162 163 164 165 166 167 168 169 170 171 172 173 174 175 176 177 178 179 180 181 182 183 184 185 186 187 188 189 190 191 192 193 194 195 196 197 198 199 200 201 202 203 204 205 206 XXXII Anhang IP4: Zuerst sind da ja all die prosodischen Sachen. Aber ich würde sagen wir fangen beim triangulären Blickkontakt an und dann so mit 15-18 Monaten kommt das Verstehen von ersten Wörtern beziehungsweise einen Bezug herstellen zu können von Gegenstand zu Wort. Jedoch muss der Gegenstand vorhanden sein. Es kann auch Bild und Wort sein. Nach zwei Jahren kommt die Fähigkeit, sich aufgrund eines Wortes auch etwas vorstellen zu können. Also die Möglichkeit, auch etwas Nicht-Vorhandenes suchen zu können, nichtsituative Aufforderungen. Und so ab 2;6 Jahren kommen dann die absurden Aufforderungen und auch die Fähigkeit, eine Aufforderung mit Nein zurückzuweisen. Dies impliziert, dass die Vorstellung einer ganzen Handlung da ist. So etwa ab drei Jahren kommt ein erstes Szenen- Verständnis. Man kann sich da bereits einen kleinen, einfachen Ablauf vorstellen. Also auch kurze Geschichten verstehen. Da sind dann auch die Warum-Fragen, welche zwei Szenen miteinander verknüpfen. Etwa mit vier Jahren ist dann eine etwas komplexere Geschichte verständlich. I: Was sind mögliche Ursachen von Schwierigkeiten im Sprachverständnis? IP4: Das ist wirklich eine multikausale Geschichte. Ich würde auf keinen Fall sagen, dass ist immer noch die auditive Merkfähigkeit und Verarbeitung. Im Gegenteil, man kann eigentlich mit guten Strategien so eine auditive Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörung kompensieren. Ich denke, die Ursache kann im psychischen Bereich liegen. Zum Beispiel soziale Vernachlässigung oder Hospitalismus ist immer verknüpft mit Sprachverständnisproblemen. Auf der anderen Seite sind da noch die organischen Probleme, also motorische, taktil-kinästhetische, visuelle Wahrnehmungsstörungen meistens auch mögliche Ursachen. Das ist wirklich etwas, was man von Kind zu Kind individuell abklären muss. I: Können Probleme im Sprachverständnis Auswirkungen auf den Erwerb anderer sprachlicher Fähigkeiten haben? Wenn ja, inwiefern? IP4: Probleme im Sprachverständnis sind nicht immer in der produktiven Sprache vertreten. Es gibt Kinder, die verstehen sehr schlecht, sprechen aber eigentlich formal. Wenn man auditiv gut ist, kann man ganze Sätze speichern und auswendig lernen, ohne zu wissen, was sie bedeuten. Gewisse Kinder können ganze Geschichten von Kassetten oder so nacherzählen, ohne dass sie zwingend verstanden haben, was sie bedeuten. Also ich glaube, man kann vieles sehr gut erfassen, aber das Sprachverständnis ist schwierig. Dazu braucht man häufig einen Trick. Das Nicht-Gehorchen ist auch ein wichtiges Symptom. Man sagt teilweise x-Mal zu einem Kind „Los emal zue“. Dies ist ein Anzeichen. Das Kind hört schon zu, aber es versteht nicht und gehorcht deshalb nicht. Wenn man dem Kind also alles mehrfach sagen muss und dieses „Los emal zue“ zur Situation passt, ist dies immer auch ein Anzeichen für Sprachverständnisprobleme. I: Welche Erfassungs- oder Diagnostikmittel gibt es? IP4: Es gibt inzwischen viele Tests. Es ist halt immer so eine Sache mit den Tests. Man kann immer sagen: „Er wollte halt nicht mitmachen“. Wenn man also die Überprüfung in den Alltag einbaut, ist das sicherer. Wenn das Kind nicht mitmachen will, darf es auch Nein sagen. Das ist dann okay. Das ist eben der Vorteil gegenüber der Testsituation. Gerade Kinder, die wissen, dass sie Probleme haben, sträuben sich durch Müdigkeit etc. gegen den Test, sobald sie ihn sehen. Also eher primär über Spiel, Beobachtung und so. Dies geht aber besser im Kleinkindalter oder Kindergartenalter. Aber nachher braucht es schon komplexere Hilfsmittel, Geschichten oder so.
207 208 I: Schön, dann wären wir am Ende des Interviews angelangt. Vielen Dank für das Interview. XXXIII Anhang