Gesamtkonzept zur Soziotherapie - AHG Allgemeine ...
Gesamtkonzept zur Soziotherapie - AHG Allgemeine ...
Gesamtkonzept zur Soziotherapie - AHG Allgemeine ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
1 Einleitung<br />
Bereits im Jahre 1975 stellte die Expertenkommission der Bundesregierung in<br />
ihrem „Bericht über die Lage der Psychiatrie in der Bundesrepublik Deutschland"<br />
gravierende Mängel in der Versorgung Suchtkranker fest:<br />
„Der großen, offensichtlich weiter anwachsenden Zahl von Suchtkranken ... stehen im Ganzen keine<br />
adäquaten Möglichkeiten der Prävention, Behandlung und Rehabilitation gegenüber. Viele Alkoholkranke<br />
bleiben ... mehr oder weniger ihrem Schicksal überlassen. Diese gravierende Situation hat<br />
bei den zuständigen Trägern und Planungsinstanzen bislang zu keiner angemessenen Reaktion geführt"<br />
(Psychiatrie-Enquete, 1975).<br />
Obwohl die Diagnose „abhängigkeitskrank" die häufigste in den psychiatrischen<br />
Kliniken mit Pflichtversorgungsauftrag war und Abhängigkeitskranke 40 bis 50<br />
Prozent der Neuaufnahmen ausmachten (Pörksen, 1990), spielte die Behandlung<br />
Abhängiger eine eher untergeordnete Rolle. Die Situation chronifizierter Abhängiger<br />
war besonders desolat. Die psychiatrische „Versorgung" war darauf ausgerichtet,<br />
die Menschen, die den gesellschaftlichen Mindestnormen in Bezug auf Leistungsfähigkeit,<br />
Gesundheitsverhalten usw. wegen ihrer Krankheit nicht mehr entsprechen<br />
konnten, notdürftig zu verwahren, wegzusperren und zu isolieren. Das<br />
Problem wurde durch seine Entfernung aus dem öffentlichen Blickfeld „gelöst", es<br />
bot den betroffenen Menschen aber keinerlei Wiedereingliederungschancen. Die<br />
Behandlung bestand im Wesentlichen aus Verwahrung und Versorgung. Es gab<br />
keine Therapiekonzepte, die Patienten galten als hoffnungs- und erfolglos, unmotiviert,<br />
unbehandelbar und „therapieresistent". Therapeutischer Pessimismus bestimmte<br />
das Handeln bzw. das Nichthandeln.<br />
In dieser Zeit ist die <strong>AHG</strong> <strong>Allgemeine</strong> Hospitalgesellschaft AG trotz vieler Widerstände<br />
mit einer ersten Suchtklinik und einem für Deutschland völlig neuartigen<br />
Kurzzeit-Therapiekonzept in Bad Tönisstein in die Behandlerlandschaft eingetreten.<br />
Seit Mitte der siebziger Jahre entwickelte sie innovative und wegweisende,<br />
verhaltenstherapeutisch orientierte Konzepte <strong>zur</strong> Behandlung und Wiedereingliederung<br />
chronifizierter Abhängiger.<br />
Mit dem Landschaftsverband Rheinland konnte schnell ein fortschrittlicher und<br />
dynamischer Partner der öffentlichen Hand gefunden werden, der die Psychiatrie-<br />
Enquete ernst nahm und bereit war, Initiativen <strong>zur</strong> Verbesserung der Versorgung<br />
chronifizierter und mehrfach geschädigter Abhängiger zu unterstützen.<br />
Die beiden ersten soziotherapeutischen Einrichtungen in der Trägerschaft der<br />
<strong>AHG</strong> waren 1978 die Therapiezentren für Psychosoziale Rehabilitation (TPR) in<br />
Köln und 1979 in Duisburg 2 . Ziel und Aufgabe der Therapiezentren waren neben<br />
2 Das TPR Duisburg hat sich mittlerweile zu einer reinen Adaptionseinrichtung entwickelt, die im Rahmen<br />
medizinischer Rehabilitation Patienten nach einer stationären Entwöhnungsmaßnahme weiterbehandelt.<br />
Von daher treffen die in dem vorliegenden Rahmenkonzept beschriebenen soziotherapeutischen Inhalte für<br />
das TPR Duisburg nur bedingt zu. Näheres ist dem „Konzept der Adaptionsphase" zu entnehmen.<br />
10