Hafen-Logistik-Stadt - IBA Hamburg
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<strong>IBA</strong>-LABOR HAFEN - LOGISTIK - STADT<br />
<strong>Stadt</strong> und Verkehr zusammen planen<br />
mathis Güller, Güller Güller architecture urbanism<br />
Verkehrsplanung ist heute nicht mehr akzepta-<br />
bel, wenn sie nicht auch städtebaulich motiviert<br />
– statt nur dekoriert - ist. Um dies zu erreichen,<br />
muss sich auch die <strong>Stadt</strong>planung umorientieren.<br />
Anstatt zu versuchen, den Verkehr und die entsprechenden<br />
Infrastrukturen stillschweigend zu<br />
akkomodieren, muss die <strong>Stadt</strong>planung Impulse<br />
aus der Verkehrsplanung aufnehmen – wie dies<br />
Fontana für Rom, Cerda für Barcelona oder<br />
Bürgermeister Mauroy für Lille taten – und die<br />
Gestaltungsmöglichkeiten der <strong>Stadt</strong> mit dem<br />
Verkehr und vice versa wieder ausloten.<br />
Die <strong>Stadt</strong> ist nicht fertig gebaut und damit auch<br />
die Infrastrukturen in der <strong>Stadt</strong> nicht. Gleichzeitig<br />
wird es aber immer schwieriger, Raum und<br />
Akzeptanz für innerstädtischen Verkehr und<br />
Verkehrsinfrastrukturen zu finden. Es braucht<br />
dringend Prozesse, die alle relevanten Aspekte<br />
zeitgleich berücksichtigen. Doch was bei großen<br />
<strong>Stadt</strong>entwicklungsprojekten in Europa heute mit<br />
partizipativen Verfahren der Standard ist, ist bei<br />
übergeordneten Verkehrsinfrastrukturprojekten<br />
noch selten. Der Städtebau darf hier allenfalls<br />
hinterher Nebenwirkungen kurieren und mittels<br />
architektonischer 'Kunstgriffe' die Verkehrsinfrastrukturen<br />
ästhetisch einkleiden und kaschieren.<br />
Dabei könnte ein frühzeitiger Einbezug städtebaulicher<br />
und auch architektonischer Ansätze<br />
ein breiteres Lösungsspektrum aufzeigen,<br />
Entwicklungs-Potenziale aktivieren, räumliche<br />
Auswirkungen optimieren und so die politische<br />
Akzeptanz von Verkehrsbauten verbessern.<br />
Allein im Kanton Zürich CH sollen in den kommenden<br />
zwei Jahrzehnten Milliarden in den<br />
Ausbau der Verkehrsanlagen investiert werden.<br />
In der <strong>Stadt</strong> wird die Umwandlung und Verdichtung<br />
ehemaliger Industriegebiete vorangetrieben,<br />
die oft größer sind als die bereits etablierten<br />
<strong>Stadt</strong>quartiere. <strong>Stadt</strong>erneuerung bedeutet auch<br />
neue Verkehrsbedürfnisse. Es ist heute selbstverständlich,<br />
dass für die größeren Verkehrsprojekte<br />
auf Modellrechnungen abgestützte Zweckmäßigkeitsbeurteilungen<br />
gemacht werden.<br />
Im Mittelpunkt stehen dabei der Verkehrsfluss<br />
aus verkehrsplanerischer und ingenieurtechnischer<br />
Perspektive, eine ökonomische Kosten-<br />
Nutzen-Analyse, sowie die Auswirkungen auf die<br />
Umwelt. Neue Straßen oder Bahnlinien haben<br />
aber eine viel breitere Wirkung. Über ihre Netzwirkung<br />
ermöglichen sie eine andere Nutzung<br />
der <strong>Stadt</strong> und lösen in dieser unmittelbar neue<br />
Entwicklungen aus. Erst selten werden solche<br />
Auswirkungen der Infrastrukturplanung auf<br />
die Struktur der <strong>Stadt</strong> schon im Planungs- und<br />
Evaluationsprozess berücksichtigt. Oft werden<br />
nur die direkten Auswirkungen auf angrenzende<br />
Häuserzeilen überprüft. Städtebauliche Maßnahmen<br />
dienen hier einzig der Minderung der<br />
Auswirkungen von Verkehrsbauten, die schwer<br />
ins städtische Umfeld zu integrieren sind. Symptomatisch<br />
dafür sind Korrekturbauten wie<br />
Lärmschutzwände oder Einhausungen, die heute<br />
in ganz Europa das Gesicht städtischer Verkehrsschneisen<br />
prägen.<br />
Die Städte und ihre Bewohner werden in Zukunft<br />
ihren Lebensraum noch deutlicher zurückfordern.<br />
Darum versucht man heute oft, neue Infrastrukturen<br />
gleich ganz unterirdisch anzulegen.<br />
Bezeichnend dafür sind z.B. die zwei Zürcher<br />
Projekte für einen <strong>Stadt</strong>- oder Seetunnel oder<br />
aber die Verkehrsführungsvarianten für den sog.<br />
„Westast“ durch das heute boomende Industriequartier<br />
Zürich West. Die Abstimmungsprobleme<br />
zwischen Verkehr und <strong>Stadt</strong>raum verschwinden<br />
durch solche Tunnels aber nicht: sie verlagern<br />
sich und formieren sich neu. Die Fragestellungen<br />
bleiben dieselben: Wie und wann sind Städtebau<br />
und Verkehr sinnvollerweise aufeinander abzustimmen?