V Menschen und Ereignisse - Max-Planck-Institut für Astronomie
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der Gr<strong>und</strong>schule in Dilsberg besuchte. Mein Sohn weigerte<br />
sich, Deutsch zu lernen <strong>und</strong> isolierte sich sehr im<br />
Klassenzimmer. Die Lehrer empfahlen uns, ihn auf eine<br />
englischsprachige Schule zu schicken, <strong>und</strong> es war dann<br />
einfach praktischer, unsere beiden Kinder in dieselbe<br />
Schule zu schicken. Also das war ein Problem, das wir<br />
nicht erwartet hatten.<br />
Meine Frau hat viele Jahre lang Deutsch in der Schu-<br />
le gelernt <strong>und</strong> spricht fließend Deutsch. Sie besuchte die<br />
Universität Würzburg <strong>und</strong> versteht die Kultur gut. Sie hatte<br />
jedoch Schwierigkeiten, eine dauerhafte Arbeitsgenehmigung<br />
zu bekommen. Selbst nachdem wir sieben Jahre<br />
hier waren, konnte sie nicht den <strong>für</strong> eine dauerhafte Beschäftigung<br />
nötigen Status erlangen. Sie hatte zwar fast die<br />
ganze Zeit eine Anstellung, zuerst bei IBM <strong>und</strong> später bei<br />
SAP, doch hin <strong>und</strong> wieder zwang die deutsche Regierung<br />
diese Firmen, ihre Stelle auszuschreiben <strong>und</strong> nach quali-<br />
fizierten deutschen Staatsbürgern zu suchen, die die Ar-<br />
beit machen sollten, die sie machte. Das war <strong>für</strong> uns psy-<br />
chologisch sehr schwierig. Meine Frau wurde normalerweise<br />
nicht über diese Anzeigen informiert <strong>und</strong> sah sie<br />
erst, wenn sie in den Zeitungen erschienen. Am Ende hatten<br />
wir das Gefühl, dass es uns sehr schwer fallen würde,<br />
unter dieser Art von Druck in Deutschland glücklich zu<br />
bleiben. Im Vergleich zu mir war sie nur ein Bürger zweiter<br />
Klasse.<br />
Sind Deutsche Ausländern gegenüber unfre<strong>und</strong>licher oder<br />
weniger hilfsbereit als Amerikaner?<br />
SB: Ich kann nicht sagen, dass Deutsche mehr oder<br />
weniger fre<strong>und</strong>lich zu Ausländern sind als Amerikaner,<br />
weil ich nur Erfahrung als Ausländer in einem Land habe.<br />
Ich glaube, es ist <strong>für</strong> jeden schwer, in ein anderes Land zu<br />
gehen. Es gibt keinen Gr<strong>und</strong> zu erwarten, dass sich die<br />
Kulturen ändern, um <strong>Menschen</strong> von außen aufzunehmen.<br />
Die Arbeitsregelungen in Deutschland waren sicher ein<br />
Problem <strong>für</strong> uns. Viele Frauen aus Amerika erwarten<br />
heute, die gleichen vollen Beschäftigungsmöglichkeiten<br />
wie Männer zu haben, etwas, das früher nicht so war. In<br />
dieser Beziehung ist Deutschland noch rückständig. Es<br />
gibt nicht genügend Kinderbetreuungseinrichtungen <strong>für</strong><br />
Familien mit berufstätigen Eltern. Die Regelungen <strong>für</strong><br />
Büro- <strong>und</strong> Ladenöffnungszeiten machen es sehr schwer<br />
<strong>für</strong> Familien mit Kindern, die Schwierigkeiten des<br />
Alltags zu bewältigen. Zweifellos ist die Gesellschaft in<br />
Deutschland auf eine Familie ausgerichtet, in der der eine<br />
Ehegatte, am ehesten der Mann, zur Arbeit geht <strong>und</strong> der<br />
andere, am ehesten die Frau, zu Hause bleibt <strong>und</strong> sich um<br />
die Kinder kümmert. Ich glaube, dies ist <strong>für</strong> jemanden<br />
aus den USA die größte Schwierigkeit, mit der er fertig<br />
werden muss. Andererseits weiß ich sehr wohl von vielen<br />
ausländischen Kollegen, die hierher in die USA kommen,<br />
dass sie auch in Amerika auf Schwierigkeiten stoßen,<br />
einfach weil die Kultur eine ganz andere ist als ihre eigene.<br />
Sie finden vielleicht nicht die Nahrungsmittel, die<br />
sie mögen, haben Probleme mit den Verkehrsregeln, der<br />
Sprache <strong>und</strong> vielen anderen Dingen. Die amerikanische<br />
V.10 Erinnerungen an das <strong>Institut</strong> <strong>und</strong> an Deutschland. Ein Gespräch mit Steven Beckwith 125<br />
Abb. V.10: Steven Beckwith im MPIA<br />
Bürokratie ist bekanntermaßen schwierig <strong>für</strong> Ausländer,<br />
insbesondere nach dem 11. September. In ein anderes Land<br />
zu kommen, setzt Familien <strong>und</strong> Einzelpersonen großen<br />
Belastungen aus, <strong>und</strong> es wird nicht immer leicht <strong>für</strong> sie<br />
sein, sich in die Gesellschaft einzufügen.<br />
Sie werden die Leitung des STScI demnächst abgeben. Haben<br />
Sie bereits eine Nachfolgeposition in Aussicht?<br />
SB: Ich werde im September vom Posten des Direktors<br />
zurücktreten, aber ich werde dem Mitarbeiterstab des<br />
<strong>Institut</strong>s weiter als Astronom angehören. Ich plane, mich<br />
in dem Jahr nach meinem Rücktritt auf ein schriftstellerisches<br />
Projekt zu konzentrieren. Danach werden wir<br />
sehen.<br />
Eine letzte Frage zum HST: Wie schätzen Sie die Chance<br />
<strong>für</strong> eine letzte Service Mission ein (entweder robotisch<br />
oder mit dem Shuttle)?<br />
SB: Ich persönlich bin sehr optimistisch, dass HUBBLE<br />
gewartet werden wird, <strong>und</strong> ich hoffe, dass dies geschieht.<br />
Die Raumfähre bietet die größte Chance auf einen Erfolg<br />
der Mission <strong>und</strong> insgesamt die geringsten Kosten <strong>für</strong> die<br />
NASA. Sean OʼKeefe, der ursprünglich entschieden hatte,<br />
die Wartungsmission zu streichen, hat die Agentur verlassen.<br />
Der designierte neue Chef, Mike Griffin, hat privat<br />
seine Bew<strong>und</strong>erung <strong>für</strong> HUBBLE ausgedrückt <strong>und</strong> dass<br />
er den Einsatz der Raumfähre zur Wartung von HUBBLE<br />
bevorzugen würde. Meine Hoffnung ist, dass wir, wenn<br />
Griffin an Bord kommt, eine Chance haben werden, den<br />
Wert einer HUBBLE-Wartung noch mal zu überdenken,<br />
<strong>und</strong> dass er zu dem Schluss kommen wird, dass sie den<br />
einen Raumflug noch wert ist.