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Lärm<strong>med</strong>izinisches Gutachten Flughafen Kassel-Calden • wenn die Stärke der Expositionseffekte gegenüber anderen, üblicherweise tolerierten Ursachen der Veränderungen bedeutsam sind und • wenn die Effekte - z. B. Beschwerden, Befindlichkeits- und Belästigungsangaben - relevant für die Gesundheit sind, d. h. die Fähigkeit des Menschen, mit Umweltanforderungen umgehen zu können, beeinträchtigen. Dabei sollten alle diese Kriterien erfüllt sein, um von einem adversen, Handlung fordernden Effekt zu sprechen. Die Nichtberücksichtigung dieser wissenschaftlichen Beurteilungskriterien führt in vielen Fällen zu unterschiedlichen Interpretationen de Sicherheit und des Erkenntnisstandes der Lärmwirkungsforschung und ist Quelle für die teilweise heftigen Auseinandersetzungen vor Anhörungen und Gerichten. Es ist jedoch gerade für die Lärmwirkungen nicht einfach, wie noch darzustellen sein wird, diesen Ansprüchen zu genügen. Deshalb sind Vorsorgegesichtspunkte in die Ableitung von Schutzmaßnahmen einzubeziehen, die aber auch als solche deklariert werden sollen. Die Europäische Kommission hat am 02.02.2000 eine Mitteilung zur Anwendbarkeit des Vorsorgeprinzips veröffentlicht (bestätigt auch durch den Europäischen Rat bei seiner Tagung in Nizza, 07. bis 09.12.2000). Demnach hat sich das Vorsorgeprinzip nicht nur auf den Gesundheitsschutz, sondern auch auf die Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanze zu beziehen. Dabei soll vermieden werden, dass das Prinzip willkürlich als Vorwand für protektionistische Maßnahmen angewandt wird. Bei neuen Erkenntnissen sollen Maßnahmen entsprechend angewandt werden, und sie sollen mittels einer Kosten-Nutzen-Analyse unter Einschluss sozioökonomischer Aspekte geprüft werden. Weitere Schutzziele Schutzziele können nicht nur für die Durchschnittsbevölkerung gelten. In besonders schutzbedürftigen Bereichen halten sich vor allem Menschen auf, die einer besonderen Gefährdung aufgrund Einschränkungen der Anpassungs- oder Bewältigungsfähigkeit unterliegen oder bei denen besondere Anforderungen stehen. In dem von mir verwendeten Schutzkonzept werden sie gesondert betrachtet und 24
Lärm<strong>med</strong>izinisches Gutachten Flughafen Kassel-Calden bewertet. Die Beurteilungsgrenzen liegen unterhalb derer, die für die Allgemeinbevölkerung gelten. Dazu gehören insbesondere Krankenhäuser, Altenpflegeheime, Kindergärten und Schulen. In Einzelfällen können auch andere Nutzungseinrichtungen hinzugezogen werden. Im Umweltgutachten 2002 (SRU 2002) wird eine Auffassung von BULLINGER et al. (1999) aufgenommen, die eine „gesundheitsbezogene Lebensqualität“ als Schutzziel formuliert. Bei dieser verwaschenen, nicht ausreichend definierten Formulierung besteht die Gefahr, dass der Lärm hinter relevanteren Faktoren für die Lebensqualität und aufgrund der individuellen Differenziertheit von Lebensqualität an Bedeutung verliert. Deshalb bleibe ich bei einer differenzierteren Betrachtung der Schutzziele. Unabhängig von der Einhaltung von Schutzgrenzen sollte grundsätzlich die Strategie weitgehender Lärmminderung verfolgt werden. Grundsätzlich ist bei Neubau und wesentlichen Änderungen von Flughäfen vom Vorsorgeprinzip auszugehen. 25
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