligt sind. Kleinflächige<br />

natürliche Vorkommen, die bis in die Alpine<br />

Stufe hinaufreichen, haben sie auf Felsbän<strong>der</strong>n<br />

und -simsen; entsprechende künstliche Standorte<br />

im Tiefland sind Mauerkronen. Die Pionierrasen<br />

feuchter bzw. zeitweilig nässebeeinflußter<br />

Böden bilden die Klasse hoeto-N anojuncetea<br />

(28), die überwiegend aus niedrigen, teils zu<br />

amphibischem Wachstum befähigten Therophyten<br />

bestehen und ihre Hauptverbreitung auf<br />

unbefestigten Wegen mit zeitweise wassergefüllten<br />

Fahrspuren u. ä. Standorten haben.<br />

Natürliche Initialen kommen auf trockenfallenden<br />

Ufern stehen<strong>der</strong> Gewässer vor, doch verdankt<br />

auch dieser Standortstyp seine Existenz<br />

heute größtenteils dem Menschen (die Wasserspiegelschwankungen<br />

sind in künstlichen Gewässern<br />

wie Fischteichen o<strong>der</strong> Stauseen meist<br />

viel stärker als in natürlichen).<br />

M eso- bis e u h e m e ro b . In diese Kategorie<br />

gehört als nutzungsbedingte Vegetation das<br />

Wirtschaftsgrünland, soziologisch die Klasse<br />

M olinio-Arrhenatheretea (29) umfassend. Schon<br />

in <strong>der</strong> Waldverwüstungszeit in mesohemeroben<br />

(namentlich bodenfeuchten) Vorstufen entstanden,<br />

haben diese Vegetationstypen mit dem<br />

Übergang zur rationellen Landwirtschaft ihren<br />

typischen, meist euhemeroben Charakter <strong>der</strong><br />

durch regelmäßige Mahd und/o<strong>der</strong> mäßige bis<br />

starke Beweidung bewirtschafteten Wiesen und<br />

Weiden mit artenreichen, gut differenzierten<br />

Gesellschaften angenommen, die allerdings heute<br />

durch Intensivierung und Überdüngung immer<br />

mehr in arme, uncharakteristische poly-

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